INTERVIEW: „Renfield“ – Neues von Graf Dracula

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Foto: Universal Pictures

Für einige ist Nicholas Hoult immer noch der niedliche kleine Junge aus der Nick Hornby-Verfilmung „About a Boy“. Dabei ist der Brite inzwischen 33 Jahre alt – und hat seit 2002 in zahllosen Rollen seine Vielseitigkeit hinlänglich bewiesen. Kürzlich sah man ihn neben Anya Taylor-Joy und Ralph Fiennes in „The Menu“, in den USA geht im Mai schon die dritte Staffel der fantastischen Serie „The Great“ mit Elle Fanning an den Start. Und im Kino spielt er nun die Titelrolle in der Action-geladenen Horrorkomödie „Renfield“, in den er als Mitarbeiter von Nicolas Cage alias Dracula zu leiden hat. Wir sprachen Hoult, der mit dem Model Bryana Holly liiert und Vater eines Sohnes ist, im Interview.

Nicholas, Dracula und sein Diener und Vertrauter Renfield, den Sie nun im gleichnamigen Film spielen, gab es in den vergangenen 100 Jahren in den verschiedensten Versionen auf der Leinwand zu sehen. Wie erklären Sie sich die anhaltende Begeisterung für diese Figuren? Ihr Geheimnis ist meiner Meinung nach, dass sie irgendwie für uns alle total nachvollziehbar sind und jeder irgendwie versteht, wie sie ticken. Ganz unabhängig von den übernatürlichen und mythischen Fantasy-Elementen, die dieser alten Geschichte natürlich immer innewohnen. Im Fall von Renfield meine ich dabei konkret diese komplizierte Gefühlslage, dass er einerseits enorme Reue für vergangene Entscheidungen empfindet und sich gefangen und unter Druck gesetzt fühlt, aber gleichzeitig natürlich Draculas Charme nicht widerstehen kann.

Foto: Noam Galai Getty Images for Universal Pictures

Haben Sie einen Lieblings-Dracula in der Filmgeschichte Ganz klar der Klassiker: Bela Lugosi! Und Dwight Frye ist in dem Film von 1931 auch mein Lieblings-Renfield. Ihn habe ich mir für meine Rolle auch tatsächlich nochmal ganz gezielt mehrfach angesehen. Bei den Dreharbeiten hatte ich nicht selten sein Lachen auf meinem Kopfhörer und versuchte dann, meine eigene Version davon immer mal wieder in meine Szenen einzubauen.

Sowie „Renfield“ es nun zeigt, ist das, was Dracula und Renfield verbindet, eigentlich nichts anderes als eine toxische, missbräuchliche Beziehung, aus der Sie gerne ausbrechen wollen, aber nicht können. Ziemlich starker Tobak für eine Horrorkomödie, oder? Ja, aber da ist schon etwas dran. Wobei die Sache weniger etwas von einer romantischen Beziehung hat als ganz klar von einem ziemlich schwer erträglichen Arbeitsverhältnis. Natürlich zeigen wir das alles sehr übersteigert und komödiantisch. Dracula ist wirklich eine Art Karikatur eines grauenvoll narzisstischen und manipulativen Bosses. Aber uns allen war wichtig, dass der Kern des Ganzen ein echt wichtiges, sehr reales und sehr bitteres Thema ist, das der Film nicht auf die leichte Schulter nimmt. Deswegen zeigen wir auch, wie viel Stärke ihm die Selbsthilfegruppe gibt und wie wichtig es ist, dass er jemanden wie die von Awkwafina gespielte Rebecca kennen lernt.

