Rebel Wilson: Coming-out wegen Outing-Drohung?

„Pitch Perfect“-Star Rebel Wilson macht nach ihrem Coming-out von Freitag dem „Sydney Morning Herald“ Vorwürfe, in eine „sehr schwierige Situation“ gebracht worden zu sein.

by ,

Mit welchen Verwerfungen und Schwierigkeiten das selbstbestimmter Coming-out eines*r LGBTIQ* individuell verbunden sein kann, welche Probleme es trotz verminderter gesellschaftlicher Ausgrenzung immer noch mit sich bringen kann, ist für Außenstehende nur schwer abzuschätzen. Darum, und weil geschlechtliche Identität und sexuelle Orientierung zum höchstprivaten Bereich jedes Manschen gehören, verzichtet ein*e Journalist*in im Regelfall auf ein Outing, also das fremdbestimmte Veröffentlichen dazugehöriger Informationen. Dazu anlässlich des Pride-Monats mehr am Ende des Artikels. 

Hat ein Klatschkolumnist Wilson unter Druck gesetzt? 

Die australische Schauspielerin Rebel Wilson ist nach eigenen Angaben vor ihrem Coming-out von einer Zeitung in eine „sehr schwierige Situation“ gebracht worden. Sie habe mit dem öffentlichen Bekenntnis zu ihrer Beziehung mit einer Frau am Freitag versucht, die „Situation mit Anstand zu meistern“, schrieb Wilson am Sonntag auf Twitter. Am Samstag hatte der „Sydney Morning Herald“ berichtet, über die Beziehung Bescheid gewusst und Wilson zwei Tage Zeit für eine Stellungnahme gegeben zu haben. 

„Großer Fehler. Wilson entschied sich dafür, die Geschichte zu verdrehen und postete am frühen Freitagmorgen auf Instagram über ihre neue ‚Disney-Prinzessin‘“,

schrieb Klatschkolumnist Andrew Hornery in einem am Samstag veröffentlichten Artikel. Aktivisten und Fans warfen der Zeitung daraufhin vorn, Wilson – die bis dahin ihre sexuelle Orientierung öffentlich nicht bekanntgegeben hatte – zum Coming-out gezwungen zu haben. Die Zeitung bestritt zunächst, Wilson unter Druck gesetzt zu haben, und erklärte, sie habe „mit einem Übermaß an Vorsicht und Respekt“ Fragen zu Wilsons Beziehung gestellt.

Zeitung räumt „falschen Umgang“ ein

Herausgeber Bevan Shields erklärte: „Wir hätten die gleichen Fragen gestellt, wenn Wilsons neuer Partner ein Mann gewesen wäre.“  Am Montag nahm der „Sydney Morning Herald“ den Artikel dann aber von seiner Website. Hornery räumte einen „falschen Umgang“ des Blatts mit Wilsons Outing ein. Wilson ist aus der Filmreihe „Pitch Perfect“ bekannt. Ihre Beziehung mit der Modedesignerin Ramona Agruma hatte sie am Freitag im Onlinedienst Instagram öffentlich gemacht.

Outing vs. Coming-out

Wie Eingangs beschrieben, gebietet es normalerweise schon der Anstand, Menschen nicht zu outen. Schon gar nicht entspricht es journalistischer Ethik, mit zeitlichen Fristen zur Selbstauskunft zu suggerieren, dass eine Veröffentlichung der sexuellen Orientierung geplant sei. In einer solchen Situation ist es für LGBTIQ* fast unumgänglich, ein vielleicht noch nicht im privaten oder beruflichen Umfeld vorbereitetes, selbstbestimmtes Coming-out überstürzt zu vollziehen.

Foto: J.Jackie Baier

In Deutschland ist der Fall des langjährigen Regierenden Bürgermeisters von Berlin, Klaus Wowereit der wohl bekannteste. Am 10. Juni 2001 machte er auf einem Sonderparteitag seine sexuelle Orientierung mit folgenden Worten öffentlich:

„Ich bin schwul – und das ist auch gut so!“

Wowereit wollte damit einer wohl bevorstehenden Thematisierung in einigen Medien zuvorkommen, vor allem, nachdem CDU-Fraktionschef Frank Steffel ihm einen „deformierten Charakter“ unterstellt hatte, war es sein Kalkül, mit dem selbstbestimmten Coming-out, die Deutungshoheit zu behalten. Er war der erste deutsche Spitzenpolitiker, der so offen zu seiner Homosexualität stand. 

Wann ein Outing angezeigt ist

Foto: AFP / John MACDOUGALL

Ein Outing durch Dritte wird vor allem dann als ethisch vertretbar angesehen, wenn die queere Person selbst sich queerfeindlich engagiert. Im Fall Alice Weidel (AfD) ist es angebracht, sie bei jeder Gelegenheit wieder darauf anzusprechen, wie sie ihr Privatleben in einer internationalen, lesbischen Regenbogenfamilie damit vereinbart, einer Partei anzugehören, die in ihrem Bundestagswahlprogramm die eigene Familie als „diskreditierend" und nicht schützenswert im Sinne des Grundgesetzes beschreibt:

„Die AfD bekennt sich zur Familie als Keimzelle unserer Gesellschaft. Sie besteht aus Vater, Mutter und Kindern. {...} Von linksgrüner Seite jedoch wird die Institution Familie aus ideologischer Motivation heraus diskreditiert, um sie durch andere Leitbilder zu ersetzen. Wir fordern dagegen die Wiederherstellung des grundgesetzlich garantierten, besonderen Schutzes der Familie.“  (Bundestagswahlprogrammm AfD, Seite 104)

Back to topbutton