Ein lebenslanges Versteckspiel endet: Britische Fernsehlegende outet sich

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In seiner neuen Biografie outete sich der schottische Schauspieler und Komiker Stanley Baxter im Alter von 94 Jahren als homosexuell. Er erzählt von den Geheimnissen und Qualen, die ihn sein ganzes Leben lang begleitet haben.

Der Daily Mail zufolge sprach der 94-jährige Baxter mit dem Biographen Brian Beacom über die Dunkelheit in seinem Leben, die er hinter den Sketchen verbarg, die eine ganze Generation prägten. Vor 50 Jahren galt Baxter als der unverschämteste und witzigste Mann im britischen Fernsehen. Seine Geschichte ist eine traurige.


Schuldgefühle gegenüber der verstorbenen Ehefrau

Sie prägte sein Leben: Mit der Schauspielerin Moira Robertson war der Komiker 46 Jahre verheiratet. Er erzählte ihr von seiner Homosexualität, bevor sie heirateten, doch sie ließ sich nicht davon abbringen. In der Hochzeitsnacht weinte Baxter – überwältigt von dem Wissen, was er ihnen beiden mit der Eheschließung angetan hatte. Bald gab er auf, vorzugeben, treu oder hetero zu sein. Er hielt es nicht lange aus, ohne Sex mit Männern zu haben, gesteht er in seiner Biographie offen. Moira wusste davon – und gestattete ihm schwulen Sex sogar im gemeinsamen Zuhause.

„Sie war sehr nachsichtig, indem sie mich mit ihnen ins Bett gehen ließ. Sie ging in unser Schlafzimmer und ließ mich das gegenüberliegende nehmen.“

Moira wollte ein Kind mit ihm – ein Wunsch, den er ihr nicht erfüllen wollte, aus Angst, ein Kind in die Welt zu setzen, was das erleiden würde, das er erlitt. Nach einem gescheiterten Konversionsverfahren verließ Baxter seine Frau 1970 schließlich ohne sich scheiden zu lassen. Die beiden behielten in den folgenden Jahren engen Kontakt, in denen Moiras psychische Gesundheit sich verschlechterte. Es folgten eine diagnostizierte Schizophrenie, Drogenprobleme und Suizidgedanken – 1997 starb Moira im Alter von 69 Jahren an einer Überdosis.

Baxter spricht in dem Buch auch darüber, wie schuldig er sich seiner Exfrau gegenüber noch immer fühlt – weil er sie geheiratet, betrogen und verlassen hatte. Und weil er am Ende nicht bei ihr war. Sie starb, während er in der gemeinsamen Villa in Zypern war, auf einer Reise, zu der sie aufgrund ihrer Gesundheitsprobleme nicht mitkommen konnte.


Auf öffentlicher Toilette verhaftet

Die Angst davor, geoutet zu werden, begleitete den schottischen Komiker sein Leben lang. 1961 zog sich die Schlinge zu, Baxter wurde verhaftet – auf einer öffentlichen Toilette. Der Vorwurf: Er soll Undercover-Polizisten um Sex gebeten haben. Ein Tiefpunkt im Leben des Entertainers, er fürchtete um seine Karriere, Freunde mieden ihn – aus Angst, mit den Vorwürfen assoziiert zu werden. Er habe an Selbstmord gedacht, so Baxter. Zu dieser Zeit war Homosexualität in Großbritannien illegal. Es sollte noch fünf Jahre dauern, bis gleichgeschlechtlicher Sex zwischen Erwachsenen gesetzlich erlaubt werden sollte.

„Ich dachte: 'Meine Karriere wird das nie überleben. Und wenn ich keine Karriere habe, was habe ich dann?'“

Die Anklage wurde schließlich fallengelassen und seine Karriere gewann wieder an Fahrt. Zwischen 1963 und 1986 moderierte er mehrere nach ihm benannte Sendungen im britischen Fernsehen. Baxter gilt als der erfolgreichste britische Entertainer seiner Generation. Besonders bekannt war er für seine Imitationen berühmter Personen, allen voran Queen Elizabeth II. Er wirkte im Laufe seiner Karriere an zahlreichen Fernsehformaten, Radiosendungen und auch Theateraufführungen mit. 


Eine große Liebe und viel Selbsthass 

Im Alter von 46 traf Stanley Baxter einen 28-jährigen deutschen Buchhalter namens Marcus. Der Komiker wurde von seinen Gefühlen für Marcus, mit dem er nur ein flüchtiges Abenteuer plante, vollkommen überrascht. Die beiden verliebten sich, intensivierten ihre Beziehung über viele Jahre – obwohl sie nie richtig zusammenlebten. Vor vier Jahren starb Marcus an Lungenkrebs.

Nun hat das lebenslange Versteckspiel des Schauspielers ein Ende. Warum? Baxter möchte die Chance nutzen, um endlich ehrlich er selbst sein zu können. Man merkt: Wohl fühlt er sich noch immer nicht. Ursprünglich wollte der Schotte die Biografie vor seinem Tode nicht einmal veröffentlichen – aus Angst, verurteilt zu werden.

Das lebenslange Unwohlsein in seiner eigenen Haut abzulegen, das scheint sehr schwer. So gibt Baxter zu:

„Die Wahrheit ist, ich will nicht wirklich ich selbst sein.“

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