Lieber ungewöhnlich: Bajazzo trifft Impresario

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Foto: Alexander Spoden / Kammeroper Frankfurt

Für die diesjährige Sommersaison im Musikpavillon im Palmengarten kombiniert Kammeroper-Intendant Rainer Pudenz zwei kurze Opern, deren Zusammenspiel als ungewöhnlich gilt: Der Barock-Einakter „Der Impresario von den Kanaren“ mit dem aus der Romantik stammenden „Bajazzo“. Die Frankfurter Sopranistin, Radio- und TV-Sprecherin und Moderatorin Ingrid El Sigai ist langjähriges Mitglied der Kammeroper Frankfurt und erklärt im Interview, was das Herausragende dieses Opernabends ist.

Noch bis 18.8., Kammeroper im Musikpavillon des Palmengartens, Palmengartenstr. 11, Frankfurt, 19:30 Uhr, www.kammeroper-frankfurt.de

Was ist für Sie das Besondere an der Kammeroper?

Die Kammeroper ist sehr familiär. Und wenn die Aufführungen im Palmengarten sind, dann ist das einfach ein wunderschönes Ambiente und ein wahnsinnig ungewöhnlicher Aufführungsort. Ich spiele ja in Theatern und nur ganz selten open air.

Auch die Inszenierungen von Rainer Pudenz sind immer ein bisschen ungewöhnlich …

Ja, und das liegt mir total! Der klassische Bereich, wie der der Oper, hat mir manchmal ein bisschen etwas zu Ernsthaftes. Kunst steht oft in Verbindung mit Ernsthaftigkeit. Ich meine, man muss nicht immer alles verulken, aber man hat Angst, dass, wenn etwas komisch oder lustig ist, es dann keine Kunst mehr ist. Und ich finde, das durchbricht die Kammeroper in einer sehr liebevollen und sehr guten Art und Weise. Es darf gelacht werden, es darf geweint werden. Ich habe dort auch schon sehr anrührende Sachen gemacht. Man hat da keine Berührungsängste. Das gefällt mir. Es hat eine Freiheit, die ich sehr schätze.

Foto: privat

Es gibt in diesem Jahr mit Bajazzo und dem Impresario zwei Einakter zu sehen, deren Kombination als ungewöhnlich gilt. Können Sie das erklären?

Der Bajazzo stammt aus einer Zeit in der Romantik, als es einen Wettbewerb für Einakter gab. Die Stücke durften nur eine Stunde lang sein. Für den Wettbewerb sind damals sehr viele Einakter entstanden. Für Aufführungen heute ist das immer schwer, weil eine Stunde einfach zu kurz ist. Daher führt man sie gerne zusammen auf. Und weil der Bajazzo von Ruggero Leoncavallound die Cavalleria Rusticana die beiden Einakter sind, die sich durchgesetzt haben, werden diese heute normalerweise zusammen aufgeführt. Das ist zur Tradition geworden. Rainer Pudenz wollte diesmal nicht zwei romantische Opern bringen, sondern lieber einen barocken Einakter zu Beginn. Dafür hat er den ‚Impresario’ von Domenico Sarro gefunden. ‚Der Impresario von den Kanaren’ wurde 1724 geschrieben, ist aber hochaktuell! Ein Impresario besucht eine Sängerin, um sie zu engagieren. Zumindest tut er so. Er findet alles, was sie macht, großartig, aber die Sängerin hat nur Augen für sich selbst. Sie ist total narzistisch: Für sie ist die Hauptsache, dass sie singt groß rauskommt und dabei gut aussieht. Eigentlich will sie den Vertrag haben, aber ohne mit ihm ins Bett zu gehen. Das schwankt immer hin und her. Als ich das das erste Mal durchgelesen habe, dachte ich, mit der Weinstein-Affäre ist es hochaktuell.

Der Impresario ist aber eher lustig, es ist kein Drama?

Nein, es gibt keine Vergewaltigung und es stirbt auch keiner am Ende.

Im Gegensatz zum Bajazzo …

Der Bajazzo ist ein Eifersuchtsdrama innerhalb einer Schauspieltruppe. Eine Oper in der Oper, in der der Mord passiert. Es ist ein tolles Stück und es wird nicht so häufig gespielt. Und es passt sehr gut zum ‚Impresario’ als Barockoper. Es ist eine Steigerung, eine musikalische Verdichtung. Rainer Pudenz hat für beide Stücke ein einheitliches Bühnenbild gewählt, beides spielt in einer Café-Bar, in der Menschen sitzen, die in beiden Stücken vorkommen.

Und Sie spielen Dorina, die eingebildete Sängerin. Hat sie das gereizt?

Also, sagen wir es mal so: Ich habe zugesagt, bevor ich das Stück richtig kannte. Es war zunächst am Wichtigsten, zu schauen, ob die Oper meinem Stimmfach entspricht. Erst dann habe ich mich auch inhaltlich damit beschäftigt. Und habe mich dann aber sehr gefreut, weil sie einfach schön ist und auch Witz hat. Als Darsteller will man ja flexibel sein und alles darstellen. Man begreift alles als Herausforderung, auch einen Charakter zu erarbeiten, wenn er meinem nicht entspricht. Und ich glaube, dass ich gar nicht so zickig bin (lacht). Mich reizt eigentlich immer, das zu spielen, was ich nicht bin. Das ist die Herausforderung. Alles andere ist bloß eine kleine Fingerübung. Das ist ja langweilig.

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