Zwei Schauspieler, zwei Coming-outs, eine Enttäuschung

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Der amerikanische Schauspieler J. August Richards outet sich, weil er nun eine schwule Rolle spielt – und weiß, dass er diesen ohne sein eigenes Outing nicht ehrlich spielen kann. In derselben Woche outet sich der deutsche Schauspieler Jo Weil – nachdem er jahrelang einen Schwulen in der ARD-Serie Verbotene Liebe spielte und seine eigene Homosexualität immer abstritt.

Der US-amerikanische Schauspieler J. August Richards (46) hat am Montag in einem Instagram-Gespräch mit Schauspielkollegin Sarah Wayne Callies bekannt gegeben, dass er schwul ist. Eine seiner berühmtesten Rollen war die des Richard Charles Gunn im Buffy-Spinoff Angel. Derzeit spielt er neben Callies in der neuen NBC-Serie Council of Dads einen schwulen Arzt, der mit seinem Ehemann eine Regenbogenfamilie gegründet hat.

Sowohl Richards Rolle als auch sein Partner sind PoC und schwul – ein Novum im US-amerikanischen Fernsehen. Ende März wurde die Pilotfolge der Serie ausgestrahlt, ab dem 30. April werden weitere Folgen gesendet. Man mag PR-Gründe hinter dem Zeitpunkt vermuten, zu dem Richards sein eigenes Outing vornahm. Er erklärt jedoch, dass seine Beweggründe woanders liegen:

„Ich wusste, dass ich diesen schwulen Mann nicht ehrlich darstellen kann, ohne euch alle wissen zu lassen, dass ich selbst ein schwuler Mann bin. Ich weiß, wie wichtig es da draußen für Menschen wie mich ist, ein Vorbild zu haben.“

Autsch.


Jo Weil leugnete seine Sexualität jahrzehntelang 

Jo Weil (42) spielte von 1999 bis 2002 in der ARD-Serie Verbotene Liebe die Rolle des offen schwulen Oliver „Olli“ Sabel. In dieser Zeit unterhielt Olli eine Beziehung zum von Kay Böger porträtierten Tom Seifert, nach deren Scheitern er die Serie verließ. 2007 kehrte Weil zurück zur Show. Gemeinsam mit Thore Schölermann, der in die Rolle des Christian Mann schlüpfte, formte er mit „Chrolli“, wie die Fans die beiden liebevoll nannten, eines der bekanntesten und beliebtesten schwulen Paare im deutschen Fernsehen. 2014 trennten sich die beiden, nachdem Schölermann die Show verließ.

Immer wieder wurde Weil im Laufe der Jahre auf seine eigene Sexualität angesprochen, doch er hielt sich bedeckt, gab schwammige Antworten, wich in Interviews stets aus. In der heute erschienen Ausgabe der Zeitschrift Bunte offenbart er nun, dass er schwul ist – und dies schon immer wusste. Seit zehn Jahren ist er mit seinem Partner Tom liiert. Er sei müde, sich zu verstecken, müde, immer ausweichende Antworten geben zu müssen. Den Ausschlag gab die Corona-Pandemie. 

Weil befand sich in Zürich und spielte im Musical Bodyguard, als sich die Krise zuspitzte. Diese Zeit habe ihm endlich gezeigt, was wirklich wichtig sei, so der Schauspieler. Obwohl er seinen Beruf über alles liebe, sei sein privates Glück ihm noch viel wichtiger. In Interviews wurde er oft gefragt, wie die Corona-Situation für ihn sei – und er litt darunter, nicht offen sein zu können. Er erzählt:

„Ich wollte so gerne sagen, was ich fühle, und zwar, dass ich mir sehnlichst gewünscht habe, zu Hause bei meinem Freund zu sein. Es kam mir falsch vor, dass ich nicht offen über meine Sorgen sprechen konnte.“

Weil sagt, dass mit dem Interview endlich eine schwere Last von seinen Schultern falle. Er rekapituliert auch, dass er in einem toleranten Elternhaus aufwuchs, keine Angst vor der Reaktion seiner Familie hatte und seine Sexualität nie unterdrücken musste. Schade, dass es dann scheinbar die Schauspielwelt, die Angst um seine Karriere und der Castingdruck gewesen sind, die ihn dazu brachten, seine Sexualität geheim zu halten. 

Klar ist: Jeder kann sich outen wann er möchte. Auf keinen Fall sollte sich ein Outing-Zwang etablieren, der sich der Annahme hingibt, Sexualität und Privatleben bestimmter Personen wäre öffentliches Kulturgut. Und: Es war trotz allem eine andere Zeit. Auch durch Charaktere wie Olli und Christian, die sogar international populär waren, wurde die Fernsehlandschaft dermaßen verwandelt, dass nun eine Serie wie Council of Dads in den USA an den Start gehen kann, in der zwei schwule PoC-Väter gemeinsam eine Tochter aufziehen.

Aber: Es ist einfach schade. Für Jo Weil selbst und für seine Fans. Für all die jungen Queers, die nur wegen Christian und Olli Verbotene Liebe geschaut haben. 

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