„Kult kann man nicht erzwingen“

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Foto: Sven Klügl

„ 60 Jahre und kein bisschen leise“ – das ist nicht nur der Titel von Bäppis Geburtstagsshow, sondern auch das Motto von Thomas Bäppler-Wolf.

Seinen Travestie-Avatar „Bäppi La Belle“ hat er in der Klamottenkiste verschwinden lassen und sein Theatrallalla-Theater musste 2019 dem geplanten Bauprojekt „Günthersburghöfe“ weichen. Shows gibt es trotzdem, Bäppi spielt Theater, ist als Stadtführer und Autor unterwegs und obendrein bereits in seiner zweiten Legislaturperiode als Frankfurter Stadtverordneter tätig.

Am 26. Dezember war eine große Geburtstagsshow in der Alten Oper Frankfurt geplant; sie ist aus Pandemiegründen auf den 12. Juni 2022 verschoben. Wir haben Bäppi zum Gespräch getroffen.


Bäppi, einmal in der Alten Oper aufzutreten war ein lang gehegter Traum, oder?

Ja, das stimmt. Ich habe das 20-jährige Jubiläum des Theatrallalla 2013 im Amphitheater Hanau gefeiert und das 25-jährige 2018 im Offenbacher Capitol. Und jetzt wo es das Theater nicht mehr gibt, dachte ich, zum meinem 60. Geburtstag passt die Alte Oper doch ganz gut für ein Jubiläumskonzert. Und sowas wie die Alte Oper mietet man jetzt auch nicht jede Woche …

Foto: Archiv Thomas Bäppler Wolf

Wie wird die Show aussehen?

Wie immer ist Gabriel Groh mit seiner Band live dabei. Und es gibt Songs und Lieder von Shirley Bassey über Peter Maffay und Peter Alexander bis zu Udo Jürgens und Frank Sinatra, alles ist dabei.

Aber du bist solo auf der Bühne?

Ja, ich ganz alleine auf der Bühne des ehrwertigen Mozartsaals der Alten Oper Frankfurt! (lacht)

Was ist eigentlich aus der Idee geworden, ein neues Theatrallalla zu eröffnen?

Es gab Pläne dafür auch, die waren auch sehr gut, aber die haben sich durch Corona um mindestens zwei, drei Jahre oder länger verschoben. Und ob der Bauherr dann noch Interesse dran hat, muss man halt gucken. Auf der anderen Seite bin ich dann vielleicht 66. Also, mit 66 Jahren fängt das Leben ja an, aber ob ich dann noch mal von vorne anfangen und ein Theater aufmachen will, weiß ich nicht. Ganz ehrlich: Ich mache drei Kreuze, dass ich das Theater vor Corona zugemacht habe, Als hätt‘ ich‘s geahnt. Ich müsste eigentlich jeden Tag eine Kerze anzünden und dem Herrgott danken, dass ich damals diese Eingebung hatte.

Naja, ihr musstest ja aus dem Gebäude raus, weil es abgerissen werden sollte?

Ja, aber jetzt wird da eh nicht gebaut. Wir hätten also auch drin bleiben können. Aber ganz ehrlich: Heute gehe ich zum Veranstaltungsort, mach meine Show und geh wieder heim. Ich muss nicht putzen, ich muss nichts aufräumen, ich muss kein Klopapier in der Metro kaufen. Ich glaube, ich möchte das auch nicht mehr.

Du machst immer noch deine regelmäßigen Shows?

Ja, zurzeit im „Zum Rad“ in Seckbach, die haben einen schönen Saal. Das läuft wunderbar, aber ich toure auch ein bisschen rum, ich bin auch mal zwischendurch in Nieder-Wöllstadt, dann bin ich mal in Mainz …

Meine neueste Show heißt „ Es will mer net in de Kopp enei, wie kann nur e Mensch net von Frankfort sei!“, also viel mit Hessen-Kolorit. Natürlich kann man das, was in den letzten zwei Jahren mit Corona passiert ist, in einer Show auch wunderbar aufarbeiten. Und was ich auch festgestellt habe: Ich kann die alten Witze wieder erzählen. Die haben alle inzwischen vergessen. (lacht)

Und du bist seit einigen Jahren als Stadtverordneter auch politisch aktiv?

