Das war der CSD Frankfurt 2020

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Foto: bjö

Die Maskenpflicht bei Kundgebung und Auto-Demo des Frankfurter CSD 2020 war nur eine Besonderheit der pandemiebedingt reduzierten Ausgabe des Communityfestes. Für Sichtbarkeit wurde trotzdem gesorgt!


Rund 300 Gäste hatten sich am CSD-Samstag gegen 11:30 Uhr auf dem Römerberg zur Kundgebung des Communityfestes versammelt – im mit Baubändern abgegrenzten Bereich rund um den Gerechtigkeitsbrunnen mit Gesichtsmasken ausgestattet. Ungewöhnlich, aber nicht unsympathisch. Die Community-Ordner hatten wenig zu tun – die CSD-Gäste hielten sich an die Maskenpflicht und Abstandsregeln.

Vertreten waren unter anderem Mitglieder der AIDS-Hilfe, dem Bündnis Akzeptanz und Vielfalt, des Fetisch-Clubs Rhein-Main FLC, des Switchboards und des Sportvereins FVV.

Leben kam in die Menge, als gegen 12 Uhr Bildungsdezernentin Sylvia Weber, Joachim Letschert vom CSD-Verein und Christian Setzepfandt von der AIDS-Hilfe Frankfurt die Regenbogenflagge vom Balkon des Römers hissten.


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Sylvia Weber rief anschließend zur Solidarität auf und lobte die umfangreiche LGBTIQ*-Arbeit der Frankfurter Gruppen, Vereine und Initiativen, insbesondere in Corona-Zeiten. Das Amt für multikulturelle Angelegenheiten AmkA habe für Frankfurter Vereine zusätzliche Projektmittel in Höhe von 200.000 Euro bereitgestellt – Weber ermutigte, auch aus der LGBTIQ*-Community Anträge einzureichen.

Weber verkündete außerdem den Beitritt Frankfurts zum internationalen Rainbow City Network RCN; das 2013 gegründete Netzwerk vereint über 30 internationale Städte, die aktive Politik für die Belange von LGBTIQ*-Menschen betreiben. Das AmkA wird Frankfurt beim nächsten Netzwerktreffen in Bergen (Norwegen) vertreten und dort nicht nur Ideen für Frankfurt mitbringen, sondern auch Frankfurter Modellprojekte international bekannt machen.

Joachim Letschert, Sprecher des CSD Frankfurt, betonte die Wichtigkeit von Pride-Veranstaltungen, auch – oder gerade – in Zeiten von Corona: „Je mehr wir in der Mitte der Gesellschaft ankommen, umso unsichtbarer – im besten Sinne – werden wir. Doch leider gilt das auch dann, wenn uns Unrecht widerfährt und wir daran gehindert werden, so Joachim zu leben wie wir es wollen“, so Letschert.

Pride-Veranstaltungen komme dabei eine ganz besondere Stellung zu: „Einmal im Jahr haben die Menschen die Möglichkeit, in einer Menge zu baden, die es als völlig normal empfindet, queer zu sein. Und diesen Wert des CSD darf man nicht unterschätzen.

Austausch, Vernetzung, Coming-Out, so zu sein, wie man ist – das sind Grundbedürfnisse und keine Nice-to-Haves“.

Joachim Letschert bezieht sich dabei nicht nur auf die queere Community: „Corona mag unser leiser gemacht haben, aber nicht weniger präsent. Was fehlt in diesem Jahr sind auch die Begegnungen mit denen, die nicht queer sind, denen unsere Forderungen egal sein könnten, die uns aber unterstützen und eine vielfältige und offene Gesellschaft wollen“, so Letschert weiter. Zu denen lohnt es sich, Brücken zu bauen und sich „nicht zu sehr auf die konzentrieren, die gar kein Interesse haben über irgendwelche Brücken zu gehen, sondern eine graue, von Missgunst und Hass geprägte Gesellschaft wollen. Lasst uns auf die konzentrieren, die wie wir eine bunte, vielfältige und friedliche Gesellschaft wollen.

Lasst uns Strategien ausbauen, Verbündete finden und vor allem: Seld selbst auch nachsichtig, seid tolerant, auch untereinander!

Für Joachim Letschert war dies der letzte CSD – der mit Diplomatie und Weitsichtigkeit, viel Humor und dennoch mit der nötigen Vehemenz den CSD-Verein in der Öffentlichkeit repräsentierte, wird ab dem kommenden Jahr auf eigenen Wunsch hin nicht mehr dabei sein.

Christian Setzepfandt bat um Stille auf dem Platz: Zur Schweigeminute für all diejenigen, die nicht mehr am CSD teilnehmen können, wurden von Helfenden rund um den Römerberg schwarze Ballons in den Himmel steigen gelassen. Die Schweigeminute wurde von sanften Saxophonklängen begleitet.

Anschließend startete die Auto-Demo durch die Innenstadt „Wir nennen es nicht Autokorso, denn Autokorsos macht man nach Fußballspielen. Wir haben eine Auto-Demo“, betonte Joachim Letschert. Die Entscheidung wurde kritisiert; seitens des CSD-Vereins war die entscheidenden Argumente letztendlich organisatorischer Natur; in einer Erklärung des Vereins heißt es dazu:

Bei einer Fußdemo wären die Risiken für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer sehr groß gewesen und der CSD-Verein hätte eine erhebliche Anzahl an Demohelferinnen und Demohelfern organisieren müssen, um zum Beispiel Mindestabstandsregeln und Maskenpflicht kontrollieren zu können. Aus der Community kamen auch nach mehrfachen Aufrufen auch nicht die benötigten Helferinnen und Helfer zusammen.

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Rund 50 Wagen schlängelten sich durch die Frankfurter Innenstadt – geschickt gegen die Einbahnstraßen geleitet, um für mehr Aufmerksamkeit zu sorgen. Angeführt wurde der Zug von einer kleinen Gruppe laufender Demo-Teilnehmenden.


Der CSD Frankfurt fand auch digital statt: Vier grandiose, jeweils gut einstündige Video-Programme wurden während des Wochenendes gestreamt. Babsi Heart, Tante Gladice, Gracia Gracioso und das Drag-Trio JFK alias Jazz Cortes, Feeby Fergison und Cimberly Clark präsentieren Interviews aus der Community, mit Szene-Prominenz, den Community-Wirten, dazu Show-Acts, DJ-Sets und Rückblicke auf vergangene CSDs. Die Videos und können auch jetzt noch angeschaut werden.



Am Ende kam sogar ein wenig Party-Atmosphäre kam auf: Die GRIND-Party lud zur Open-Air Beach-Edition auf dem Dach des Konstablerwache Hochhauses und das Tanzhaus West mit der „Mitte der Gesellschaft“ zum Freiluft-CSD-Club-Picknick im Hof des Geländes im Gutleut-Viertel.


Trotz der Einschränkungen waren sich Besucher und Organisatoren einig: Alles in allem war das ein rundum gelungenes CSD-Wochenende für Frankfurt!


Checkt unsere Galerie mit Fotos der Kundgebung und der Auto-Demo

www.csd-frankfurt.de

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