Ludwig Obst „will nach dem Sex einfach schlafen“

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Foto: Andrea Gålad

Foto: Andrea Gålad

Der gebürtige Münchner und Wahlberliner Ludwig (25) ist nicht nur knackig wie sein Nachname, sondern war auch schon der Spaßvogel Papageno in Mozarts Zauberflöte, singt lieber am Bahngleis als unter der Dusche und will nach dem Sex einfach schlafen.

DEINE KARRIERE BEGANN IM TÖLZER KNABENCHOR. WELCHE ERINNERUNGEN HAST DU NOCH DARAN?

Am meisten erinnere ich mich an die Konzertreisen und Auftritte. Die musikalische Grundausbildung, das Stilgefühl und die Bühnenerfahrung sind natürlich positive Nebeneffekte gewesen. Nach dem Stimmbruch und eigentlich erst mit Beginn meines Gesangsstudiums habe ich angefangen, diese Dinge zu reflektieren. Die Stimme und der Körper entwickeln sich ständig weiter. Man lernt eigentlich, ein zweites Mal zu singen, und das kann mühsam sein. Da hilft nur Geduld.

HEUTE HAST DU DEN STIMMBRUCH LÄNGST GEMEISTERT UND SINGST ALS BARITON. AUCH UNTER DER DUSCHE? AUCH NACH DEM SEX?

Unter der Dusche singe ich lustigerweise nie. Das liegt aber vielleicht daran, dass ich morgens meistens spät dran bin. Dafür ertappe ich mich oft dabei, dass ich zum Beispiel beim Auf-die-Bahn-Warten vor mich hin singe, was sogar in Berlin manchmal für irritierte Blicke sorgt. Die Laute beim Sex würde ich eher nicht als klassischen Gesang definieren, und danach will ich meistens nur schlafen.

DU WARST ZULETZT IN LONDON. WAS HAST DU DORT GETRIEBEN?

Ich habe ein Jahr in London studiert, bin auf eine renommierte Schule gewechselt, musste aber schnell einsehen, dass ich mich dort nicht wirklich wohlfühle. Es ist sehr teuer und eng. Das Geld ist der dominierende Faktor jedes Handelns dort und bestimmt auch die Kunstszene. Kunst wird – sehr viel mehr als in Berlin – nach ihrem Geldwert beurteilt. Es geht mehr um Vermarktung als um künstlerische Eigenständigkeit und Hinterfragen. Ich habe Berlin sehr vermisst, vor allem meine Freunde, meine Wohnung im Nordkiez, das Nachtleben, die Entspanntheit, die ganz verschiedenen Lebens- und Denkweisen, die Offenheit und der Experimentierwille, auch in der Kunst-, Musik- und Theaterszene. Ich fühlte mich ziemlich eingeengt und bin deswegen nach einem Jahr wieder zurückgekehrt.

AUF WELCHER BÜHNE KANN MAN DICH ALS NÄCHSTES SEHEN UND HÖREN?

Diesen Sommer trete ich mit dem befreundeten Ensemble „Kamerata Obskura“ bei zwei Techno-Festivals auf, die ihr Angebot erweitern und den Besuchern ein klassisches Konzert bieten wollen. Mit demselben Ensemble trete ich auch regelmäßig in Klubs wie dem Kater Blau auf. Es ist mir ein großes Anliegen, klassische Musik jungen Hörern nahezubringen und sie an unüblichen Orten aufzuführen. – Danach steht mit dem Ensemble „I Confidenti“ in Berlin und Umgebung ein szenisches Projekt mit Musiken von Monteverdi und Schütz an. Und in der Zwischenzeit bereite ich mich auf Vorsingen vor. Das, was man als junger Sänger halt so macht …

*Interview: Dennis Stephan

www.ludwigobst.de

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