Italien: Populistischer Politiker outet sich als schwul

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Vincenzo Spadafora (47), ein italienischer Abgeordneter und ehemaliger Minister, hat sich vergangenes Wochenende in einem Live-Fernsehauftritt als schwul geoutet. Von 2019 bis 2021 war er Minister für Jugend und Sport im Kabinett Conte II. Er ist damit einer der wenigen offen schwulen Politiker des Landes.

Spadafora, Mitglied der populistischen Partei Movimento 5 Stelle (deutsch: Fünf-Sterne-Bewegung), trat am 7. November in der Talkshow Che Tempo Che Fa auf. Er war in der Sendung, um für sein demnächst erscheinendes Buch zu werben. In diesem Zusammenhang sagte der 47-Jährige, er habe die Verantwortung, sich öffentlich zu seiner Sexualität zu bekennen. Spadafora betonte, einer der Hauptgründe für seine Entscheidung, sich zu outen, sei sehr politisch. Er wolle seine politisches Engagement für die queere Community bezeugen – im Namen all derer, die jeden Tag für ihre Rechte kämpfen und weniger Möglichkeit dazu haben als er selbst in seiner Position.

„Ich denke, dass das Privatleben der Menschen privat bleiben sollte, aber ich denke auch, dass diejenigen, die eine öffentliche Rolle spielen, eine politische Rolle wie ich, eine größere Verantwortung haben.“

Doch er oute sich auch für sich selbst, gestand der Politiker. Er habe möglicherweise zu spät gelernt, dass es wichtig ist, einander zu lieben und zu respektieren. Zudem wolle er als bekennender und praktizierender Katholik zeigen, dass seine Sexualität nicht im Widerspruch zu seinen religiösen Überzeugungen steht.


Italien kein leichtes Pflaster für schwule Politiker

Spadafora erwartet unter anderem für diese Behauptung starken Gegenwind. Viele schwule Pioniere gibt es in der italienischen Politiklandschaft nicht: Der 47-Jährige ist nun einer der wenigen prominenten italienischen Politiker, die sich öffentlich geoutet haben. 2003 wurde Rosario Crocetta der erste offen schwule Bürgermeister Italiens – damals für die Stadt Gela. Von 2012-2017 war er Präsident von Sizilien – damit wurde er nach Nichi Vendola erst der zweite offen schwule Vorsitzender einer regionalen, italienischen Regierung. 

Für die Zurückhaltung anderer queerer Politiker hat Spadafora Verständnis:

„In der Politik wird Homosexualität benutzt, um einen Gegner zu verletzen oder anzugreifen, was ich jetzt zu verhindern suche.“

Er äußerte seine Hoffnung, dass er auch weiterhin nach seinen Überzeugungen und Taten beurteilt wird, nicht nach seiner Sexualität. Das katholisch geprägte Italien ist politisch zwiegespalten in Bezug auf queere Rechte. Homosexuelle dürfen offen im Militär dienen, trans* Menschen ihr Geschlecht legal angleichen lassen. Allerdings können gleichgeschlechtliche Paare nur zivile Partnerschaften eingehen und es gibt keinen nationalen Antidiskriminierungsschutz für Queers bis auf ein Gesetz, das LGBTIQ*-Personen vor Diskriminierung am Arbeitsplatz schützt. Leider: Letzten Monat lehnte der Senat einen Gesetzesentwurf ab, der Gewalt gegen LGBTIQ*-Personen unter Strafe gestellt hätte. Stimmung gegen das Gesetz machten unter anderem rechtsextreme Politiker und der Vatikan. 

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