MEDINA KOMMT AUF TOUR

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FOTO: MARCO VAN RIJT

Medina ist keine gewöhnliche Sängerin. Sie ist die erfolgreichste dänische Solokünstlerin aller Zeiten und mit ihrer charakterstarken Stimme und groovigen Klubbeats seit langem eines der ungewöhnlichsten Phänomene der europäischen Musikkultur. Wir trafen Medina in Kopenhagen.

ES IST JETZT DREI JAHRE HER SEIT DEM RELEASE DEINES LETZTEN ENGLISCHSPRACHIGEN ALBUMS. WO WARST DU SO LANGE?

Mit dem Songschreiben ist das so eine Sache. Man kann sich nicht einfach hinsetzen und sagen: „So, jetzt schreibe ich ein neues Album.“ Der ganze Schreibprozess hat zwei Jahre gedauert. Manchmal arbeite ich auch an einem Song in Englisch, und dann kommt plötzlich ein dänischsprachiger Song dabei heraus. Die Zeit vergeht wie im Flug – ganz besonders, wenn man in zwei Sprachen arbeitet. Meine deutschen Fans waren übrigens in den letzten Jahren eine ganz wichtige Motivation für mich. Sie haben mir immer wieder geschrieben und mich gefragt, wann denn endlich neue Musik kommen würde. Manchmal habe ich das Gefühl, sie würden nichts anderes tun, als mit mir zu chatten. (lacht) Die deutschen Fans sind sehr loyal.

WAR DAS LIEDERSCHREIBEN FÜR DICH SCHON IMMER ETWAS, DAS DIR IN DEN SCHOSS GEFALLEN IST, ODER KANN ES AUCH SCHON MAL IN ARBEIT AUSARTEN?

Wir wollten wirklich nur die besten Songs für dieses Album und es war tatsächlich harte Arbeit, die zu finden. Ich bin um die ganze Welt gereist und habe mich mit Produzenten und Songwritern getroffen. Manche Songs schüttelst du einfach aus dem Handgelenk, andere verlangen nach viel Geduld. Ich hatte zum ersten Mal keine echte Deadline. Das gab mir die Gelegenheit, schlechte Songs zu schreiben, um dann später Platz zu machen für die guten.

DU BIST EINER DER ERFOLGREICHSTEN ACTS DÄNEMARKS. WENN ES UM MUSIK AUS SKANDINAVIEN GEHT, DENKEN DIE LEUTE MEIST AN SCHWEDEN, AN ROXETTE, ACE OF BASE ODER ABBA. WIESO, GLAUBST DU, HÄLT SICH DIE DÄNISCHE MUSIKSZENE NOCH IMMER IM SCHATTEN SCHWEDENS AUF?

Die Dänen haben sich ganz schön Zeit gelassen, das stimmt, aber so langsam kommt die Musikszene in Fahrt. Außerdem sind wir gerade einmal sechs Millionen Menschen in Dänemark – winzig im Vergleich zu Schweden. Trotzdem haben wir jede Menge talentierter Künstler. Schwedische Musik klingt of gleich, die Dänen haben da schon einen eigenwilligeren Stil.

JETZT WO DU DICH FEST IN DER WELT DER MUSIK ETABLIERT HAST: WIE UNTERSCHEIDET SIE SICH VON DER, DIE DU DIR ZU BEGINN DEINER KARRIERE ERTRÄUMT HAST?

