CSD Berlin mit neuem Vorstand: Jünger, bunter, männlich

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Acht Stunden tagten die Mitglieder des Berliner CSD e. V. und diskutierten leidenschaftlich, wie es in Jahr Zwei von Corona weitergehen soll. Im neuen Vorstandsteam ist mit Nasser El-Ahmad erstmals eine Person of Color (PoC) vertreten. Insgesamt reduzierte sich das Durchschnittsalter des Gremiums um fast die Hälfte auf nunmehr 32 Jahre.

Ein Generationswechsel

„Ich möchte eigentlich nicht so sehr auf das Alter von Mitgliedern und Vorständen eingehen“, sagte Neuvorstand Patrick Ehrhardt (29) bei der Mitgliederversammlung. Er empfindet schon das Herausstellen dieser Tatsache als spaltend zwischen Generationen.

Dennoch ist es ein deutliches Signal für einen Neuanfang, wenn altgediente Größen der Berliner Szene einen Schritt zurücktreten und den jüngeren Mitstreiter*innen die Verantwortung über eine der größten queeren Demonstrationen Deutschlands übertragen.

Die Generation der Silverager ist aber auch weiterhin im Vorstand repräsentiert, mit Frank Sperling (53) sogar ganz explizit, wie er in seiner Bewerberrede ankündigte. 

Mehr Farbe

In einer Pressemitteilung zeigte sich der neu gewählte Vorstand besonders erfreut, dass mit Nasser El-Ahmad (24) erstmalig in der über 20-jährigen Vereinsgeschichte und mit großer Zustimmung eine Person of Color Mitglied des Vereinsvorstand wurde.

Dieser kommentiert: 

„Ich hoffe, dass kommende Generationen mehr und mehr auf das Herz & den Verstand achten und nicht auf unsere Hautfarbe, die Herkunft oder gar die Religion. Wir sind alle ein Mix einer bunten Gesellschaft, die diese Vielfalt wieder mehr gemeinsam und stolz präsentieren muss. Wir sind LGBTTIQ. Wir sind Menschen mit den gleichen Rechten.“ 

Manko Männlichkeit

Dass es trotz großem persönlichen Einsatz durch Patrick Erhardt und Ulli Pridat (31) im Vorfeld der Mitgliederversammlung nicht gelungen ist, eine sich als weiblich identifizierende Person für eine Bewerbung für den Vorstand zu bewegen, bleibt ein Auftrag für den Vorstand und den gesamten Berliner CSD e. V. – dazu der Vorstand in der Presseerklärung: 

Wir möchten an dieser Stelle auch ein klares Signal senden, dass wir das Feedback auf unsere Wahl aufgenommen, gelesen als auch verstanden haben und die Vielfalt des Vereins in Zukunft noch besser ausgestalten möchten.“

Noch während der Mitgliederversammlung gründete sich eine Arbeitsgruppe, zu der jede*r Mensch der Community herzlich eingeladen ist. Besonders aber richtet sich die Einladung an Vereinsmitglieder, die in der Öffentlichkeit lautstark für Vielfalt in den Gremien eintreten, persönlichen Einsatz dafür aber bisher im Verein nicht erkennen ließen. An ihren Taten sollt ihr sie erkennen: Interessierte melden sich per Mail bei Chris.

Den CSD wieder auf die Straße bringen

Das wichtigste Ziel für die bevorstehende CSD-Saison 2021 ist es laut Pressemitteilung, eine kraftvolle und sichtbare CSD-Demonstration – trotz Corona – auf der Straße zu veranstalten. 

Für uns als Verein ist es wichtig abschließend klarzustellen, dass es im Jahr 2021 nach einem Zwangspausenjahr unabdingbar ist, unsere jährliche Demonstration, den CSD (Berlin Pride) wieder auf die Straße zu bringen. {...} Wir freuen uns auf den Support aller Mitglieder und der gesamten Berliner Community, denn jede*r kann ein aktiver Teil des Vereins werden und jede*r sollte seinen Teil für den CSD und unser aller Sichtbarkeit beisteuern.“

Berlin organisiert sich

Grafik: CSD Berlin Pride

Nach den Verunsicherungen, die ein bisher nicht wieder in Erscheinung getretenes alternatives Aktionsbündnis hervorgerufen hat und den sehr konkreten Planungen für einen CSD im Juni, scheinen sich für die Berliner Community nunmehr zwei – über Nasser und Patrick auch miteinander vernetzte – Ansätze für queere Sichtbarkeit auf den Straßen der Bundeshauptstadt herauszukristallisieren. Happy Pride? 


** Transparenzhinweis: Autor Christian Knuth ist seit 2014 aktives Mitglied im Berliner CSD e. V.. Ulli Pridat ist Geschäftsführer der bluCom Eventagentur, einer Tochterfirma der blu Mediengruppe. Eine Einflussnahme auf die redaktionelle Unabhängigkeit von männer* findet nicht statt. 

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