YOGA – DER MÄNNLICHE WEG

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Wer in Frauenzeitschriften schaut, bekommt leicht den Eindruck Yoga sei etwas, bei dem sich alle umarmen und lieb haben. Etwas Entspannendes, mit leiser Musik und ein wenig Bewegung. Es wird gesungen und meditiert und ab und zu verknotet. Dabei posiert meistens eine Frau im Lotussitz mit in mystischen Symbolen verschränkten Fingern. Doch Yoga ist viel mehr als das vor allem für Männer.

DIE ZÜGEL IN DER HAND

Tatsächlich beträgt der Anteil der Frauen an Yogalernenden und Yogalehrenden etwa 80 Prozent. Wenn vornehmlich Frauen lehren und praktizieren, bekommt Yoga zwangsläufig sowohl physisch als auch psychisch eine sehr weibliche Note. Dabei haben Frauen und Männer nicht nur einen unterschiedlichen Körperbau, sie denken auch verschieden und haben unterschiedliche Bedürfnisse, wenn es um körperliche und geistige Aktivitäten geht.

Yoga wird übersetzt mit Zügel, Joch, Kontrolle, Arbeit oder Einheit. Letzteres ist die häufigste Übersetzung des Wortes. Einheit klingt weich und angenehm nach Harmonie und Ruhe, sie bezeichnet aber eher das Ziel des Yoga als den Weg. Die körperlichen Effekte, die Yoga hervorbringt, sind beachtenswert. Hauptsächlich ist es aber die Arbeit mit dem Geist und dem Herzen, die Yoga von Gymnastik und Sport unterscheidet.

Yoga ist eine Technologie, die sich über tausende von Jahren entwickelt hat. Es ist eine Anleitung, die es dem Menschen erlaubt, das gesamte wundersame Potenzial zu erschließen, das die Natur und die Evolution in Körper, Geist und Seele angelegt haben. Der Körper wird schöner und gesünder, Fett weicht straffen, geschmeidigen Muskeln, die Arbeit der Organe verbessert sich und alte, chronische Leiden erfahren Linderung. Die Haut bekommt einen gesunden Schimmer und die Augen fangen wieder an zu strahlen.

VERBINDUNG VON KÖRPER & GEIST

Der Prozess des Yoga lässt sich definieren als die Kontrolle und Steuerung unserer Sinne und Instinkte durch den Verstand. Yoga, wie heute im Westen bekannt ist und praktiziert wird, zählt hauptsächlich zu der Kategorie Hatha Yoga. Hatha wird übersetzt mit Kraft, Macht, und Gewalt. Das Hatha Yoga nutzt dafür zwei grundsätzliche menschliche Fähigkeiten: Die Fähigkeit, willentlich physischen Stress zu erzeugen, sowie die Fähigkeit, damit bewusst und kontrolliert umzugehen. Ziel ist es, sich trotz des physischen Stresszustandes geistig-mental zu entspannen. Fast jede Yoga-Übung beinhaltet die zwei Grundelemente der äußeren Anspannung und der inneren Entspannung. Am meisten verwendet werden bei der Anspannung die Dehnung großer Muskelgruppen und Gelenke mit besonderem Augenmerk auf die Wirbelsäule. Intensive Dehnung und Anspannung erzeugen mächtige Signalwellen im Nervensystem, die unser Gehirn als Schmerz interpretiert.

Äußerlich angespannt stellt man sich im Innern ruhig und gelassen der Herausforderung. Wir entspannen uns innerlich immer weiter und weiter. Während der Körper äußerlich ein Höchstmaß an Stress erfährt, arbeitet im Inneren pulsierende Nervenenergie. Diese wird so lange transformiert, bis trotz körperlicher Anspannung ein ausgeglichener Zustand entsteht. Die dabei aufzubringenden Energiemengen sind enorm. Alle Gedanken lösen sich in dem Prozess, der Anstrengung Herr zu werden, auf. Der Kopf ist leer, die Muskeln entspannt, der Geist ruht in seiner Mitte. Ein Gefühl von zunehmender Gelassenheit ist meist das Erste, was sich durch regelmäßige Übung einstellt. Die zusätzliche geistige Energie, die man mit fortschreitender Yoga-Praxis spürt, kommt zum großen Teil von der Gelassenheit, die das Leben zunehmend durchdringt. Dieser Prozess setzt eine große Menge Energie frei, die sonst ständig gebunden ist durch Sorge, Ärger und Angst. Die Zeit, die damit vertan wurde sich zu ärgern, zu sorgen oder vor irgendetwas zu fürchten, wird mithilfe von Yoga langfristig in andere Aspekte des Lebens fließen und es bereichern.

YOGA ERZEUGT WEISHEIT

Weisheit wird in der Katha Upanishad, einem 2500 Jahre alten yogischen Text, als die Fähigkeit beschrieben, das Angenehme von dem Guten zu unterscheiden und auch danach zu handeln. Viele Entscheidungen, die wir in unserem Alltag treffen, sind nicht gut für Körper, Geist oder Seele. Möglicherweise sind es nicht einmal bewusste Entscheidungen, sondern eingeschlichene Gewohnheiten. Durch Yoga können diese Verhaltensweisen im Alltag durchleuchtet und wieder unter Kontrolle genommen werden. Die meisten Menschen sehnen sich nach Glück und Zufriedenheit. Glück ist für jeden etwas anderes und immer subjektiv, aber wenn man sich die Situationen anschaut, die in Zufriedenheit oder Unzufriedenheit enden, so entdeckt man, dass es immer die Differenz zwischen Wollen und Können ist, die das endgültige Ergebnis bestimmt. Wenn wir mehr wollen als wir können, entsteht Unzufriedenheit und erst, wenn wir mehr können als wir wollen, entsteht Zufriedenheit.

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