PLANETROMEO: Hinter den blauen Seiten

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PLANETROMEO ist Europas führendes Dating-Portal für an Männern interessierte Männer, in Deutschland wird es schonmal als das „schwule Einwohnermeldeamt" bezeichnet – doch wer steckt eigentlich hinter den blauen Seiten?

In Deutschland wird ROMEO immer noch gerne als deutsches Unternehmen wahrgenommen, das stimmt aber nur zur Hälfte. Klar, die Wurzeln liegen in Deutschland. Co-Gründer Jens startete 2002 in Berlin „GayRomeo" einst als Hobby. In Zeiten vor Facebook und als Online-Dating noch in den Kinderschuhen steckte, war kostenloser Online-Chat eine Offenbarung und eine Revolution.

Inzwischen arbeiten über 70 engagierte Mitarbeiter aus 15 Ländern daran, ca. 2 Millionen User auf der ganzen Welt bei Laune zu halten.

Hatte man früher noch das Gefühl ROMEO hätte das Thema Handy und Dating-Apps verschlafen, hat sich dies inzwischen grundlegend geändert. Möchte man heute auf seinem Handy mehr als nur die schnelle unverbindliche Nummer, führt kein Weg an ROMEO vorbei. So gibt es neben den obligatorischen Apps für iOS und Android auch eine mobile Webseite ohne lästige und prüde Store-Beschränkungen.

Amsterdam und Berlin – (nicht nur) per Webcam verbunden

Die Betreiberfirma sitzt inzwischen in den Niederlanden, genauer in Amsterdam. Dieser Schritt war unter anderem deshalb nötig, weil die deutsche Gesetzgebung fast unerfüllbare Hürden setzt, wenn im Internet mal explizites Bildmaterial gezeigt werden soll – und was wäre schwules Dating ohne das eine oder andere Schwanzpic? Aber das Portal fußt auf solider deutscher Technik und so sitzt die technische Entwicklung (die Erasys GmbH) auch heute noch in Berlin. Im Pausenraum in Amsterdam hängt ein großer Bildschirm an der Wand, auf dem per Internet-Standleitung ein Live-Bild aus dem Pausenraum in Berlin zu sehen ist (und umgekehrt), sodass man auch mit den Kollegen im jeweils anderen Büro problemlos und spontan einen „Watercooler-Talk" abhalten kann.

Über den Dächern von Amsterdam

Auf die 580km entfernten Kollegen zu gucken mag interessant sein, aber es ist sicher nicht der beste Blick, den man im großen und modernen Büro in Amsterdam genießen kann. Aus den Panorama-Fenstern tut sich eine ungleich atemberaubendere Aussicht auf, befindet sich die PLANETROMEO B.V. doch ganz oben im „Havengebouw", einem direkt am Wasser (und fußläufig vom Bahnhof Centraal erreichbar) gelegenen Hochhaus, das als eines der ganz wenigen in Amsterdam einen einzigartigen Blick über diese faszinierende Stadt und die Wasserfläche des berühmten IJ ermöglicht.

Die tägliche Aussicht auf diese gar nicht alltägliche Aussicht ist dann wohl auch ein Grund, weshalb die ca. 30 Mitarbeiter hier auch einen außergewöhnlich stark motivierten Eindruck machen.

Die Menschen machen den Unterschied

Da sind zum Beispiel Gui, der 37-jährige Belgier und Rogerio (51) aus Brasilien, die für das Marketing und Design rund um ROMEO zuständig sind. Sie kümmern sich um die Kommunikation zu den Usern, darum, die Plattform international bekannter zu machen, oder auch darum, wie blau die „blauen Seiten" am Ende eigentlich sind. Kein leichter Job, alle glücklich zu machen, denn schon die Frage welche der allseits beliebten Fußtapsen es geben soll, lässt schon gerne mal den User-Frust hochkochen.

