AfD will Berghain schließen

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Die selbsternannte „Schutzmacht der Homosexuellen“ (Zitat Alice Weidel) will einen der bekanntesten Schutzräume homosexuellen Lebens schließen lassen. Die AfD stört sich an Sex, ungesunden Öffnungszeiten und Drogenkonsum.

Die Bezirksversammlung im Berliner Stadtteil Kreuzberg-Friedrichshain, in der das Berghain liegt, soll sich am 25. April mit einem Antrag der AfD-Politikerin Sibylle Schmidt beschäftigen, der fordert, den derzeitigen Betreibern des Berghain die gewerberechtliche Erlaubnis zu entziehen. Zur Begründung werden dabei jüngste Berichte um Drogenkonsum in dem Klub herangezogen, gleichzeitig entlarvt das Schriftstück den Drang der AfD, die liberale und offene Gesellschaft einzuschränken. 

Natürlichen Biorhythmus schützen, sexuelle Handlungen unterbinden

Laut Ansicht der AfD würden die Betreiber es hinnehmen, dass im Berghain Drogen konsumiert werden und dies durch durchgängige Öffnungszeiten begünstigen. So wird gefordert, nachfolgenden Gastronomen und Betreibern Öffnungszeiten von 22 Uhr bis 6 Uhr morgens aufzuerlegen, um einen drogenfreien Besuch unter Berücksichtigung eines natürlichen Biorhythmus zu ermöglichen. Sexuelle Handlungen sind durch entsprechende Beleuchtung und Personal zu unterbinden.

Die AIDS-Keule

Richtig perfide wird der Antrag, wenn er das Berghain für die Verbreitung von AIDS mitverantwortlich macht. Wörtlich heißt es: 

Schon 2010 wurde bei einer Besichtigung mit Stadtrat Beckers von mehreren AIDS Infizierungen gesprochen. (Für eine eventuelle Anhörung könnte ein Arzt der gynäkologischen Abteilung des Vivantes am Friedrichshain eingeladen werden). 

Dass es, wenn überhaupt, bei sexuellen Aktivitäten erst einmal zu einer behandelbaren HIV-Infektion und nicht gleich zu AIDS kommt, geschenkt. Aber ist es Aufgabe der Politik, HIV-Prävention über Sexvermeidungsstrategien in Klubs zu betreiben?

Ute Hiller, Geschäftsführerin der Berliner Aids-Hilfe e.V. sagt hierzu:

„Dass im Jahr 2018 vor dem Hintergrund des erklärten 90-90-90-0 Ziels des Landes Berlins im Rahmen der Fast-Track-Cities Initiative in Berlin ein Antrag gestellt wird, in dem von „Aids Infizierungen“ gesprochen wird, ist ein absolutes Armutszeugnis. Hier wird die altbekannte Aids-Keule geschwungen, nach der HIV-positive Menschen in dieser Lesart Club-Gäste mit Drogen betäuben, vergewaltigen und mit HIV infizieren. Dass all dies auch noch als Begründung für rückwärtsgewandte Law-and-Order-Ziele herangezogen wird, widerspricht allen Ansätzen erfolgreicher Aufklärung und Präventionsarbeit!“

Zudem fordert die Berliner Aids-Hilfe die Einführung eines legalen Drug Checkings, d.h. eine Überprüfung der in Drogen vorhandenen Substanzen auf Stärke und ggf. Verunreinigungen. So können Substanzgebrauchende besser einschätzen, welche gesundheitsschädigenden Wirkung die konsumierten  Substanzen haben könnten. 

Lustig wird es auch noch: Nicht reingekommen?

Es scheint so, als hätten Abgeordnete oder Mitglieder der AfD schlechte Erfahrungen an der Tür des Berghains gemacht. Jedenfalls kommt diese nicht gut weg. So sei die Aufgabe eines Musikklubs durch Eintrittsgelder und dem sauberen und ordentlichen Verkauf von Getränken ... ein ansprechendes Programm zu finanzieren.

Dies sei im Berghain möglich, wenn Zahlungswillige nicht durch unintelligente, unansehnliche Wichtigtuer selektiert würden. Die AfD gibt den Betreibern noch den Tipp, sich beispielsweise in Manchester, London, Rio oder auf Sardinien in berühmten, funktionierenden Clubs Nachhilfe in Ablauforganisation und Musikprogramm zu holen.

Antragstellerin war selbst Klubbetreiberin

Die antragstellende Sibylle Schmidt ist in der Berliner Klubszene keine Unbekannte. Erstaunlicherweise aber nicht als Kritikerin derselben, sondern als Unterstützerin der DDR-Punkszene und Betreiberin mehrerer Institutionen des Berliner Nachtlebens in den 1980er- und 1990er-Jahren. Sie war unter anderem Geschäftsführerin des Alternativ-Clubs „Blockshock“ und Betreiberin der Discothek „Tanzschule Schmidt“ und veranstaltete im SO36 die Partyreihe „Kiezdisco“. 

Laut Wikipedia wurde ihre „Tanzschule Schmidt“ nach mehreren Straßenschlachten mit der Berliner Polizei am Hackeschen Markt vom Bauamt geschlossen. Damals widersetzte sich Schmidt noch den Behörden und machte das Lokal trotzdem auf. 

Schmidt sitzt als parteilose Politikerin für die AfD in der Bezirksversammlung. 

Update 19. April - AfD zieht Antrag zurück

Mausgerutscht? Der Praktikant war es? Nach dem gewaltigen negativen Medienecho rudert die AfD nun auf bekannte Weise zurück. Frau Schmidt sei parteilos und dürfe gar nicht für die AfD sprechen. Frank Hansel, Fraktionsgeschäftsführer der AfD im Abgeordnetenhaus, twitterte dies, obwohl Schmidt als stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion in der Bezirksverordnetenversammlung registriert ist. Die Fraktion zog den Antrag heute zurück. 

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