Erfolgreiches Comeback von REVOLVERHELD

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Foto: O. Heine

Eigentlich ist Johannes Strate gerade auf Tournee – mit seiner Band Revolverheld. Seinen konzertfreien Tag nutzt der Musiker nun, um Werbung für deren sechstes Album „Neu erzählen“ zu machen. Im Konferenzraum einer Finanzberatung in Hamburg-Hoheluft-Ost. Das Unternehmen gehört einem Freund des Sängers, der seinen Besuch selber an der Tür abholt.

Danach gibt es erst mal einen Cappuccino mit Hafermilch, bevor Johannes Strate bestens gelaunt anfängt, über die jüngste Platte zu reden. Die Worte sprudeln nur so aus ihm heraus. Der Albumtitel, das wird schnell klar, kommt nicht von ungefähr. Revolverheld, erläutert der 41-Jährige, seien immer dabei, sich neu zu erzählen: „Wir haben nicht diese Bon-Jovi-Macke. Nach dem Motto: Das funktioniert, also bringen wir zwanzigmal in Folge dasselbe Album und dieselbe Single raus.“

Die Hamburger wollen sich stetig weiterentwickeln. „Unsere Single ,Leichter‘ war ein Aufbruch zu neuen Ufern“, stellt Johannes Strate klar. Musikalisch lehnt sie sich stark an die Achtzigerjahre an, das gilt für die meisten „Neu erzählen“-Stücke. Woran das liegt, kann der Künstler ganz genau erklären: „Wir wurden alle 1980 oder einen Ticken früher geboren. Somit sind wir mit den Songs von a-ha, Toto und The Police aufgewachsen – sie sind quasi in unserer DNA.“

Das merkte man schon während der letzten Tournee. Damals strebten etliche Lieder in Richtung Eighties, selbst ältere Semester. „Freunde bleiben“ zum Beispiel wurde mit einem Synthesizer aufgemotzt. Das ebnete den Weg für neue Titel wie die Powerpop-Nummer „Abreißen“ oder das energetische „Irgendwann“. Allerdings klingt nicht unbedingt alles homogen. Schließlich waren diesmal gleich neun Produzenten am Werk. Unter anderem der Amerikaner Martin Johnson, der für das groovige „Na ihr wisst schon“ verantwortlich zeichnet. Es beschreibt einen nächtlichen Streifzug durch verschiedene Bars. Mit von der Partie ist dabei der US-Act The Night Game, dem Martin Johnson bekanntlich angehört.

„Keine Zeit“ wurde dagegen von Robin Grubert produziert, einem alten Kumpel der Band. Treibende Beats peitschen den Song voran, der sich mit einem Phänomen der Gegenwart beschäftigt: dem ewigen Gehetztsein. „Irgendwie haben die Leute generell zu viel zu tun“, grübelt Johannes Strate. In der Generation seiner Großeltern sei das noch anders gewesen: „Wenn sie mittwochs etwas Bestimmtes gemacht haben, dann war das eben so.“ Diese Philosophie ist längst überholt: „Heute heißt es häufig: ,Nee, du, ich habe keine Zeit.‘“ Schuld daran sei nicht zuletzt das Überangebot: „Man wird dauernd mit Fragen bombardiert wie ,Hast du die Serie schon geguckt? Hast du das Buch schon gelesen?‘ Auf allen Kanälen gibt es ein Dauerfeuer.“

Zuweilen wird das Johannes Strate zu viel. Zum Glück weiß er genau, wie er da gegensteuern kann: „Ich brauche dann einfach Zeit für mich alleine.“ Meist legt er sein Handy beiseite und geht eine Stunde spazieren – das spendet ihm Kraft. Er kann sich danach sagen: „Dahinten wird’s schon wieder hell.“ Dieser Satz stand Pate für einen Songtitel. Das gleichnamige Lied beschäftigt sich damit, wie man sich aus einem Tief selbst herausholen kann. Johannes Strate hat dafür ein Patentrezept: „Manchmal muss man sich an den kleinen Dingen hochziehen.“ Die Pandemie, räumt er ein, sei auch für ihn ein harter Schlag gewesen. Dennoch versuchte er, das Beste aus der Situation herauszuholen: „Wir sind jeden Tag eine Stunde später aufgestanden, weil das Homeschooling erst um 9 Uhr begann und nicht wie der reguläre Unterricht um acht.“

*Interview: Dagmar Leischow

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