Peaches spielt in Stuttgart

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Foto: Bernd Weisbrod

Zorn, Stolz, Habgier, Faulheit, Völlerei, Unzucht und Neid: „Die sieben Todsünden“ lautet der Titel des Stücks von Kurt Weill und Bertolt Brecht, das auf drastisch-sarkastische Weise und mit bitterem Humor die Geschichte der Anna zeigt, die von ihrer Familie zum Geldverdienen losgeschickt wird. In der Neuproduktion „Die sieben Todsünden / Seven heavenly Sins“ von Anna-Sophie Mahler für die Staatstheater Stuttgart werden nicht nur die drei Sparten des Hauses, Oper, Schauspiel und Ballett, gemeinsam agieren, auch Popstar und Feministin Peaches ist Teil des Stücks; wir haben mit Peaches gesprochen.

In Anna-Sophie Mahlers Adaption der „Sieben Todsünden“ erscheint Anna, die Hauptfigur, als vier verschiedene Personen, gespielt von vier verschiedenen Darstellern, Performern und Tänzern. Welchen Part spielst du?

Bin spiele Anna, die Haupterzählerin, die im Hier und Heute lebt und über ihre Vergangenheit reflektiert. Annas Vergangenheit wiederum wird vom Tänzer Louis Stiens und der Schauspielerin Josephine Köhler dargestellt.

Im Titel des Stücks von Anna-Sophie Mahler heißt es „Seven heavenly Sins“, was ja eigentlich das genaue Gegenteil von „Die sieben Todsünden“ bedeutet; auf was spielt dies an?

Der erste Teil der Produktion sind in der Tat die „Todsünden“, der zweite Teil ist eine eher „friedliche“ Version. Da geht es eher darum, was als Sünde angesehen wird und ob es überhaupt Sünden sind. Insofern ist das ganz richtig: Der zweite Teil stellt einen Gegensatz zum ersten Teil des Stücks dar.

Foto: Bernd Weisbrod

Das Originalstück von Brecht und Weill übt starke Kritik am kapitalistischen System aber auch am Patriarchat, was beides ziemlich dominierende Aspekte unserer Gesellschaft sind. Was bringt Leute zum Beispiel dazu, alles für Geld zu tun, auch wenn das bedeutet, dass Selbstachtung und gegenseitiger Respekt dabei auf der Strecke bleiben?

Du meinst, warum Leute alles für Geld tun? Ich denke, man muss lernen, was einem wirklich wichtig ist. Möchte man eine eigenständige Person sein, mit eigenen Moralvorstellungen und Dingen an die man glaubt, oder folgt man einfach nur dem, was allgemein als „das Richtige“ anerkannt und von einem erwartet wird bloß, weil das System eben so ist? Das Stück stellt dies in Frage und zeigt ziemlich deutlich, wie Menschen ihre Selbstachtung aufgeben, für ökonomische und soziale Konstrukte, die von einem unrealistischen und dysfunktionalen System gesetzt werden.

Was würdest du als die Hauptbotschaft des Stücks beschreiben?

Für mich ist immer die Infragestellung des Patriarchats die wichtigste Botschaft!

Du hast vor einiger Zeit Songs von Claire Waldoff gecovert, nun spielst du Brecht und Weill – reiner Zufall oder gibt es einen „Plan“?

Das ist eher Zufall. Beide Projekte kamen nicht aus meiner Initiative, aber ich bin sehr froh, dass ich sie gemacht habe!

Du bist für deine starken One-Women-Shows bekannt – aber diesmal bist du Teil eines Ensembles. Wie erlebst du die Gratwanderung zwischen „ich bin mein eigener Boss“ und „ich muss mich einfügen“?

Eine gute Frage! Ich fühle mich definitiv am wohlsten als „One-Woman-Force“ und das wird auch in dieser Produktion definitiv ein Thema sein. Aber es ist genauso wichtig einen Schritt zurück zu treten, meine Botschaft in einer Gruppe und mit einer Gruppe zu verbreiten, und zu lernen, wie das funktioniert – für mich und für die Gruppe. Das war übrigens Annas Idee, wieso sie mich dabeihaben wollte.

Gibt es bereits Pläne, die Arbeit als Darstellerin weiter zu verfolgen?

Wenn es Sinn macht, würde ich das tun, aber ich plane das nicht!

„Die sieben Todsünden / Seven heavenly Sins“, Premiere am 2.2. im Staatstheater Stuttgart, Oberer Schlossgarten 6, Stuttgart, weitere Vorstellungen im Februar und März, www.staatstheater-stuttgart.de

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