MILEY CYRUS: „Niemand muss sich festlegen“

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„Mein Leben ist eine Reise“, sagt Miley Cyrus in ihrer einmalig tiefen und nach Whiskey klingenden Stimme. „Ich weiß nicht, wo es hingeht.“ Möchte sie auch nicht. „Meine Botschaft ist: Niemand muss sich festlegen.“

Foto: Sony Music

In „Malibu“, der Single mit dem herzig-putzigen Miley-läuft-durch-die-Wiese-Video, singe sie ja auch, dass sie vor drei Jahren nicht im Traum geglaubt hätte, heute so einen Song zu schreiben, so ein verträumtes Liebeslied. „Aber in meinem Kopf passt es völlig zusammen, dass ich vor zwei Jahren eine krasse Alternative-Platte mit den Flaming Lips gemacht habe und jetzt Jeans und T-Shirt trage wie alle anderen auch. Wer weiß, vielleicht komme ich ja morgen als Einhorn.“

Heute kommt sie erstmal als Unschuld. Nur der freie Bauchnabel, mitsamt Piercing, ist ein wenig keck. Ansonsten reibt man sich die Augen: Ganz in Weiß begrüßt uns Miley zum Interview in einem New Yorker Luxushotel nahe dem Central Park. Die 24-Jährige trägt eine weiße Anzughose, ein cremeweißes, bauchfreies Spitzen-Top – und eine weiße Schleife im Haar. Harmlos sieht sie aus, fast lieb. Ist das noch die Miley Cyrus, die vor gut drei Jahren nackt auf einer Abrissbirne ritt (im Video zu „Wrecking Ball“), häufiger unbekleidet als angezogen in der Öffentlichkeit auftauchte und auf der Bühne sogar mal einen Joint rauchte? Ja. Miley, die vor zehn Jahren durch die Serie „Hannah Montana“ berühmt wurde, hat sich wieder einmal neu erfunden: als ganz normales All-American Girl. Hat sie keine Lust mehr zu schocken? „Darum geht es nicht. Alle dachten, ich sei verwirrt oder nicht mehr ganz dicht. Aber das stimmt nicht. Ich wusste immer absolut, was ich tue.“ Miley wirkt reflektiert, wenn sie spricht, klug. „Ich wollte nicht schockieren, ich wollte nur zeigen, dass alles möglich ist. So bin ich in der Schule schon gewesen. Ich war in der Baseball-Mannschaft UND ich war eine Balletttänzerin. Ich habe es nie verstanden, warum die Menschen in kleine Kisten gepackt und dort drin hocken bleiben sollen. Jeder Mensch verändert sich. Aber du bleibst doch immer du selbst.“

Zum Stilwechsel passt auch die Musik auf ihrem neuen Album „Younger Now“. Wie schon im von Folk und Country beeinflussten „Malibu“ angedeutet, setzt Cyrus nun auf ruhigen, handgemacht klingenden, melodischen Pop. Eine Rückkehr zu den Wurzeln, wuchs sie doch mit Country-Pop-Vater Billy Ray Cyrus („Achy Breaky Heart“) auf einer Farm in Nashville auf. „Andererseits hatte ich immer schon Country-Elemente in meinen Liedern, auf meinem Album ‚Bangerz‘ gibt es zum Beispiel den Song ‚Maybe You’re Right‘, der an die Dixie Chicks erinnert. Eigentlich gibt es aber gar kein Genre für meine Musik. ‚Younger Now‘ ist nicht Pop, nicht Country, nicht Indie-Rock. Mit meinen Liedern ist es im Grunde genauso wie mit mir selbst.“

Seit sie vor zehn Jahren die Hauptrolle in der Disneyserie „Hannah Montana“ spielte, ist die mit Schauspieler Liam Hemsworth nach vorübergehender Trennung nun wieder glücklich liierte Miley ein Superstar. Mit Liam, Hunden, Katzen, Schweinen und Pferden lebt sie nun, genau, in Malibu, arbeitet auch als Coach bei „The Voice“ und wirkt immer ein wenig so, als habe sie noch große Pläne für ihr Leben. Vielleicht landet sie eines Tages gar in der Politik. „Ich habe im Rahmen meiner Jugendstiftung ‚Happy Hippie‘ die Kampagne ‚#HopefulHippies‘ gestartet“, sagt sie ernsthaft, „mit dem Ziel, junge Menschen politisch zu aktivieren. Es ist jetzt wichtig, dass jeder Einzelne seiner Verantwortung gerecht wird und dazu beiträgt, dass wir eine offene, tolerante, auf Liebe und Respekt basierende Gesellschaft bleiben.“

*Steffen Rüth

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