Studie zeigt erhöhtes Drogenrisiko bei queeren Jugendlichen

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Die kürzlich im International Journal of Environmental Research and Public Health veröffentlichten Ergebnisse der Studie Romantic attraction and substance use in 15-year-old adolescents from eight European countries deuten darauf hin, dass auch europäische Jugendliche, die sich einer sexuellen Minderheit zugehörig fühlen, häufiger Alkohol trinken und Drogen nehmen, wenn sie verliebt sind, als ihre heterosexuellen Altersgenossen. 

Foto: K. Matyas / unsplash / CC0

Bislang war unklar, ob sich die Ergebnisse, die für den nordamerikanischen Raum schon länger vorliegen, auch auf andere Kulturen und Länder übertragen lassen.

Unter der Leitung von András Költő (National University of Ireland Galway) wurden deshalb 14.545 Jugendliche im Alter von 15 Jahren aus acht europäischen Ländern – Belgien (Wallonische Region), Bulgarien, Frankreich, Island, Nordmazedonien, Schweiz, Ungarn und England – nach ihrem Konsumverhalten befragt.

Der anschließende Vergleich mit den Daten einer 2014 von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) durchgeführten Studie über „Health Behaviour in school-aged Children“ (HSBC) konnte belegen, dass das Stigma der sexuellen Minderheit (in Verbindung mit Verliebtheit) auch in Europa mit einem höheren Drogenkonsum bei Jugendlichen einhergehen kann.

Verliebt oder nicht macht den Unterschied 

Der Anteil an Jugendlichen, die Zigaretten rauchten, Alkohol tranken, Cannabis konsumierten oder innerhalb der letzten 30 Tagen Mischkonsum betrieben haben, war bei bisexuellen Jugendlichen, und in geringerem Maße bei gleichgeschlechtlichen Jugendlichen, signifikant höher als bei heterosexuellen Jugendlichen. 

Foto: S. Mccutcheon / unsplash / CC0

Bei Jugendlichen, die nicht verliebt waren, fielen die Quoten für den Substanzgebrauch hingegen deutlich geringer aus als bei allen anderen Jugendlichen. 

Auch nach Berücksichtigung von Land, Geschlecht und familiärem Wohlstand blieb das Muster in den Ergebnissen unverändert. Das legt nahe, dass die Anfälligkeit von queeren Jugendlichen für Substanzkonsum unabhängig von Geschlecht, familiärem Hintergrund und Wohnsitzland gegeben ist, es sich also um ein universelles Phänomen handelt.

Stressfaktoren wie Diskriminierung im Verdacht 

Folgerichtig lassen sich die Ergebnisse in eine Reihe unterschiedlicher Stressmmodelle integrieren. Theoretische Ansätze wie das Minderheiten-Stressmodell gehen davon aus, dass sexuelle Minderheiten – bedingt durch gesellschaftliche Strukturen und Einstellungen – permanent psychischen Stressoren ausgesetzt sind, denen sie sich nicht entziehen können. In der Studie wird zum Beispiel die Vermutung geäußert, dass Diskriminierung hinsichtlich der höheren Raten des Drogengebrauchs von queeren Jugendlichen eine nicht zu unterschätzende Rolle spielt. Ähnlich verhält es sich mit Stressfaktoren, die im Entwicklungsverlauf romantischer Beziehungen auftreten können.

Fest steht, dass die Dimensionen der sexuellen Orientierung, gemeinsam mit romantischer Verliebtheit, Minderheitenstress, Risikoverhalten und psychosozialen Faktoren ein komplexes kausales „Netz“ bilden:

Was von Außenstehenden als unerwünschtes Risikoverhalten angesehen wird, erscheint aus der Perspektive der aktiv Handelnden möglicherweise als ein Bewältigungsverhalten. 

Foto: gemeinfrei / CC0

Weitere Studien nötig – Selbstkritik der Wissenschaftler

Zukünftige Studien sind erforderlich, um darzustellen, wie Mobbing und soziale Unterstützung den Substanzkonsum und andere risikoreiche und gesundheitsschädliche Verhaltensweisen bei jungen Queers LGB-Jugendlichen beeinflussen.

Wie das HBSC International Network selbst kritisch anmerkt, wurde zur Kategorisierung des Geschlechts der Jugendlichen eine binäre Variable (Junge oder Mädchen) verwendet. Trans-, nicht-binäre und andere geschlechtsspezifische Minderheitengruppen wurden außen vor gelassen und kommen in der Studie nicht vor. Begründet wird dieses Vorgehen mit der Komplexität der Zusammenhänge zwischen Geschlecht, biologischem Geschlecht und sexueller Orientierung. Daran werde aber bereits gearbeitet, so die Forscher*innen. In zukünftigen Studien sollen sowohl Gender als auch sexuelle Vielfalt stärker einbezogen werden.

Die vollständige Studie kann unter HIER abgerufen werden.

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