Jacopo Godanis „Zeitgeist Tanz“

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Foto: Dominik Mentzos

Für den dreiteiligen Ballettabend „Zeitgeist Tanz“ der Dresden Frankfurt Dance Company mixt Jacopo Godani spielerische Leichtigkeit, einen zeitlosen Klassiker und einen Dash angespannter „Hier-und-Jetzt“-Atmosphäre.


Den Opener gibt das verspielte „Bach off“ von Godani selbst zu Musik von Johann Sebastian Bach:

„Diese Cello-Partituren verdienen eine junge, zeitgenössische Interpretation, so dass neue Generationen lernen, den unglaublichen kulturellen Wert unserer Vergangenheit zu verstehen und zu schätzen“, so Godanis Intention.

Der Musiker Petar Pejčić nimmt dafür eine zentrale Rolle auf der Bühne ein und wird von den Ensemblemitgliedern tanzend eingerahmt. Die Choreografie weiß auf wunderbare Weise die Musik wie auf einer zweiten Ebene zu visualisieren. Dabei bewegen sich die Tänzer*innen nicht einfach zu den Bach-Partituren, sondern ihre Bewegungen sind Musik und malen ein Klang-Bild aus dynamischen Bewegungen.

Als Höhepunkt umspielt das komplette Tanzensemble sogar den Musiker auf der Bühne, nimmt ihn in die Mitte und wird eins mit seinen Bewegungen und der Musik. Tanz, ganz pur. „Bach off“ ist ein kleines Schmuckstück und behält auch ohne großen theoretischen Überbau eine beeindruckende Intensität, was natürlich auch der Verdienst der fabelhaften Tänzer*innen ist. Und genau diese unprätentiöse Größe macht die kleine Arbeit „Bach off“ sicher zu einem der besten Stücke der Dresden Frankfurt Dance Company.

Foto: Dominik Mentzos


Es folgt William Forsythes „Ballett Frankfurt“-Klassiker „Quintett“ aus dem Jahr 1993, der die Stimmung des ersten Teils fortzusetzen weiß: Das matraartige „Jesus Blood never failed me yet“ von Gavin Bryars, das sich vom Acapella-Gesang zur fast schon kitschig-opulenten Orchester-Suite hochschraubt.

Aber „Quintett“ ist kein Kitsch. Dagegen spielt der rätselhafte Bühnenaufbau mit einem Panoramaspiegel im Hintergrund und einer technischen Apparatur im Vordergrund, die sich im Verlauf als Projektor entpuppt und ein bewegtes Wolkenbild irgendwo links hinten auf den Bühnenhintergrund wirft. Der surreale Rahmen für eine Choreografie, die sich formal streng an das musikalische Gerüst hält, zwischendurch in alle Richtungen ausbricht, um sich dann wieder zu fügen. Das ist auch nach fast 30 Jahren immer noch grandios und berührend. Zeitlos ist eben immer auch total im Zeitgeist.

Foto: Dominik Mentzos


Der dritte Teil des Abends setzt einen eindeutigen Kontrapunkt: Für „Good Old Moone“ hat der immer für Kooperationen offene Godani den Choreografen und derzeitigen Ballettdirektor der Staatsoper Hannover Marco Goecke eingeladen. Der inszeniert das Ensemble in einem mit Rauchschwaden und hartem Licht gefüllten Raum zu zornigen Klängen der New Yorker Rock-Poetin Patti Smith. Die Stimmung ist angespannt, der Tanz ist zackig, schnell und atemlos, fast wie ein Kampf rivalisierender Straßenbanden. Es wirkt wie ein Spiegel des aktuellen, harten Zeitgeistes und holt alle zurück ins Hier und Jetzt.

Foto: Dominik Mentzos


In der ursprünglichen Version von „Zeitgeist Tanz“ hatte Jacopo Godani „Good Old Moone“ von Marco Goecke mit Forsythes „Quintett“ und seiner eigenen, bildgewaltigen Choreografie „Hollow Bones“ kombiniert. Der Ballettabend konnte nicht wie geplant im Frühjahr 2021 live ausgeführt werden, leidglich „Good Old Moone“ und „Hollow Bones“ waren als zweiteiliger Abend im Online-Stream zu sehen. Dass der Abend nun mit „Bach off“ als neuem Stück gezeigt wird, kann man durchaus als Bereicherung sehen. „Hollow Bones“ ist indes zu einem abendfüllenden Stück erweitert worden und ist im Anschluss an „Zeitgeist Tanz“ ab dem 4. November in Frankfurt live auf der Bühne zu sehen.


Zeitgeist Tanz“, 28. – 31.10., Bockenheimer Depot, Carlo-Schmid-Platz, Frankfurt, 20 Uhr, www.dresdenfrankfurtdancecompany.de

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