„WILLST DU (MIT MIR DROGEN NEHMEN)?“

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© FOTOS: MANCHECK BERLIN

Der Sommerhit von Schauspielrapper Alligatoah griff das ernste Thema Drogengebrauch auf humoristisch-eingängige Weise auf. Inzwischen ist man sich gesellschaftlich weitestgehend einig, dass ein reines Keine Macht den Drogen als Botschaft nicht ausreicht, und geht dazu über, zusätzlich zu eindringlichen Warnungen vor abhängig machenden Substanzen breite Hilfsangebote für einen sichereren Konsum zu entwickeln, damit Menschen nicht zusammen den Bach runtergehn, wie Alligatoah singt. Rolf de Witt von manCheck stand uns Rede und Antwort.

WIE SEID IHR AUF DIE IDEE GEKOMMEN, NEBEN DEN KLASSISCHEN CRUISING PACKS AUCH EIN PACK FÜR SAFER DROGENKONSUM ZU ENTWICKELN?

Insgesamt haben wir sogar drei unterschiedliche Packs entwickelt. In der Vor-Ort-Arbeit sehen wir, dass verschiedenste Drogen konsumiert werden. Wir sehen die Wirkungen und die Nebenwirkungen, und spätestens seit 2007 gibt es eine Untersuchung zum Zusammenhang zwischen Drogengebrauch und Risikoverhalten beim Sex. Diese Informationen fließen immer zeitnah in unsere Arbeit ein, daher sind wir auch seit 2007 an dem Thema dran.

Bei unserer Arbeit geht es in erster Linie um Infektionsschutz. Dazu gehört unter anderem auch der Schutz vor Hepatitis C. Einer der Übertragungswege ist der nasale Drogengebrauch. So ist die Entwicklung von Sniffpacks mit entsprechenden Informationen und Utensilien zum Thema safer sniefen eine logische Konsequenz für ein lebensstilakzeptierendes Präventionsprojekt wie manCheck.

Ein weiteres Übertragungsrisiko unter anderem für HIV und HCV besteht beim Nadeltausch. Wir wissen vom intravenösen Drogengebrauch vor allem auf Sexpartys, bei Schwulen Slamming genannt. Daher haben wir in Kooperation mit Fixpunkt e. V. und dem Terrence Higgins Trust London Slampacks entwickelt. Eine ebenfalls verbreitete Substanz ist GBL: Hier kann es durch Überdosierung zu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Daher gibt es hierfür die Dosierhilfen in den G-Packs.

WIE WOLLT IHR DIESE PACKS UNTER DIE LEUTE BRINGEN? DIE IDEE, AUTOMATEN AUFZUSTELLEN, IST WIEDER VERWORFEN WORDEN, RICHTIG?

Nein, das ist nicht richtig. Die Sniffpacks und Dosierhilfen bekommt man bei unseren Vor-Ort-Aktionen direkt bei uns. Sie sind seit fast anderthalb Jahren fester Bestandteil jeder Vor-Ort-Präsenz von manCheck. Die Slampacks wird es zunächst über die Automaten unseres Kooperationspartners Fixpunkt e. V. und in diversen Beratungsangeboten geben. Genauere Informationen dazu gibt es unter mancheck-berlin.de/slamming. Beim Slamming ist es wichtig, Zugang zu weiterführenden Angeboten wie beispielsweise richtig spritzen lernen oder Wund- und Abszessbehandlung zu ermöglichen. Dies erreichen wir über unseren Kooperationspartner Fixpunkt mit seinen Beratungsstellen und mobilen Angeboten. Gleichzeitig bietet beispielsweise die Schwulenberatung eine akzeptierende Gesprächsgruppe zum Party- und Sexdrogengebrauch an, in die wir vermitteln können.

WIE GROSS SCHÄTZT IHR DEN BEDARF EIN?

Sniffpacks gehen weg wie warme Semmeln. Auch die Dosierhilfen sind sehr gefragt auf bestimmten Events. Das Wichtige dabei ist, dass sie immer im Rahmen eines Gesprächsangebotes vor Ort herausgegeben werden. Hier können wir individuell auf persönliche Fragen, auch zur Umsetzung von Safer Sex bei Drogengebrauch, eingehen. Diese Angebote werden stark genutzt und wir haben unsere Vor-Ort-Arbeiter entsprechend geschult und bilden sie dauerhaft fort.

QUO VADIS, QUADROS?

Bestehende Drogenberatungseinrichtungen haben in der Regel nicht das spezifische Wissen, um auf den besonderen Bedarf von Männern, die Sex mit Männern haben, einzugehen. Am Projekt QUADROS (Qualitätsentwicklung in der Beratung und Prävention im Kontext von Drogen und Sexualität bei schwulen Männern) nehmen voraussichtlich bis März 2016 sieben Präventionsprojekte für MSM aus den Städten München, Nürnberg, Köln, Frankfurt am Main, Hamburg, Leipzig und Berlin teil. Rolf de Witt vom Berliner Projekt manCheck: Prävention, Beratung und Therapieangebote müssen zusammenarbeiten und ein breites Angebot für drogengebrauchende Menschen bereithalten. Im Projekt QUADROS erforschen wir gerade den Bedarf schwuler Männer im Bereich Drogengebrauch und die bereits vorhandenen Angebote. Im März 2016 wollen wir aufgrund der Erkenntnisse aus diesem Projekt der Deutschen AIDS-Hilfe Angebote schaffen, wo es Lücken gibt, und unsere Präventionsstrategien erweitern. Es geht hier um Harm Reduction bei Drogengebrauch und Suchtprävention. 

WWW.MANCHECK-BERLIN.DE

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