#Interview: München auch im Griff der Sitte?

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In den vergangenen Wochen haben wir teilweise unglaubliche staatliche Repressionen gegen schwule Saunen beschrieben. Was da unter dem Deckmäntelchen des Infektionsschutzes durch Ordnungsbehörden getrieben wurde und wird, beschäftigt zwischenzeitlich auch teilweise die Gerichte. Wie läuft es in München? Roger, der Geschäftsführer der Deutschen Eiche (www.deutsche-eiche.de), stand uns Rede und Antwort.

Alle Teile der Reportagereihe „Cruising Corona: Die Rückkehr der Sitte“ gibt es HIER

Wie nehmt ihr die verschiedenen Regelungen für Männerbadehäuser in der Republik wahr?

Wir sind natürlich miteinander vernetzt und reden miteinander über die Regelungen. Auch wie unterschiedlich diese teilweise sogar innerhalb von Bundesländern sind. Wir wussten um die Schließung in Köln zum Beispiel, während in Düsseldorf gleichzeitig noch sauniert werden durfte. Und die etwas komischen Regelungen in Hamburg haben wir auch mitbekommen. Auch innerhalb von Bayern gibt es Unterschiede.

Die Deutsche Eiche kann sich aber nicht beklagen, hatten Du und Dietmar im Vorgespräch verraten ...

Das stimmt. Wir hatten bis jetzt eine äußerst freundliche und zielorientiert konstruktive Zusammenarbeit mit den Behörden. Wir sind zum Beispiel nicht wie die Kollegen in NRW in den Bereich Bordelle einsortiert worden, sondern man hat verstanden, dass eine schwule Sauna nicht in diese Kategorie gehört und hat uns richtig zu den Badehäusern zugerechnet.

Ihr seit mit der Eiche ja nun Sauna, Restaurant und Hotel. Wie muss man sich das vorstellen bezüglich Corona?

Es ist nicht ganz einfach und teilweise auch etwas widersprüchlich mit den drei verschiedenen Verordnungen. (lacht) Aber es ist hinzubekommen. Wir hatten zwar im Gegensatz zu manchen anderen Saunen im Bundesland auch schon Begehungen und Kontrollen vor Ort und auch Treffen mit den zuständigen Behörden, aber wie gesagt, sind die alle äußerst konstruktiv verlaufen.

Ihr habt die Auflagen sogar ein bisschen übererfüllt. Was macht ihr „on Top“ und warum?

Wir messen zum Beispiel die Körpertemperatur bei Gästen, die zu uns ins Badehaus wollen. Das machen wir zum Schutz von Personal und Gästen. Wir nehmen die Sache einfach ernst und erwarten das auch von unseren Gästen. Die allermeisten sehen das genauso wie wir. Skurril oder schwierig sind teilweise die Angaben der Behörden von Stadt München oder Freistaat Bayern.

Was meinst Du?

Zum Beispiel war in den ersten Auflagen nicht genau definiert, wann Masken getragen werden müssen. Ursprünglich war es dann nur auf den Wegen von der Umkleide und zurück vorgeschrieben – inzwischen muss die Maske überall, außer im Nassbereich getragen werden. Ein anderer Fall betrifft unsere Gastronomie auf der Dachterrasse: Wir haben wie gefordert Plexiglasscheiben eingezogen, nur stand nirgends, wie hoch die sein sollen. Als das kontrolliert wurde, hieß es dann, es müsse zehn Zentimeter höher werden. Die „richtige Höhe“ steht aber immer noch nirgendwo schriftlich.

„Wir haben aber auch ein ganz starkes logisches Argument. Das Hotel.“

Dann nochmal Butter bei die Fische, wie der Hamburger sagt. Was ist mit Sex? Der ist nämlich genau dort ein ungelöstes Problem.

Als wir unser Hygienekonzept abgegeben haben, war den Behörden klar, dass es im Cruising-Bereich auch zu sexuellen Kontakten kommen kann. Aber wir argumentieren, dass trotzdem eine Nachverfolgbarkeit jederzeit gegeben ist – wir wissen jederzeit wann sich wer in der Sauna aufgehalten hat und können das nachvollziehen im Fall des Falles. Der betroffene Personenkreis kann sehr effektiv identifiziert werden. Wir haben aber auch ein ganz starkes logisches Argument. Das Hotel.

Foto: Deutsche Eiche

Kannst Du das erläutern?

Wo liegt denn der Unterschied, wenn jemand in einem Hotel, wo die Rezeption nicht durchgängig besetzt ist, jemanden mit aufs Zimmer nimmt und einer Privatkabine in einer Sauna? In der Sauna haben wir die Kontaktdaten beider Personen, im Hotel im Zweifel nur die von einer Person. In anderen Thermen und städtischen Bädern kann man auch ganz normal Privatkabinen mieten und nur der Hauptmieter muss seine Daten angeben. Dort kommt es auch häufig zu sexuellen Handlungen, ob erlaubt laut Hausregeln oder nicht. Wenn da bei uns etwas anders geregelt worden wäre, hätte die Politik das wirklich gut erklären müssen, warum mehrheitlich heterosexuelle Badehäuser anders behandelt werden sollen, als homosexuelle.

*Interview: Christian Knuth

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