Im arabischen Rössl

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Foto: Rebekka Waitz

Kann das sein? Ja, das kann sein! Das ehemals „Weiße Rössl“ aus Ralph Benatzkys Operette ist inzwischen fest in arabischer Hand. Es wird zwar noch gejodelt und geschuhplattelt, aber in den knackigen Lederhosen stecken waschechte Syrer. Selbst Rössl-Wirtin Josepha Vogelhuber ist konvertiert, nennt sich Laila Bint Aladin und trägt Hijab zum Dirndl – beides natürlich in Glitzeroptik.

Schluss ist auch mit den Schweinshaxen, auf der Speisekarte stehen jetzt Hummus und Falafel, und gegessen wird im Schneidersitz auf kleinen Teppichen im aufgeschütteten Wüstensand des Hotelfoyers. Für die – im wortwörtlichen wie übertragenen Sinne – gut betuchten arabischen Touristen wird eben viel Aufwand betrieben. Auch wenn die vehement nach Schnitzel Wiener Art verlangen ...

Willy Praml hat der Kitsch- und Schunkel-Operette „Im weißen Rössl“ einen hübschen Schubs verpasst und das komplette Stück arabisiert. Dabei wird sich satt aus den üppigen Klischeekisten des Orients wie des Okzidents gleichermaßen bedient, was der ursprünglich eh schon überdrehten Komödie groteske Züge verleiht.

Hits wie „Im Salzkammergut da kammer gut lustig sein“ werden mit ungebremster Inbrunst vorgetragen, nur eben bilingual (deutsch/arabisch), anstatt des Fabrikanten Wilhelm Giesecke kommt der Ölmilliardär Abdullah Al Opec (prächtig: Muawia Harb) samt seiner verwöhnten Tochter (verführerisch: Judith Speckmaier) zu Besuch. Der gewitzte Rechtanwalt heißt Ali Kadi (bezaubernd: Ramo Ali) und ist der Schwarm der Rössl-Wirtin (wunderbar überspannt: Birgit Heusser), in die eigentlich Oberkellner Leopold verliebt ist (überzeugend grantelig: Jakob Gail).

Als Kontrast zur arabisch-österreichischen Gemengelange bleibt der schöne Sigismund blauäugig deutsch (strahlend: Michael Weber), sein Herz verliert er an die lispelnde Brautmoden-Verkäuferin Jamila aus Duisburg-Marxloh (süß: Güldeste Mamaç).

Umwerfend ist auch das siebenköpfige Kellner-Ensemble, das in seiner Rolle zwischen arabischer Gelassenheit und europäischer Dienstbeflissenheit slapstickartig hin- und hergerissen wird und mit schmissigen Choreografien sowie als Simultanübersetzer zu überzeugen weiß.

Foto: Rebekka Waitz

Aufwändig auch die musikalische Begleitung: Kapellmeister und Jazzmusiker Martin Lejeune hat die Originalmusik nicht nur mit arabischen Instrumenten besetzt, sondern auch die Arrangements meisterlich umgearbeitet und eine schräge Melange geschaffen.

Eine Produktion, in die viel Herzblut, Engagement und Arbeit reingesteckt wurde; und so steht das quirlige Ensemble am Ende der dreistündigen Revue einem restlos begeisterten Publikum gegenüber.

„Das arabische Rössl“ ist für des Theater Willy Praml eine Fortsetzung der Arbeit mit Geflüchteten und Beheimateten und nach Kleists „Erdbeben in Chili“ und Lessings „Nathan der Weise“ die dritte Produktion der gemischten Truppe. 

Noch bis 10.3., Theater Willy Praml, Waldschmidtstr. 19, Frankfurt, 19:30 Uhr (sonntags 18 Uhr), www.theaterwillypraml.de

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