Im Ernst, Mann: Was ist dran an den Klischees über BDSM?

Auch wenn das Ziel noch lange nicht erreicht ist, hat sich in Sachen Sex und Erotik doch schon eine ganze Menge getan. Wenn wir uns vor Augen führen, dass Homosexualität noch in den frühen 1990er Jahren illegal war und von manch einem sogar als Krankheit bezeichnet wurde, schütteln wir heute ungläubig den Kopf. Eine Grundvoraussetzung für die neue Normalität war und ist die Aufklärung. Genauso wollen wir es auch mit der (vermeintlich?) dunklen Seite der Erotik halten. Stimmt alles, was über S/M behauptet wird?

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BDSM ist eine gefährliche Spielart!

Natürlich ist BDSM gefährlich. Genau wie der Blowjob, die Missionarsstellung oder der Analsex im Doggystyle. Jedenfalls dann, wenn man nicht weiß, was man tut oder man sich rücksichtslos und egoistisch verhält. Oft gehört auch eine Auswahl an spannendem Sexspielzeug zum BDSM, das nicht ganz ohne Grundwissen auskommt. Wenn man ein paar Grundregeln beherzigt, ist das harte Spiel aber sehr prickelnd und macht großen Spaß.

S/M ist einfach nur pervers!

Pervers ist eine Sache, wenn niemand mehr freiwillig mitmacht. Abgesehen von jenen Dingen, die aus guten Gründen weiterhin verboten sind ist ansonsten alles erlaubt, was den Beteiligten gefällt. Man kann also sämtliche dummen Sprüche und vermeintlichen Moral-Kodizes, die von engstirnigen Menschen ins Feld geführt werden, schlicht und einfach ignorieren. Denn diese sind entweder ein Zeichen von Intoleranz oder von Unwissenheit. Außerdem will ein Teil der Wortführer erfahrungsgemäß einfach von sich selbst ablenken. Wenn jemand also besonders deutlich gegen BDSM argumentiert, ist er möglicherweise selbst fasziniert von den damit zusammenhängenden Spielarten. Und ein armer Wicht, der seine selbst aufgestellten Denkschranken nicht zu überwinden weiß.

BDSMler stehen aufs Auspeitschen!

Zugegebenermaßen sind Rohrstock, Gerte & Co. beliebte Schlagwerkzeuge, für die sich zahlreiche BDSM-Anhänger sehr begeistern können. Aber längst nicht jede und jeder steht auf das Schlagen. Es gibt vom Strapon-Sex über Spiele mit Kerzenwachs, Keuschheitsringen, Nippelklammern oder Handschellen zahlreiche Facetten der harten Erotik, die ganz ohne Schläge auskommen können – aber nicht müssen. Letztlich ist auch dies eine Sache der Absprache.

Lack, Leder und Latex sind typische S/M-Materialien

Man kann nicht abstreiten, dass diese Stoffe im Umfeld des BDSM eine besondere Rolle spielen. Das bedeutet allerdings nicht, dass jeder SMler den Kleiderschrank voll mit den entsprechenden Klamotten hat. Erstens können sich viele, aber nicht alle BDSM-Fans dafür begeistern. Zweitens sind sie weniger für den Alltag als für gewisse Stunden bestimmt. Außerdem wäre es zu einfach, Lack, Leder und Latex nur mit BDSM in Verbindung zu bringen. Es gibt zahlreiche Fetischisten, die zwar das Material erregend finden, mit der harten Erotik aber nichts am Hut haben. Da mittlerweile immer mehr Modedesigner und -Designerinnen die drei L für ihre Kollektionen entdeckt haben, dürften sie sogar in zunehmendem Maße zur sexy Freizeitmode werden, ganz ohne erotischen Kontext.

Foto: Warm Orange / unsplash.com / CC0

Beim BDSM gibt es immer ein Machtgefälle!

Dieser Punkt lässt sich ebenfalls nicht verallgemeinern. Tatsächlich treffen die Paarungen dominant und sadistisch sowie devot und masochistisch recht oft zusammen. Es gibt aber auch hier ganz unterschiedliche Konstellationen. Einige Menschen sind sehr unterwürfig oder besonders dominant, interessieren sich aber nicht für schmerzhafte Sexpraktiken. Andere ziehen ihre Lust aus dem Schmerz, sind also rein sadistisch oder masochistisch. Eine gleichzeitige Dominanz oder Unterwürfigkeit ist für sie nicht notwendig. Was sich „Stinos“ („Stinknormale“, wie Nicht-SMler in der Szene gerne genannt werden) nicht vorstellen können, ist ebenfalls alltäglich: Es gibt eine durchaus nennenswerte Zahl an dominanten Menschen, die gleichzeitig masochistisch sind. Und auch sie finden sehr oft das passende Gegenstück. Hier spricht man dann von „Topping from the Bottom“, die Kommandos kommen also sprichwörtlich „ von unten“.

BDSM wird im Dominastudio gelebt!

So viele Domina-Studios gibt es nicht. Denn es sind mehr Menschen als man denkt, die sich für die etwas härtere Gangart entscheiden. Zwar wissen viele SMler eine entsprechende Kulisse mit teilweise sogar bespielbarem Mobiliar durchaus zu schätzen. Das eigene Schlafzimmer ist für die meisten aber im wahrsten Sinne naheliegender. Und bei vielen Paaren wird es Nacht für Nacht zu jenem Raum, in dem die erotischen Grenzen für ein wunderbar sinnliches Erlebnis verschwimmen.

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