Oslo-Pride-Anschlag 2022: Inlandsnachrichtendienst entschuldigt sich

by ,

Nach Veröffentlichung eines Berichts über den Umgang des norwegischen Inlandsgeheimdienstes und der Polizei mit der Schießerei in Oslo am 25. Juni des letzten Jahres bittet der Inlandsnachrichtendienst um Entschuldigung. Der Bericht legt nahe, dass das Attentat hätte verhindert werden können. 

In der Nacht des 25. Juni 2022 eröffnete ein Mann vor einer Schwulenbar im Zentrum von Oslo das Feuer, tötete zwei Männer im Alter von 54 und 60 Jahren und verletzte neun weitere. 25 weitere Menschen wurden in dem Chaos nach der Schießerei verletzt. Kurz nach dem Anschlag verhaftete die Polizei den Verdächtigen, Zaniar Matapour, einen 43-jährigen Norweger pakistanischer Herkunft, der mit einem bekannten Islamisten in Norwegen, Arfan Bhatti, in Kontakt stand.

Foto: Terje Pedersen / NTB / AFP

Warnzeichen ignoriert

Das Motiv für den Anschlag ist noch nicht offiziell geklärt. Ein vom Polizeipräsidenten und dem Inlandsnachrichtendienst Politiets sikkerhetstjeneste (PST) in Auftrag gegebener Bericht, der am 8. Juni veröffentlicht wurde, kommt jedoch zu dem Schluss, dass es „möglich“ gewesen wäre, die Schießerei zu verhindern, wenn die Ermittler auf frühe Warnzeichen geachtet hätten.

Der PST wurde dafür kritisiert, dass er keine Präventivmaßnahmen ergriffen hat, obwohl Informationen vorlagen, die darauf hindeuteten, dass Bhatti Matapour für einen Akt „politischer Gewalt“ einsetzen könnte, sowie dafür, dass er die Überwachung von Bhatti, der einige Tage vor der Schießerei ein Bild einer in Flammen stehenden Pride-Flagge auf Facebook gepostet hatte, verringert hat.

Bhatti, der dem für Terrorabwehr zuständigen Inlandsgeheimdienst seit 2015 wegen seiner Zugehörigkeit zu einem Islamisten-Netzwerk bekannt war, war einen Monat vor dem Anschlag sogar vom Geheimdienst vernommen worden, doch die Ermittler kamen damals zu dem Ergebnis, dass von ihm keine „gewaltsamen Absichten“ ausgingen (männer* berichtete).

Die Behörde geriet auch unter Beschuss, weil sie Matapour trotz einer Warnung des norwegischen Militärs vom 20. Juni über die Gefahr eines bevorstehenden „Terroranschlags“ unter Beteiligung von Bhatti, der sich zu diesem Zeitpunkt im Ausland aufhielt, offensichtlich nicht ernst nahm.

Foto: Håkon Mosvold Larsen / NTB / AFP

Entschuldigung für „etwaige Fehleinschätzungen“

Es sei kein „Tag für Ausreden“ betonte PST-Chefin Beate Gangås am 8. Juni auf der Pressekonferenz anlässlich der Veröffentlichung des Evaluierungsberichts des Bewertungsausschusses. Es habe sich gezeigt, „dass die Zusammenarbeit zwischen dem Sicherheitsdienst der Polizei und dem Nachrichtendienst in diesem speziellen Fall nicht so gut funktioniert hat, wie sie sollte“, sagte Gangås.

„PST konnte den Angriff, der uns am 25. Juni letzten Jahres traf, nicht stoppen. Der Bericht des Ausschusses zeigt, dass die Möglichkeit bestanden hätte, dass wir das schaffen könnten.“

„Ich möchte den Hinterbliebenen, den nächsten Angehörigen, allen Betroffenen, ja der gesamten norwegischen Gesellschaft sagen, dass wir bei PST uns für etwaige Fehleinschätzungen und die daraus resultierenden Konsequenzen entschuldigen.“

Prozessbeginn voraussichtlich 2024

Zaniar Matapour befindet sich derzeit wegen des Verdachts eines terroristischen Akts in Untersuchungshaft, wurde aber noch nicht angeklagt. Sein Prozess könnte im Jahr 2024 stattfinden. Arfan Bhatti, der der Beihilfe verdächtigt wird, wurde in Pakistan verhaftet. Die norwegischen Behörden bemühen sich um seine Auslieferung. Zwei weitere Personen werden ebenfalls als Verdächtige in diesem Fall festgehalten (männer* berichtete).

*AFP/sah

Back to topbutton