Jesus of Heaven

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Foto: Sven Serkis

Im Rahmen der Ausstellung „G*tt m/w/d“ im Frankfurter Bibelhaus wird am 16. September Jo Cliffords provokanter Theatermonolog „The Gospel according to Jesus of Heaven” erstmals in deutscher Sprache gezeigt.

Als Jo Clifford ihr Stück 2009 zum ersten Mal in einem kleinen Glasgower Theater spielte, sah sich die Theaterautorin und Schauspielerin mit massiven Protesten konfrontiert: Ihre Darstellung von Jesus als Transgender – dazu auch noch gespielt von einer Trans* Person – war für Vertreter*innen der Kirche und für viele Gläubige ein kaum zu ertragender Affront.

Mehr als 10 Jahre später wird das Stück immer noch gespielt – in vielen Ländern und ab September auch erstmals in einer deutschen Version. Übersetzt und inszeniert hat das Stück der erfolgreiche transgender Schauspieler, Musicaldarsteller und Coach Brix Schaumburg, der in seiner Rolle in der TV-Serie „Sunny – wer bist du wirklich?“ schlagartig berühmt wurde.

Gezeigt wird „The Gospel according to Jesus of Heaven” im Rahmenprogramm der aktuellen Ausstellung des Frankfurter Bibelhauses „G*tt m/w/d“. Die Ausstellung stellt bewusst provokant die Frage nach der Genderidentität Gottes und liefert unter anderem erstaunliche Belege für non-binäre Interpretationen der Bibeltexte. Im Interview erklärt Brix Schaumburg „The Gospel according to Jesus of Heaven”.


Brix, von was handelt „The Gospel according to Jesus of Heaven”?

Das Stück ist ganz klar ans Neue Testament der Bibel angelehnt. Was würde Jesus erzählen, wenn Jesus heute noch einmal auf unsere Erde käme. Dabei gibt es allerdings noch einen kleinen zusätzlichen Kniff. Jesus ist nämlich eine trans* Frau.

Welche Intention verfolgt Jo Cliffords Stück? Wollte sie bewusst provozieren?

Ganz sicher wollte Jo mit ihrem Stück auch ein wenig provozieren. Der herrlich schwarze, englische Humor, der hier und dort durchblitzt ist echt erfrischend. Ich vermute allerdings, dass sie vor allem wachrütteln möchte und die verstaubten Gleichnisse, von denen Jesus im Neuen Testament spricht, in die heutige Zeit übersetzen will. Für uns in unserer westlichen Welt ist es natürlich sehr weit weg, sich in Steinigungen und Fischergeschichten hineinzudenken. Das waren damals ja alltägliche Geschichten und Probleme. Die überträgt Jo ganz wunderbar ins Hier und Jetzt.

Bist du – wie Jo Clifford – religiös?

Ich würde mich persönlich schon als gläubig bezeichnen. Allerdings nicht im klassischen „Ich gehe jeden Sonntag in die Kirche und bete vorm Essen“ Sinne, sondern vielmehr dahingehend, dass ich Nächstenliebe als eines der wichtigsten Dinge in meinem Leben empfinde und ich immer versuche, mit Liebe durchs Leben zu gehen und jedem Menschen unvoreingenommen und offen zu begegnen.

Foto: S. Serkis

Als geouteter Trans* Mann bist du unter anderem Botschafter für die Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität dgti. Welche Botschaft zum Thema Transgender hat das Theaterstück?

Eben genau die, dass Menschen sich mit Liebe begegnen und niemanden verurteilen sollen, aufgrund des Aussehens oder der Identität. Wenn jeder Mensch danach leben würde, müsste auch niemand mehr Angst davor haben, so zu leben, wie mensch sich fühlt.

Du gehst sehr offen mit deiner Transgender Biografie um. Warst du schon immer eine offensive Person oder hat sich das erst nach deiner Transition entwickelt?

Das hat sich definitiv erst mit der Zeit entwickelt. Ich war vor und auch während meiner Transition weit davon entfernt, mich so aktiv für die queere Community einzusetzen. Ich wollte damals still und für mich selbst meinen Weg gehen. Mit den Jahren habe ich aber festgestellt, dass ich anderen Menschen so viel helfen kann, indem ich mich an die vorderste Front stelle und für sie kämpfe. Denn es hat längst nicht jeder so einen leichten Weg wie ich. Und wenn ich damit anderen Menschen Hoffnung und Kraft geben kann, den ersten Schritt zu gehen, dann bin ich liebend gerne für sie da.

Was mich erstaunt: Du trittst auch als Dragqueen Cherry La Boom auf. Ist das die pure Lust an der Verkleidung?

Darüber stolpern die Menschen lustigerweise immer wieder. Für mich ist Drag eine Kunstform und hat rein gar nichts mit meiner Gender Identität zu tun. Ich hatte schon immer einen Faible für hohe Schuhe und tolles Make Up. Und wem macht es denn keinen Spaß, einfach mal in eine andere Rolle zu schlüpfen und mal jemand ganz anderes sein zu können als mensch selbst?


16.9., „The Gospel according to Jesus of Heaven”, digitale deutsche Premiere von und mit Brix Schaumburg als YouTube-Stream.

Der Stream ist Teil des Rahmenprogramms der Ausstellung „G*tt m/w/d“ des Bibelhaus Erlebnis Museums Frankfurt, Infos zum Stück und zur Ausstellung über www.bibelhaus-frankfurt.de

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