Queeres Daten bis 1969 👮 Klingeln bitte!

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Bis Ende der 1960er-Jahre stand Homosexualität in der Bundesrepublik Deutschland immer noch unter strikter Strafe.

Im Strafgesetzbuch stand damals:

§ 175 StGB

(1) Ein Mann, der mit einem anderen Mann Unzucht treibt oder sich von ihm zur Unzucht mißbrauchen läßt, wird mit Gefängnis bestraft.

Das Strafmaß reichte bis fünf Jahre, in besonders schweren Fällen sogar bis zehn Jahre Gefängnis. Insgesamt kam es zwischen 1950 und 1969 so zu mehr als 100.000 Ermittlungsverfahren und etwa 50.000 rechtskräftigen Verurteilungen. Selbst das Ermittlungsverfahren konnte aber bereits den Verlust des Jobs bedeuten, denn mit „Sittenstrolchen“ wollte und musste man kein Arbeitsverhältnis beibehalten. Eine Laufbahn im öffentlichen Dienst und als Beamter war als Verurteilter „175er“ vollkommen ausgeschlossen.

Wie haben Schwule und Lesben damals gedatet?

Es gab immer Bars und Cafés, die als Treffs für Nichtheteros bekannt waren – sie liefen gut und waren meist auch „stadtbekannt“. Sie waren aber nicht wie normale Cafés offen zugänglich. Es gab keine Außenbestuhlung, die Fenster waren verhangen und hinein kam man nur nach vorherigem Klingeln und einer Musterung durch einen Sichtschlitz oder in einem Zwischenflur. So war einigermaßen gewährleistet, dass man(n) sich drinnen frei bewegen und entspannt flirten konnte.

Stonewall und die CSDs

Ab 1969 entspannte sich die Situation zumindest rechtlich: der Paragraf 175 wurde entschärft, so dass schwuler Sex für über 21-Jährige mit über 21-Jährigen grundsätzlich legal wurde. Im gleichen Jahr gingen in der Christopher Street in New York in der Nacht vom 27. auf den 28. Juni Trans*, Schwule und Lesben gewaltsam gegen polizeiliche Willkürverhaftungen in der Bar „Stonewall Inn“ vor. Die tagelagen Ausschreitungen gelten als Initialzündung für die queere Emanzipationsbewegung der Neuzeit. An sie wird jährlich mit den CSDs (Christopher Street Day) erinnert. 

Foto: Rosa Geschichte. Schwul-lesbisches Archiv Münster / Repro: Stadt Münster.

Von Münster in die Republik

Nein, der erste deutsche CSD fand nicht in Berlin statt. Bevor in der damals noch in Ost und West geteilten Stadt 1979 ein Häufchen queerer Drags und Punks und Schwuler über den Ku’damm stöckelte und marschierte, zogen am 29. April 1972 rund 200 Demonstranten aus dem In- und Ausland durch die Innenstadt von Münster, um auf ihre gesellschaftliche Ächtung aufmerksam zu machen. Die erste Demonstration für gleiche Rechte von Lesben und Schwulen in der DDR fand am 4. August 1974 innerhalb der Abschlusskundgebung der Weltfestspiele der Jugend und Studenten in Ostberlin statt. Auf einem Transparent stand „gay liberation front – london, bürgerrechte für homosexuelle“ und auf einem anderen „Wir Homosexuelle der Hauptstadt begrüßen die Teilnehmer der X. Weltfestspiele und sind für den Sozialismus der DDR.“ Das Banner wurde durch die Stasi beschlagnahmt.

Über 50 CSDs in Deutschland

Fast 60 CSDs gibt es heute bereits in Deutschland, weltweit sind es knapp 500 Prides, wie die CSDs außerhalb des deutschsprachigen Raumes genannt werden. HIER findest du alle Termine praktisch aufgelistet.

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