#Kommentar: Journalistisches Denunziantentum

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Foto: Kim Schneider / CC BY-SA 4.0 / wikimedia

Die Online-Plattform „Queer.de“ hat durch einen reißerischen Beitrag das „Schwule Museum“ in den Blickpunkt polizeilicher Ermittlungen gerückt und dem Image dieser einmaligen Institution damit einen schweren Schaden zugefügt.

Ungeachtet der strafrechtlichen Dimension von Kinderpornographie und deren gesellschaftlichen Ächtung, ist es nicht die Aufgabe eines Museums, ihm anvertrautes Material zur Eliminierung freizugeben. Der Umgang mit kinderpornografischen Abbildungen erscheint durch die Leitung des „Schwulen Museums“ verantwortlich und reflektiert vorgenommen worden zu sein. (blu berichtete) Besonders bedenklich erscheinende Dokumente wurden in einem sogenannten „Giftschrank“ verwahrt. Andere Sammlungsstücke wurden in einem Archiv aufbewahrt, das für Fachbesucher auf Anfrage einsehbar ist. Dazu heißt es in den Statuten des Museums:

„Aufgabe der Archive, der Bibliothek und des Museums ist die Erforschung des Alltags, der Kultur und der Bewegung homosexueller und transgeschlechtlicher Menschen aus allen Zeiten. Es werden Kunstwerke, Bücher, Dokumente und Materialien hierzu gesammelt und diese der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.“

Foto: Kim Schneider / CC BY-SA 4.0 / wikimedia

In dem Queer-Beitrag wird nicht nur auf fahrlässige Weise suggeriert, dass Kinderpornographie zur Ausleihe bereit stünde. Es besteht auch eine amateurhafte Ahnungslosigkeit über Aufgaben und Funktion eines Museums.

Wer problematisches Material aus der Welt schaffen will, anstatt sich damit wissenschaftlich fundiert auseinanderzusetzen, ist ein geistiger Bücherverbrenner. Seriöser Journalismus macht sich nicht zum verlängerten Arm der Justiz. Insbesondere nicht einer Justiz, die vor gar nicht langer Zeit noch zur Verfolgung der Schwulen beigetragen hat, die zu den Spendern der Ausstellungsstücke des Museums gehören. Seriöser Journalismus hätte sich die Frage gestellt, was einen ehemaligen Mitarbeiter motivieren könnte, einen solchen Hinweis auf die vermeintlichen Verfehlungen seines ehemaligen Dienstherren an die Presse zu geben. Seriöser Journalismus denunziert nicht. *Olaf Alp


Im Artikel #SCHWULESMUSEUM: Aufarbeitung der Geschichte erklärt der Archivleiter des Schwulen Museums die Vorgehensweise zur Anwerbung von Ausstellungsmaterial. 

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