Ja, das ist genauso schön wie im Kabarett.

Das heißt, du musst jetzt auch gar keine Entscheidung treffen, ob du weiter Shows machst oder mehr in der Politik tätig wirst?

Nein, ich mache beides. Das ist ja das Schöne. Und auf der Bühne kann ich Sachen sagen, die ich im Plenarsaal nicht sagen kann. Auf der Bühne bin ich auch herrlich unkorrekt wie immer. (lacht)

Und die La Belle aufgegeben zu haben bereust du nicht?

Es war eine gute Entscheidung, die Fummel aufzugeben. Ich mache meine Shows heute als Bäppi, so wie ich bin, mit Hemd, Hose und Bembelmütze auf dem Kopf. Und das Schöne ist: Die Leute akzeptieren mich auch ohne Fummel. Es gibt so viele dramatische Kolleg*innen, die heute immer noch auf der Bühne stehen, wo ich denke, die hätten früher aufhören sollen.

Und ich sage dir ganz ehrlich: Ich vermisse es nicht! Aber das ist bei mir so. Ich war Präsident beim Deutschen Tanzlehrerverband und bin dann zurückgetreten und habe mich seitdem da nie wieder reingehängt. Und was die Fummel angeht … sowas wie Mary war ich ja nie. Ich habe Liza Minelli, Marlene Dietrich, Hildegard Knef gemacht. Ich hab sie alle gemacht. Und für Rihanna und wie die Neuen alle heißen, bin ich zu alt. Da kommt jetzt der Nachwuchs hinterher. Wobei ich denen sage, die sollen erst mal eine Zweieinhalbstundenshow auf die Beine stellen, und dann reden wir weiter.

Wie ist das mit dir und deinen Entwicklungen? Planst du die Veränderungen?

Nein, die kommen einfach. Die entstehen. Wenn es passiert, dann passiert‘s. Das war schon immer so. Ich wäre zum Beispiel von selbst nie auf die Idee gekommen, Stadtführungen zu machen. Ein Freund hat mich angesprochen, ob ich nicht Lust hätte, eine Gruppe durch die Neue Altstadt zu führen. Dann habe ich mich damit beschäftigt und es hat mir Spaß gemacht. Auch das Theatrallalla ist so entstanden. Ich hatte nicht geplant, aus meiner Samstagsabendshow, die ich einmal im Jahr für meine Tanzschüler gemacht habe, das Theatrallalla zu machen. Bäppi La Belle war nie geplant. Sowas braucht Zeit, das kannst du nicht erzwingen. Die Gerda hat 40 Jahre gebraucht, ich habe 30 Jahre gebraucht. Dinge, die so kultig sind, die entstehen. Kult entsteht, den kannst du nicht erzwingen. Es ist einfach so. Und auch mit der Politik war es so: Ich habe nie geplant, Politiker zu werden. Das kam eher so, dass Mike Josef von der SPD auf mich zukam uns sagte „Du regst dich doch immer über alles auf, dann verbesser‘ doch auch mal was“. Und dann hat er mich auf die Liste gesetzt.

Das ist etwas andres als ehrgeizig sein, oder?

Nein, Ehrgeiz ist das nicht, ich lasse es halt geschehen. Aber wenn ich was mache, dann richtig, und dann entwickelt sich auch ein gewisser Ehrgeiz. Dann werden aus einer Stadtführung plötzlich vier. Aber das sind alles immer Sachen, die mir auch Spaß machen. Und dann entwickele ich das weiter. Und den Satz „Kann ich nicht“ gibt’s bei mir nicht. Ich probiere es aus! Und wenn ich es dann nicht kann, kann ich immer noch sagen „geht nicht“.


12.6.2022 (verschoben vom 26.12.2021), „60 Jahre und kein bisschen leise“, die Bäppi-Geburtstagsshow in der Alten Oper, Opernplatz, Frankfurt, Tickets über www.alteoper.de, www.baeppis-events.de

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