#DISNEY: „Love, Victor“

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Foto: Disney+ STAR

Mit schwulen Jungs kennt Ana Ortiz sich aus. In „Alles Betty“ (im Original: „Ugly Betty“) war sie vor 15 Jahren nicht nur die Schwester der Titelheldin, sondern auch die leidenschaftlich liebende Mutter des unverkennbar queeren Grundschülers Justin.

Nun zeigt die 50-jährige New Yorkerin in „Love, Victor“ als gläubige Katholikin, dass die Mutterliebe manchmal auch ein bisschen Zeit braucht, wenn der Sohn (gespielt von Michael Cimino) sich outet. Ab dem 23. Februar ist die erste Staffel des Serien-Ablegers der erfolgreichen Highschool-Komödie „Love, Simon“ in Deutschland bei Disney+ STAR zu sehen (genauso übrigens wie alle Staffeln „Alles Betty“). Die Dreharbeiten zur zweiten laufen bereits. Wir sprachen mit Ortiz dazu im Videotelefonat.

Ana, nach „Alles Betty“ spielen Sie in „Love, Victor“ nun schon zum zweiten Mal die Mutter eines queeren Kindes. Damit übernehmen Sie in gewisser Weise auch eine Art Vorbildfunktion, nicht wahr?

Die Mütter dieser beiden wunderbaren schwulen Söhne zu spielen gehört zu den größten Freuden meines Lebens. Gerade auch, weil diese beiden Frauen ja verschiedene Seiten des Spektrums zeigen und sehr unterschiedlich mit der Identität ihrer Jungs umgehen. Hilda erlaubte niemanden, Justin auch nur schräg anzusehen. Sie verteidigte ihn und sein Recht, er selbst zu sein, mit Leib und Seele. Isabel in „Love, Victor“ ist längst nicht so akzeptierend. Sie glaubt anfangs wirklich, ihr Sohn könnte in die Hölle kommen. Sie liebt ihn aus ganzem Herzen, hat aber fürchterliche Angst, was das Leben für ihn bereithält.

Foto: Disney+ STAR / D. Coulter

Bekommen Sie viele Reaktionen von Müttern, die sich in diesen Figuren wiedererkennen?

Oh ja, natürlich. Gerade auf Hilda sprechen mich die Leute immer noch an. Jeder liebte Hilda. Aber ich habe auch schon von Müttern gehört, die sich mit Isabel identifizierten und mir mein Beileid zum schwulen Sohn ausgesprochen haben. Die fanden, dass Isabel ihren katholischen Werten treu bleiben und Victor in Gottes Schoß zurückholen soll. Die werden enttäuscht sein, dass das natürlich nicht die Richtung ist, die unsere Serie einschlägt. Denn die zweite Staffel „Love, Victor“ wird noch deutlich schwuler, um es mal so auszudrücken, und Isabels Liebe zu ihrem Sohn zum Glück nicht kleiner. Und ich hoffe natürlich, dass auch diese Entwicklung die eine oder andere Mutter inspirieren und ihre Einstellung verändern kann.

In dieser Hinsicht ist eine Serie wie „Love, Victor“ auch im Jahr 2021 mehr als bloß eine nette Highschool-Geschichte?

Auf jeden Fall. Denn auch wenn es wie ein Klischee klingt: Repräsentation ist wichtig. Sich selbst bzw. Menschen, die sind wie man selbst, auf dem Bildschirm zu sehen, ist unglaublich wichtig. Und „Love, Victor“ ist da tatsächlich ziemlich einzigartig, weil es gleich in zweifacher Hinsicht Lebenserfahrungen zeigt, die man sonst nicht alle Tage in Serien zu sehen bekommt. Junge Menschen, die herausfinden, wer sie sind und was sie wollen, ist das eine. Für die ist es, wenn ich nach den Reaktionen vieler queerer Kids auf die Serie gehe, enorm hilfreich, jemanden zu sehen, der das gleiche durchmacht und auch nicht weiß, wie er mit seinen Eltern darüber sprechen soll. Aber zum anderen ist auch der Alltag einer puerto-ricanischen Familie im Fernsehen wirklich eine Seltenheit. Ich freue mich wirklich sehr, dass unsere Serie auf Diversität, Inklusion und Repräsentation in mehr als nur einer Hinsicht setzt.

Hat sich in dieser Hinsicht viel getan in den mehr als 20 Jahren.

Oh ja, einiges. Die Vielfalt an Geschichten und Gesichtern ist heute eine ganz andere als damals, das kann man null vergleichen. Aber wir können uns auf diesen Fortschritten nicht ausruhen, denn es ist nicht so, dass es ausreichende und umfassende Repräsentation in alle Richtungen gäbe. Und das sage ich als Latinx-Schauspielerin nicht nur mit Blick auf Diversität in Sachen Hautfarbe und Herkunft.

Sondern?

Auch diesbezüglich ist natürlich nach wie vor Luft nach oben. „Love, Victor“ ist beispielsweise, wie gesagt, eine von nicht einmal einer Handvoll Serien, deren zentrale Figuren Latinx sind. Aber zum Beispiel ist unsere Branche und das, wovon wir in Serien erzählen, auch immer noch ziemlich altersdiskriminierend. Geschichten mit Frauen über fünfzig Jahren im Zentrum sind beispielsweise auch eine Seltenheit. Auch in Sachen sozialer Herkunft wird diskriminiert: Wir lieben Shows über gut situierte bis reiche Familien, aber die Arbeiterklasse wird eher selten gezeigt. An allen diesen Fronten können und müssen wir noch arbeiten.

Eine letzte Frage noch zu Brian Tanen, dem schwulen Drehbuchautor und Produzenten, der einer der Showrunner bei „Love, Victor“ ist. Sie beide verbindet eine enge Beziehung, richtig?

Oh ja, nach „Alles Betty“ und „Devious Maids“ ist „Love, Victor“ schon unsere dritte gemeinsame Serie. Ich liebe diesen Mann und würde mit ihm durchs Feuer gehen. Wenn er an einem Writers’ Room beteiligt ist, weiß man als Schauspieler*in, dass man in guten Händen ist. Bei „Love, Victor“ gilt das mehr denn je, denn da werden wir von den Autor*innen enorm eingebunden. Das ist ein sehr bunt gemischter Haufen von Menschen, mit sehr verschiedenen Erfahrungshorizonten und Hintergründen, und wir können jederzeit Fragen stellen und Ideen einbringen. Im Zweifelsfall schicke ich auch mal nachts eine Textnachricht, wenn mir etwas auf dem Herzen liegt. Und Brian ist auch nie empfindlich, wenn man mal bei einem Dialog sagt: „Sorry, irgendwie klingt das so nicht authentisch.“ Im Gegenteil freuen er und die anderen sich immer über Input, schließlich wollen alle die Geschichte so wahrhaftig wie möglich erzählen.

*Interview: Patrick Heidmann

www.disney.de/love-victor

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