INTERVIEW MIT DEM AMTIERENDEN MR. GAY EUROPE

Jetzt ist es wieder soweit, der „Mr. Gay Europe“ 2008 wird gewählt. blu sprach mit Jackson Netto, dem Sieger 2007 über sein Jahr als „Mr. Gay Europe“.

WAS FÜR AUFGABEN HATTEST DU ALS „MR. GAY EUROPE“ WAHRZUNEHMEN?

Die „Mr. Gay Europe Assoziation“ beschreibt die Rolle und Aufgabe von „Mr. Gay Europe“ als ein Repräsentant der schwulen Männer mit Vorbildfunktion. Ich würde mich aber nicht als ein Vorbild beschreiben. Ich habe wie jeder andere Mensch meine guten und schlechten Seiten und bin keineswegs perfekt. Meine Aufgabe sehe ich darin, soweit es geht, Gutes für andere zu tun.

Als ich ein Teenager in Indien war, fühlte ich mich unsicher und verwirrt über meine Sexualität. Auch bei uns finden es viele Jugendliche schwer, wenn sie entdecken, dass sie anders sind. In dem ich mein Gesicht zeige und mich zu meiner Homosexualität bekenne, möchte ich diesen Menschen Mut geben, zu sich zu stehen und stolz darauf zu sein, wer sie sind.

Der Titel und das Image des „Mr. Gay Germany“ und „Mr. Gay Europe“ sollte für karikative Zwecke genutzt werden. Dies möchte ich auch gerne noch später nach Abgabe meiner Krone weiterhin machen. In 13 Länder wird Homosexualität immer noch unter Strafe gestellt. In unzähligen Ländern wird das Recht auf die gleichgeschlechtliche Ehe verweigert. Jeder kleine Schritt der dabei hilft, all diese Ungerechtigkeiten zur Geschichte zu machen, ist ein Ziel, das ich verfolge.

Ebenso habe ich bei der „International Mr. Gay 2008“-Wahl in Hollywood Deutschland vertreten. In Dublin war ich zu der „Mr. Gay Ireland 2008“-Wahl eingeladen, wo ich ein Jurymitglied war. Es war eine interessante Erfahrung, dieses Mal nicht einer der Teilnehmer zu sein, sondern die Wahl von einer ganz anderen Perspektive zu betrachten. Dann gab es noch Situationen, bei denen ich Stellungnahmen zu schwulen Belangen abgeben musste: Auftritte in der Öffentlichkeit, Fotoshoots, Interviews mit Presse und Radios, Einladungen zu Events usw.

GAB ES DINGE, DIE DIR WENIGER FREUDE GEMACHT HABEN?

Nach dem Gewinn des Titels war es wie ein Sprung ins kalte Wasser. Ich hatte weder die richtigen Kontakte, noch wusste ich, an wen ich mich wenden sollte. Die meisten Nachfragen und E-Mails an die Organisationen und Zeitschriften blieben unbeantwortet oder man zeigte kein Interesse an einer Zusammenarbeit. Ich hatte mir da schon etwas mehr Unterstützung von allen Seiten erhofft. Die schlechteste Erfahrung sammelte ich mit Terry George, dem „Mr. Gay“-Produzent aus Großbritannien, der sein Wort nicht einhielt und sich sogar respektlos und unverschämt verhalten hat. Ich sehe das alles als eine Erfahrungs-Bereicherung. Der Glaube, bloß weil man einen Titel hat, wird man auf den Händen getragen, ist falsch. Auch hier heißt es: sich durchboxen!

HILFT DER TITEL EIGENTLICH BEI DER KARRIERE?

Ich persönlich sehe die Erfahrungen die ich durch den Titel sammeln konnte als eine Bereicherung in all meinen Lebenslagen- für jetzt und auch für später an. Es ist eine „once in a life time experience“ und ich hatte das Glück gewählt zu werden. Es ist die Arbeit von vielen Menschen, die es uns heute ermöglicht, sorgenlos zur eigenen Sexualität zu stehen und das Leben so zu gestalten, dass es einen glücklich macht. Dieses Glück ist leider nicht jedem gegeben. Es gibt einige, die wegen ihrer Sexualität Herausforderungen im Alltag überwinden müssen, auch wenn es uns im Großen und Ganzen nicht so schlecht in Deutschland geht. Aber gleichzeitig erkennen wir, dass es noch viel zu tun gibt, dass niemand für sein Anderssein leiden oder sich dafür schämen muss. Es ist Schade, dass wir es, bei all den Informationen, die uns heute zur Verfügung stehen, immer noch nicht geschafft haben, Vorurteile aus der Welt zu schaffen und den Menschen so zu akzeptieren, wie er ist. Diese Aufgabe habe ich mir zu Herzen genommen. Ich möchte so weit es geht, meinen Anteil dazu beitragen, damit diese verwirklicht wird, getreu eines meiner Lieblingsmottos von Mahatma Gandhi: „Sei die Veränderung, die du dir für diese Welt wünschst."

•Interview: Michael Rädel

Internet: MR. GAY EUROPE

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