„Mary Poppins’ Rückkehr“ kommt Ende Dezember ins Kino!

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Foto: Disney / Mary Poppins

Wir sprachen mit dem US-amerikanischen Schauspieler Lin-Manuel Miranda, der im Film den Laternenanzünder Jack spielt.

Mr. Miranda, der Film von 1964 ist ein Klassiker des Kinos. Waren Sie sofort überzeugt von der Idee, mit „Mary Poppins’ Rückkehr“ nun eine späte Fortsetzung zu drehen?

Bedenken, dass das eine Schnapsidee sein könnte, hatte ich jedenfalls nicht, denn die Vision von unserem Regisseur Rob Marshall und seinem Ehemann und Produktionspartner John DeLuca gefiel mir auf Anhieb: Die wollten kein Remake, sondern wirklich die Geschichte von damals weiterspinnen. Abgesehen davon war ich natürlich vollkommen begeistert, dass mich überhaupt jemand fragte, in einem so großen Film mit von der Partie zu sein. Das war für mich als Theatermensch ja etwas ganz Neues. Es war aufregend, mich einmal auf etwas vollkommen anderes einzulassen. Und gleichzeitig spürte ich eine gewisse Sicherheit, weil Rob ja selbst vom Broadway kommt – und ich zumindest in Sachen Musical natürlich kein kompletter Neuling bin.

Foto: Disney / Mary Poppins

Marshall ist, was Kino-Musicals angeht, eine Klasse für sich, oder?

Ohne Frage! Mit „Chicago“ hat er schließlich eines der grandiosesten Leinwand-Musicals aller Zeiten inszeniert. Eigentlich muss man ja wirklich sagen, dass er zur falschen Zeit geboren worden ist. Stellen Sie sich mal vor, was Marshall in den Dreißigerjahren, dem goldenen Zeitalter der Hollywood-Musicals, alles hätte für Filme umsetzen können. Aber ganz verkehrt ist er in der heutigen Filmbranche ja zum Glück auch nicht. Schließlich gibt es in Hollywood ja dank „La La Land“, „The Greatest Showman“ und nun unserem Film auch eine Art Musical-Revival.

„Mary Poppins’ Rückkehr“ wurde vor Redaktionsschluss der Presse noch nicht komplett gezeigt. Was können Sie uns also über Ihre Rolle schon verraten?

Ich spiele Jack, einen Laternenanzünder, was ich als Metapher schon mal ganz wunderbar finde. Es wird impliziert, dass er früher mal ein Lehrling war von Bert, dem von Dick Van Dyke damals gespielten Schornsteinfeger. Im Grunde hat meine Figur in der Geschichte die gleiche Funktion wie er damals: Ich bin ein Freund von Mary Poppins und bei vielen ihrer Abenteuer mit den Banks-Kindern mit dabei.

Foto: Disney / Mary Poppins

Sie haben Ihre Musical-Erfahrung schon erwähnt. Haben die Filmemacher Sie entsprechend mit einbezogen, als es zum Beispiel bei „Mary Poppins’ Rückkehr“ um die Choreografien ging?

Man muss ja ehrlicherweise sagen: So toll in meinem Musical „Hamilton“ auch getanzt wurde, mit mir persönlich hatte das wenig zu tun. Als Hamilton stand ich da ja meistens nur herum und habe gerappt. Alles andere haben meine Kollegen übernommen – und natürlich unser toller Choreograf Andy Blankenbuehler. Entsprechend konnte und wollte ich da nun John DeLuca und Joey Pizzi nicht in ihre tolle Arbeit hineinpfuschen. Die beiden haben schließlich schon damals bei „Chicago“ gezeigt, was sie können. Aber ein klitzekleines bisschen konnte ich mich selbst dann schon einbringen, wie alle anderen auch. Denn wie alle tollen Choreografen haben die beiden sehr genau darauf geachtet, wo jeder Einzelne von uns seine Stärken hatte und uns auch mal selbst Dinge ausprobieren lassen. Darauf aufbauend haben sie dann die jeweiligen Szenen konzipiert. Nichtsdestotrotz war das verdammt harte Arbeit. Ich habe mir noch nie so sehr die Seele aus dem Leib tanzen müssen wie bei diesem Film.

Die Songs für den Film schrieb der legendäre Marc Shaiman. Kannten Sie ihn schon vorher vom Broadway?