Darum kümmert sich unter anderem der aus Hamburg stammende Sven (41). Er hat seine Augen und Ohren ganz nah am Nutzer, denn er ist als Head of Community maßgeblich verantwortlich für die ca. 400 Anfragen, die den Support jeden Tag erreichen. Und dieser Job fängt beim täglichen Kampf mit der Technik erst an. Sven koordiniert die Support-Mitarbeiter, die für die User da sind, wenn sie Probleme aller Art haben, er kümmert sich darum, dass Fake-Profile möglichst schnell erkannt und effizient behandelt werden (was übrigens nicht immer gleich eine Löschung zur Folge haben muss – zunächst wird nämlich eine virtuelle Wand um das Profil gebaut, von der der Faker erstmal gar nichts mitbekommt). Wo immer man es mit Menschen zu tun hat, gibt es aber leider auch ab und an die unangenehmen Fälle, in denen Sven den Behörden – in seinem Fall meist Interpol – behilflich ist, schwere Verbrechen aufzuklären. Diese zum Glück seltenen Vorfälle nehmen Sven bei aller Professionalität besonders mit, aber es ist auch befriedigend, wenn man dazu beitragen kann, Verbrecher dingfest und die Welt am Ende etwas sicherer für alle zu machen.

Ein echter Weltverbesserer ist auch Niederländer Marc (37), zuständig für die PlanetRomeo Foundation (www.planetromeofoundation.org), die als private Wohltätigkeitsstiftung seit ihrer Gründung im Jahre 2009 bereits über eine halbe Million Euro an Unterstützung für 130 LGBTIQ*-Projekte unbürokratisch ausbezahlte. Der Fokus liegt dabei auf Bildung, Sicherheit und Freizeit, insbesondere in Ländern, in denen Homosexuelle kein so leichtes Leben haben. Was mit dem spontanen Sponsoring von Trikots einer lokalen Fußballmannschaft begann, heißt heute Anschubfinanzierung von kleinen mutigen Projekten in ihrer Startphase.

Gui, Rogerio, Sven und Marc ist, wie allen Menschen die hinter dem Projekt ROMEO stecken, daran gelegen, nicht nur die Plattform an sich, sondern auch die Welt zu einem Ort zu machen, wo man sich (nicht nur) als schwuler Mann wohlfühlen kann. Der riesige Aufwand, der hinter den „blauen Seiten" steckt, ist den meisten Usern gar nicht bewusst und das ist vielleicht auch besser so. Aber wenn es mal irgendwo hakt, eine Funktionalität vielleicht auf sich warten lässt oder es einfach mal nicht klappt mit dem Date, weil der Typ mit dem man schon seit Wochen chattet, einen einfach versetzt, dann denkt dran – nicht nur hinter den Nutzerprofilen sondern auch im Support, in der Technik und in der Verwaltung sitzen Menschen. Männer. Jungs. Kerle. Und unsere Liebe zu denen verbindet uns alle, wo immer wir auch sind.

Wie sprachen mit Sven, einem der Gründer von PlanetRomeo:

Als erstes die obligatorische Frage: Wie hat alles angefangen?

Ganz ungeplant während eines längeren und sehr verregneten Urlaubs in London. Online-Dating gab es zwar schon, aber sehr kompliziert und für alles musste man zahlen. Ich dachte mir „das geht besser“ und fing an zu basteln.

Inzwischen gibt es ja so einige Dating-Apps, wo siehst du die Unterschiede?

Wir versuchen bei ROMEO das gesamte schwule Leben abzubilden. Neben dem schnellen geilen Sex gehören für uns dazu auch Freundschaften und vielleicht sogar die große Liebe. Zum anderen geben wir nur Geld aus, das wir zuvor auch eingenommen haben. Wir müssen also nicht auf Finanzinvestoren hören, wenn es darum geht, was für die schwule Community am Besten ist.

Was sind eure Pläne?

Wir arbeiten derzeit mit Hochdruck an unserer neuen Webseite. Bis zum Ende des Jahres wollen wir alles noch Fehlende eingebaut haben und natürlich auch neue spannende Funktionen wie eine Bildersuche hinzufügen. Es gibt noch viel zu tun!

Wie gefällt es dir privat in Amsterdam?

Sehr gut, Berlin vermisse ich aber trotzdem. Zwar ist mein holländisch immer noch ganz schrecklich, dafür habe ich aber hier meine große Liebe gefunden und im letzten Jahr dann eine ganze indische Familie geheiratet (lacht).

Warum wolltest du uns eigentlich kein Bild von dir geben?

Mir ist es wichtig, privat Menschen zu treffen, ohne die Frage im Hinterkopf zu haben „Mag er mich jetzt nur, weil er mich erkannt hat?“. Ganz am Anfang kam es auch schon mal gerne vor, dass ich im Darkroom diverse Support-Fragen beantworten musste.

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