MKSM: Live beim Aktionstag Art. 3

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Foto: J. Polte

MKSM steht für Maksim – so heißt der Sänger, Songwriter und Violinist, der sich und seine Musik als Sprachrohr für Menschen sieht, die sich der breiten Masse nicht zugehörig fühlen.

Als offen schwuler russischer Spätaussiedler lebte er in Frankfurt, London und momentan in Berlin. Beim Frankfurter Aktionstag zur Ergänzung des Art. 3 GG am 19. September auf dem Paulsplatz wird MKSM dabei sein. Im März diesen Jahres hat MKSM seine neue EP „High on Lows“ veröffentlicht , auf der er unter anderem die Erfahrungen mit Corona, Shutdown und Kontaktbeschränkungen verarbeitet. Wir haben den engagierten Musiker zum Interview getroffen.


Du hast lange Zeit in Frankfurt gelebt, jetzt bist du in Berlin. Trotzdem nimmst du am 19. September am Frankfurter Aktionstag für die Ergänzung des Art. 3 GG teil. Ist das sowas wie eine „alte Verbundenheit“ zu Frankfurt?

Natürlich - ich liebe Frankfurt und ein Teil meiner Familie lebt in der Nähe von Frankfurt. Außerdem hat es einfach perfekt gepasst - am Tag davor spiele ich beim CSD in Trier.

Was ist deine Motivation am Aktionstag teilzunehmen?

Gerade jetzt, so kurz vor den Wahlen, ist dieser Aktionstag unheimlich wichtig! Ich finde es toll, dass der Aktionstag in so vielen Städten bundesweit stattfindet - so können wir noch eine viel größere Aufmerksamkeit erreichen!

Und ich sehe mich natürlich auch als queeren Aktivisten, der eben musikalisch auf Dinge und Probleme aufmerksam macht und die Community unterstützt. Und es wird Zeit, dass der Art. 3 GG ergänzt wird!

Du möchtest Sprachrohr für gesellschaftliche Außenseiter sein. Fühlst du dich selbst als Außenseiter?

Gute Frage. Ich würde sagen, immer wieder mal, aber so geht es ja wahrscheinlich vielen von uns. Ich bin queerer Spätaussiedler, der früher stark gestottert hat und der unter anderem klassische Geige studiert hat, um am Ende doch Popmusiker zu werden – da kann man sich manchmal als Außenseiter fühlen. Allerdings ziehe ich daraus auch meine Inspiration und je älter ich werde, desto mehr liebe ich es, manchmal Außenseiter zu sein (lacht).

Foto: Tobias Paul

Du stammst aus der russischen Stadt Kasan, hast anschließend in Frankfurt, London und Berlin gelebt – was würdest du als „Heimat“ bezeichnen?

Ich fühle mich sowohl Russland als auch Deutschland absolut verbunden. Ich hatte in jeder dieser Städte wichtige und prägende Zeiten erlebt. Allerdings ist Heimat für mich eher ein Gefühl, und dieses Gefühl habe ich bei meinem Mann. Auch wenn das natürlich ziemlich kitschig klingt.

In Russland sieht man sich als LSBTIQ*-Mensch großer staatlicher und gesellschaftlicher Diskriminierung ausgesetzt; inwieweit hat dich das geprägt?

Damals war es noch kein Thema. Allerdings bekomme ich das jetzt alles mit, und versuche, so gut ich kann, mit meiner Musik auf die Situation in Russland, Ungarn oder Polen aufmerksam zu machen. Zusammen mit dem queeren Künstler Leopold habe ich Ende April den Pride-Song „Love in the Dark“ veröffentlicht. Mit dem Track unterstützen wir die Kampagne „I am not an Ideology“, die von der Initiative Enough is Enough! und Fundacja Równość ins Leben gerufen wurde. Die Kampagne unterstützt LGBTIQ+ in unserem Nachbarland Polen.

In deiner musikalischen Karriere hat es einen Neustart gegeben; und du hast sogar einen klaren Cut zu deinem früheren musikalischen Schaffen gesetzt. Warum dieser harte Schnitt?

Ja, ich würde sagen, dass es 2019 einen klaren Cut gab. Davor habe ich einige Dinge ausprobiert, aber brauchte auch die Zeit, um mich als Künstler zu finden, um zu reifen. Wobei der Prozess der Selbstfindung nie aufhört. Mir war es wichtig zu schauen, wofür ich als Künstler stehen will und was mir sowohl musikalisch als auch inhaltlich wichtig ist. Außerdem brauchte ich auch die Zeit, um diese Dinge überhaupt umsetzen zu können.