Die Frage ist nicht ganz einfach zu beantworten. Hättest du mich vor fünf Jahren gefragt, hätte ich sicher anders reagiert als heute. Zu Beginn meiner Karriere dachte ich, ich wüsste, worauf ich mich einlasse. Aber als es dann tatsächlich so weit war, dass mich die Leute auf der Straße erkannt haben, musste ich feststellen, dass ich absolut keine Ahnung hatte. Ich lege viel wert auf meine Privatsphäre, heute mehr als noch vor fünf Jahren. Wenn ich aber auf dem Weg zu einem Gig bin oder einen TV-Auftritt habe, dann bin ich Medina die Künstlerin und es fällt mir leichter, mit dem Rummel um meine Person umzugehen. Abgesehen davon halte ich mit meiner Meinung nicht hinter dem Berg. Wenn mir etwas nicht passt, dann sage ich das auch. Mein großes Mundwerk hat mich schon oft in brenzlige Situationen gebracht. (lacht)

WIE UNTERSCHEIDET SICH DAS NEUE ALBUM VON DEINEN LETZTEN BEIDEN INTERNATIONALEN ALBEN?

Meine Songs sind schon immer sehr persönlich gewesen. Wenn du dir meine Musik anhörst, weißt du ganz genau, wo in meinem Leben ich mich gerade befunden habe, als ich das Lied geschrieben habe. Wie die anderen beiden Alben ist auch das neue eine Art Auszug aus meinem Tagebuch. Der Unterschied ist, dass seit meinem letzten internationalen Album drei Jahre vergangen sind.

Für mich war es schon immer wichtig, dass ich in meiner künstlerischen Freiheit nicht beschnitten werde. Wenn ich also ins Studio gehe und an diesem Tag das Gefühl habe, ich würde gern einen Country-Song aufnehmen, dann muss das in Ordnung sein. Klar ernte ich dann erst einmal erstaunte Blicke, aber am Ende des Tages sind es genau diese spontan entstandenen Lieder, die Hits werden.

ZUM TITEL „WE SURVIVE“ PASST DIESE SITUATION JA GANZ GUT.

(lacht) Ich habe es überlebt, ja!

WIE DENKST DU DENN ÜBER SÄNGER UND SÄNGERINNEN, DIE EIGENTLICH NICHTS

FOTO: MARCO VAN RIJT

MEHR SIND ALS POSTERFIGUREN UND DIE MIT DEM KREATIVPROZESS IM GRUNDE NICHTS ZU TUN HABEN?

Es wäre Zeitverschwendung, sich darüber aufzuregen. Klar denke ich manchmal: „Es kann doch nicht sein, dass ich Herz und Seele in meine Arbeit stecke und andere mit weniger mehr Erfolg haben.“ Am Ende des Tages kann ich aber mit dem guten Gewissen zu Bett gehen, mein eigenes Ding zu machen. Mein Label gab es zu Beginn meiner Karriere noch gar nicht. Das mussten wir erst gründen, weil mich niemand unter Vertrage nehmen wollte. Heute brennen die Leute darauf, mit uns zusammenzuarbeiten – und darauf bin ich sehr stolz.

APROPOS DEUTSCHLAND: WIE GUT KENNST DU DICH EIGENTLICH IN DER DEUTSCHEN MUSIKSZENE AUS?

Xavier Naidoo mag ich sehr gerne. Ich habe ihn mal „Ich kenne nichts (das so schön ist wie du)“ performen sehen. Ich habe zwar kein Wort verstanden, aber der Auftritt hat mich total ergriffen. Bei der Goldenen Henne ist mal eine Sängerin mit einem glänzenden Mikrofon aufgetreten. Ich glaube, die ist in Deutschland ziemlich beliebt. Ich kenne aber ihren Namen nicht.

ICH GLAUBE, DU SPRICHST VON HELENE FISCHER. GIBT ES SONST NOCH DEUTSCHE KÜNSTLER, DIE DICH BEEINDRUCKT HABEN?

Ich wollte mal einen Song mit Tokio Hotel aufnehmen. Ich mag die Stimme von Bill und seinen Style.

•Interview: Felix Just

Medina: We Survive Tour, 14.11. Hamburg: Docks, 15.11. Berlin: Huxley’s, 16.11. Köln: Live Music Hall, 17.11. Stuttgart: Im Wizemann, 18.11. München: Muffathalle, 19.11. Frankfurt: Batschkapp, www.medinamusic.dk

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