Marc und ich waren uns in New York schon ein paar Mal begegnet, aber vor allem bin ich einfach zeitlebens ein riesiger Fan von ihm gewesen. Zum Beispiel schrieb er früher immer die Eröffnungsnummern für Billy Crystal, wenn der die Oscar-Verleihungen moderierte. Das war schon als Kind genau mein Ding. Ich habe diese Songs auswendig gelernt und am nächsten Morgen in der Schule gesungen: „It’s a wonderful night for Oscar, Oscar, Oscar. Who will win?“ Meine Mitschüler hielten mich für völlig bekloppt. Jahre später weiß ich noch, wie ich „Hairspray“ am Broadway gesehen habe. Ich ergatterte ein billiges Last-minute-Ticket für eine dieser Probeaufführungen, die am Broadway noch vor der offiziellen Premiere stattfinden. Ich hatte einen Stehplatz im ersten Rang – und neben mir stand Marc Shaiman, der noch bis zum letzten Moment Veränderungen an den Nummern vornahm. Lange Rede, kurzer Sinn: Bei „Mary Poppins’ Rückkehr“ nun mit ihm zu kollaborieren und seine Songs singen zu dürfen, war für mich das Größte!

Ihr eigenes Musical „In the Heights“, der Vorgänger von „Hamilton“, kommt demnächst auch ins Kino. Warum werden Sie die Verfilmung nicht selbst inszenieren?

Weil ich erst einmal noch sehr viel lernen muss. Ich weiß vielleicht ein bisschen was darüber, wie man ein Bühnenmusical schreibt. Aber davon, wie man einen Film macht, habe ich noch keine Ahnung. Die Regie wird bei Jon Chu in guten Händen sein, der kennt sich, dank der „Step Up“-Filme, mit Tanz aus und weiß als Sohn von Einwanderern auch inhaltlich, worum es bei der Sache geht. Ich freue mich schon, ihm am Set über die Schulter zu gucken, denn irgendwann will ich natürlich auch mal selbst Regie führen.

Vielleicht bei einer „Hamilton“-Adaption?

Schauen wir mal. Ich bin sicher, dass es eines Tages eine Filmversion geben wird, aber im Moment dreht sich für mich bei „Hamilton“ noch immer alles um die Live-Erfahrung. Darum, dass man als Zuschauer ins Theater geht und die Geschichte unmittelbar auf der Bühne erlebt. Das Stück läuft zurzeit am Broadway, in Chicago und in London, dazu kommen zwei Touren durch die USA und demnächst auch eine Produktion in Puerto Rico. Mein Baby wächst und wächst, es ist der Wahnsinn.

Foto: Disney / Mary Poppins

Seit Sie selbst dabei nicht mehr auf der Bühne stehen, haben Sie sich Ihre langen „Hamilton“-Haare abgeschnitten. Vermissen Sie die Matte manchmal?

Fuck no! Ich habe sie mir damals anderthalb Jahre lang wachsen lassen für die Rolle, und das war echte Hingabe meinerseits. Mehr als einmal war ich so genervt, dass ich die Schere schon in der Hand hatte. Vor allem, wenn ich im New Yorker Sommer darunter geschwitzt habe wie ein Tier. Als ich die Rolle dann abgab, war es eine enorme Genugtuung, endlich zum Frisör gehen zu können.

Zum Abschluss noch eine ganz andere Frage: Im Sommer verwendeten Sie auf Twitter eine Regenbogenflagge neben Ihrem Twitternamen. Warum eigentlich?

Das war im Pride-Monat und ich wollte einfach Solidarität zeigen und zum Ausdruck bringen, wie wichtig die LGBTQ*-Community für mein Leben ist. Ohne Schwule und Lesben gäbe es schließlich kein Musical-Theater, so viel kann man sicherlich ohne Übertreibung behaupten. Ich habe unglaublich viele Freunde in der Community, und gemeinsam mit ihnen sammele ich Geld für Organisationen wie Broadway Cares oder Equity Fights AIDS. Und vor allem kämpfen wir alle gemeinsam dafür, dass all die Fortschritte, die in den USA in Sachen gleicher Rechte gemacht wurden, unter der aktuellen Regierung nicht unter die Räder kommen.

*Interview: Jonathan Fink  

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