Mit Ihrem Kollegen Nicolas Cage standen Sie schon einmal vor der Kamera, genauer gesagt vor 18 Jahren für den Film „The Weather Man“. Wie war das Wiedersehen? Damals war ich 14 Jahre alt und Nic spielte meinen Vater. Das waren tolle Dreharbeiten, aber weil ich noch recht jung war, hatte ich ehrlich gesagt noch gar nicht so viele seiner teilweise ja legendären Filme gesehen. Ihn jetzt wiederzusehen und mit ihm noch viel intensiver zu arbeiten, wo ich ein viel besseres Verständnis davon habe, was für ein brillanter Schauspieler Nic ist, war das reinste Vergnügen. Ich hatte das Gefühl, dass ich wirklich noch einiges von ihm dazulernen konnte. Nicht nur, was seine Herangehensweise an die Rolle und die Szenen angeht, sondern auch durch die Art und Weise, wie professionell und freundlich er am Set auftrat und mit dem Team umging.

Sind Sie denn in Ihren Schauspiel-Methoden sehr unterschiedlich? Nicht unbedingt. Nic hat ja dieses Image, dass er immer unglaublich intensiv und vielleicht ein bisschen durchgeknallt ist, aber vor allem ist er jeden Tag verdammt gut vorbereitet. Aber am meisten mag ich ihn an ihm, dass er nie dogmatisch an irgendwelchen Ideen festhält, sondern immer total offen fürs Ausprobieren und Überraschungen ist. Für mich gibt es bei der Arbeit nichts Spannenderes, als wenn vor der Kamera etwas Unerwartetes passiert – und Nic bringt dafür genau die richtige Energie und Spontanität mit.  

Genau wie Cage, der aus der Coppola-Familie stammt, haben auch Sie verwandtschaftliche Bezüge zur Kino-Geschichte, nicht wahr? Naja, irgendwie ist das nicht so ganz sicher. Angeblich ist die legendäre britische Schauspielerin Dame Anna Neagle, die schon in den 1930er Jahren vor der Kamera stand, eine Großtante dritten oder vierten Grades von mir. Aber endgültig bestätigt hat mir das irgendwie noch niemand. Und das ist auch nichts, womit ich irgendwie aufgewachsen wäre oder was ich bei meinem Werdegang als Schauspieler je im Kopf gehabt hätte. Aber sollte dem wirklich so sein, wäre das natürlich toll!

Sie selbst begannen Ihre Karriere ja bereits als Kind, den Durchbruch hatten Sie als 12-jähriger mit „About a Boy oder: Der Tag der toten Ente“. Sieben Jahre später standen Sie für „A Single Man“ vor der Kamera und etablierten sich auch in erwachsenen Rollen. Wie erinnern Sie sich an diesen Film von Tom Ford? Vor allem erinnere ich mich noch daran, dass ich nicht wirklich eine Vorstellung davon hatte, was für ein Film das eigentlich werden würde. Ich nahm ein Casting-Video auf und bekam irgendwann den Anruf, dass Tom Ford mich zum Abendessen treffen möchte. Aber ehrlich gesagt hatte ich damals mit Mode nicht viel am Hut und hatte wirklich keine Ahnung, wer er eigentlich ist. Als ich seinen Namen bei der Internet Movie Database eingab, stand da nur, dass er einen Auftritt als er selbst in „Zoolander“ hatte, was ich etwas schräg fand. Und beim Essen erzählte er mir dann nur ganz bescheiden, dass er bislang in der Modebranche gearbeitet habe. Von seinen enormen Erfolgen sagte er nichts.

Waren Sie nervös, weil er noch keine Erfahrungen beim Film hatte? Dazu gab es keinen Anlass, denn das Drehbuch war atemberaubend gut geschrieben und man hatte sofort das Gefühl, dass da jemand am Werk ist, der genau weiß, was er will. Er war als Regisseur wirklich wunderbar, gar nicht zweifelnd oder verunsichert. Sowohl was die Emotionen der Geschichte als auch die ästhetische Umsetzung seiner Vision angeht, wusste Tom genau, worauf es ankommt. Außerdem war es natürlich ein Segen, gemeinsam mit einem Mann wie Colin Firth vor der Kamera zu sehen, der mit mir kaum ehrlicher und herzlicher hätte sein können. Ich denke wirklich gerne an die Arbeit mit ihnen zurück.

*Interview: Jonathan Fink


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