Es muss was in die Welt!

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Illustration: The English Theatre

„Das Leben ist nicht mehr so berechenbar wie wir das kennen. Jetzt planen wir, ohne zu wissen, wann wir die Stücke zeigen können“ – so das Resümee von Daniel Nicolai, Direktor des English Theatre.

Derek Anderson samt seinem Team. Das wegen Corona in der vergangenen Spielzeit ausgefallene „Secret Life of Humans“ soll eine neue Chance bekommen, und auch das Drama „American Son“, in dem die Eltern eines afro-amerikanischen Teenagers in einer Polizeiwache auf ihren Sohn warten, ist – nicht zuletzt wegen des Bezugs zu den aktuellen Ereignissen in den USA – dem Team des English Theatre besonders wichtig. Der große Unbekannte: „The Great Play – TBA“ („To Be Announced“) ist der Joker der neuen Spielzeit. Ein Stück, das bisher weder geschrieben noch inszeniert wurde, aber aus den aktuellen Umständen erwächst. „Mit Trump’scher Gewissheit lässt sich aber jetzt schon sagen, dass es großartig wird“, heißt es dazu im Programm.

Foto: bjö

„Es muss was in die Welt“, so Nicolai über die Arbeit seines Theaters. „Wir müssen uns alle zusammen an diese Unwägbarkeiten gewöhnen“.

Die Stücke werden zum Teil neu inszeniert, um den Hygienevorschriften gerecht zu werden – nicht einfach, wenn es zum Beispiel um intime Momente geht.

„Wir haben uns auch gegen Streams entschieden, da wir sie nicht in der Qualität, wie wir das gerne hätten, produzieren können“; so Nicolai weiter. Lediglich kleine Video-Beiträge mit Einblicken in die Arbeit des Londoner Teams und zur Geschichte des English Theatre waren über die sozialen Netzwerke zu sehen.

Nach derzeitigem Stand könnten von den rund 300 Plätzen im Theater 69 pro Vorstellung besetzt werden. Schon allein deswegen ist das Team außerdem auf der Suche nach Ausweichlocations, um die Stücke eventuell sogar Open Air zeigen zu können. „Für alle Überlegungen gibt es immer auch einen Plan B“, meint Nicolai – denn den Mut und die Lust am Theater hat sich das Team nicht nehmen lassen!

Die Zukunft des English Theatre

Illustration: The English Theatre

Und das, obwohl ein weiteres Damoklesschwert über der Spielstätte schwebt: Der Mietvertrag des Theaters im Basement des Galileo Tower läuft am 31.12.2022 aus; die Commerzbank, die bisher Hauseigentümerin war, ist inzwischen selbst nur noch Untermieterin; sie stellte dem Theater die Räume kostenfrei zur Verfügung. Zumindest gibt es eine positive Botschaft: Der neue Eigentümer habe bereits signalisiert, dass das Theater im Haus bleiben könne. Und über die Finanzierung werde bereits mit der Stadt Frankfurt und dem Land Hessen verhandelt: „Wir betteln nicht um Geld, das es vielleicht nie gegeben hätte“, so Nicolai selbstbewusst. „Die Stadt hat in der ersten Location des Theaters in der Kaiserstraße auch Geld in die Hand genommen, bevor es die Lösung mit der Commerzbank gab“. Das finanzielle Loch, das zu klaffen droht, soll übrigens nicht über höhere Ticketpreise finanziert werden – das stellte Nicolai eindeutig klar.

The English Theatre, Gallusanlange 7, Frankfurt, www.english-theatre.de

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