Foto: Tobias Paul

Es gibt eine lustige Geschichte zur Entstehung deines „Pseudonyms“ MKSM …

Die Geschichte ist sehr kurz: Ich habe auf der Bühne meinen Namen mit LED-Buchstaben ‚geschrieben‘. Und während des Auftritts fiel einer der Vokale aus – das A oder das I. Dann hab‘ ich den anderen Vokal nach dem Gig auch ausgemacht und aus Maksim wurde MKSM – und ich habe es geliebt! Es ist immer noch mein Vorname, sieht aber spannender und zeitgemäßer aus.

Du bist der Pandemie-Situation mit Kreativität begegnet und hast unter anderem im Frühjahr 2021 die EP „High on Lows“ veröffentlicht. Wo hast du die Energie dazu genommen?

Die Produktion der EP hat ja schon vorher begonnen, die Song-Entwürfe hatte ich schon in London geschrieben. Da ich letztes und dieses Jahr von der „Initiative Musik“ supportet werde, hatte ich auch genug Antrieb: Ich habe mit tollen Musikern und Produzenten gearbeitet, und da fiel es mir nicht schwer. Natürlich waren Video-Drehs in dieser Zeit nicht einfach, aber ich sage mal: Wo ein Wille ist …

Gerade auf das Video zu „Hold me down“ bin ich sehr stolz, da ich da von der wunderbaren Bambi Mercury supportet wurde. Wer 80s Sounds mag, wird den Song lieben. Und ich kann auf jeden Fall sagen, dass wir gerade schon sehr fleißig an meiner zweiten EP arbeiten (lacht).

Du arbeitest oft mit anderen Künstlern zusammen – aktuell in deinem neuen Song „2021“ zum Beispiel mit dem Musiker jaako. Was bedeuten diese Kollaborationen für dich und wie bist du speziell mit jaako zusammengekommen?

Ich finde den Austausch sehr wichtig und sehr befruchtend, wobei ich das gar nicht so oft mache, oder? Die Zusammenarbeit mit Leopold fühlte sich einfach richtig an - wir setzen uns beide für die Rechte von LGBTIQ+ ein und dann auch noch mit Enough is Enough! – das hat einfach gepasst. Und durch diese Zusammenarbeit habe ich jaako kennen gelernt. Er hat nämlich „Love in the Dark“ mit uns geschrieben und den Track produziert. Wir haben uns auf Anhieb sehr gut verstanden, vor allem musikalisch. Und da führte kein Weg daran vorbei, einen gemeinsamen Song zu veröffentlichen.

Foto: J. Polte

Der Song „2021“ beschäftigt sich mit der in Corona vergessenen Generation Z. Was meinst du damit?

Wie auch schon 2020 ist die „Generation Z“ oder auch „Generation Lost“ besonders stark davon betroffen: Die Kontaktbeschränkungen des letzten Jahres haben bei ihnen zu großen und unerwünschten psychischen Problemen geführt. Die jungen Menschen sind während der Pandemie fast in Vergessenheit geraten. So waren sie zum Beispiel die letzten, die sich impfen lassen durften.

Hinzu kommt der ständige Druck über die sozialen Medien. Denn egal wie schlimm die Welt gerade aussieht: Auf Instagram führen die meisten noch immer ein perfektes Leben. Gerade als Vocal Coach und Geigenlehrer habe ich das im Online-Unterricht stark mitbekommen.

Allerdings kann man diese Situation auch auf LGBTIQ+ beziehen: Viele queere Safe Spaces hatten geschlossen und vielen fehlte die Community, die einen zum Beispiel beim Outing unterstützen kann.

Über unserem Track wurde geschrieben „‚2021‘ ist vielleicht kein Sommerhit wie man ihn sonst kennt, aber es ist genau der Sommerhit, den wir gerade brauchen“, und ich finde, dass das sehr gut passt. Denn mir hat der Track sehr durch diese Zeit geholfen.

Deine Botschaft an die Community?

Ich würde mir wünschen, dass wir als Community noch mehr zusammenhalten.

Und ich bin da absolut zuversichtlich. Ich war gerade auf Pride-Tour und die ganz jungen Besucher*innen zaubern mir immer ein Lächeln ins Gesicht. Die Art, wie sie Vielfalt feiern und wie sie sich feiern, ist wunderschön!


www.mksm-music.com

Mehr Infos zum Frankfurter Aktionstag „Grundgesetz für alle“ gibt’s hier


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