MARK FORSTER: „Ich haderte ein wenig“

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Im Grunde ist Mark Forster ein wandelnder Widerspruch. Auf der einen Seite lässt er seine Fans in den Songs seines Albums „Musketiere“ ganz nah an sich heran, andererseits beantwortet der Sänger in Interviews grundsätzlich keine Fragen nach seiner Partnerin oder seinem Familienstand.

„Obwohl ich keine Lust habe, bei Frauke Ludowig zu sitzen oder meine Küche zu zeigen“, erläutert er, „möchte ich trotzdem absolut barrierefrei Musik machen.“ Wer also in seinen Liedern genau hinhört, realisiert ziemlich schnell: Der 38-Jährige scheint privat tatsächlich angekommen zu sein. In der Pianoballade „Daheim“ heißt es: „Freiheit ist Frieden.“ Diese Zeile, sagt der Wahlberliner, hätte auch der Songtitel sein können: „Ich bin ein sehr freiheitsliebender Typ und habe immer in der Ferne mein Glück gesucht. Meine neue Erkenntnis ist: Man kann Freiheit in sich selber finden – indem man Frieden und ein Zuhause findet.“

Ohne Zweifel genießt Mark Forster dieses Lebensgefühl nun in vollen Zügen. Er ist mit sich im Reinen, deswegen warf ihn die Coronakrise nicht komplett aus der Bahn. Er holte halt für sich das Beste aus dieser diffizilen Phase heraus. Als Künstler ebenso wie als Mensch. Weil die Lockdowns seine Konzertpläne durchkreuzten, nahm er alternativ ein Album auf. Und erkämpfte sich abseits des Rampenlichts ein Stück Normalität. „Ich bin fast zehn Jahre ständig getourt und hätte freiwillig nie so eine lange Pause gemacht“, räumt er ein. „Dabei hat es mir wirklich gutgetan, endlich mal über einen langen Zeitraum zu Hause zu sein.“

Offenbar profitiert Mark Forster in Sachen Liebe ebenfalls von dieser Beständigkeit. „Heute, morgen und übermorgen / An deiner Seite will ich sein“, singt er in „Übermorgen“: „In diesem Lied steckt ein bisschen Münchener Freiheit, aber auch ein bisschen Alphaville.“ Die Band aus Münster stand vor allem bei der Musik Pate, die Synthesizerklänge schlagen einen Bogen zu den Achtzigern. Den richtigen Sound zu finden, das war für Mark Forster dieses Mal gar nicht so leicht: „Ich haderte ein wenig mit der Deutschpop-Welt. Irgendwie hatte ich das Gefühl, dass sich da viele Sachen wiederholt haben.“ In der Konsequenz entschied der Sohn einer Polin und eines Deutschen, sich neu auszuprobieren. Mit einigen Gästen. Für das groovige „Drei Uhr nachts“ steht ihm die Sängerin Lea als Duettpartnerin zur Seite. „Kein Feature ist zum Selbstzweck auf der Platte“, stellt Mark Forster klar. „Alle erfüllen eine ganz wichtige Rolle.“ Für „Willst du mich“, das auf den Dancefloor lockt, engagierte er mit Bedacht Mathea: „Ich brauchte einfach eine Protagonistin, die auf das antwortet, was ich erzähle. Deshalb schildert Mathea die Dinge aus der Sicht der Frau.“ Außerdem verstärken zwei recht unterschiedliche Produzententeams Mark Forster. Kitschkrieg machten sich durch ihre Zusammenarbeit mit Trettmann oder Peter Fox einen Namen und verschreiben sich dem urbanen Deutschrap. Sie veredeln „Leichtsinn“ mit lässigen Beats. Vize lieben dagegen Slap House, daran lässt der Titel „Bist du okay“ nicht den geringsten Zweifel. „Der harte Techno symbolisiert für mich etwas“, erklärt Mark Forster. „Er ist wie ein Kampf mit sich selbst, ein Pochen im Kopf.“ So liegen Musik und Inhalt auf einer Wellenlänge. „Bist du okay“ handelt nämlich von einer Person, die depressiv ist. Sicher war es kein Zufall, dass dieser Song aus der Coronazeit hervorging: „Wer schon einen Hang zur Depression hatte, wurde durch das pandemiebedingte Alleinsein wahrscheinlich noch ein paar Meter zurückgeworfen.“ Dagmar Leischow

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