Revolutionär:innen

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Foto: Stefanie Kösling

2023 feiert die Deutsche Revolution von 1848/49 mit der Versammlung des ersten gesamtdeutschen Parlaments und dem daraus resultierenden Beschluss zur ersten deutschen Verfassung in der Frankfurter Paulskirche ihr 175-jähriges Jubiläum.

Das Jubiläum wird mit verschiedenen Veranstaltungen gefeiert – ein besonderer Event ist dabei die Ausstellung „Revolutionär:innen“ im Frankfurter Römer, die den Blick explizit auf 48 Frauen richtet, die rund um die Revolutionsjahre für Demokratie, Selbstbestimmung und politische Teilhabe von Frauen kämpften.

Für gut zwei Monate verschwinden dafür die Portraits der Kaiser und Könige an den Wänden des Frankfurter Festsaals im Römer hinter 48 Bannern, die die Portraits der „Revolutionär:innen“ zeigen. Per QR-Code auf den Bannern oder im Ausstellungskatalog bekommt man die nötigen Hintergrundinformationen zu den Portraits.

Die Frauen waren in Deutschland, Europa und den USA aktiv, sieben davon stammen aus Frankfurt, aus bürgerlichen Verhältnissen oder der Arbeiter*innenschicht: Zum Beispiel die Schriftstellerin Bettina von Arnim, die sich unter anderem für politische Gleichstellung von Frauen und Jüd*innen, soziale Reformen und die Abschaffung der Todesstrafe engagierte, die deutsch-französische Schriftstellerin Marie Comtesse D’Agoult, die unter dem Pseudonym „Daniel Stern“ Zeitungsartikel mit kulturellen und politischen Themen verfasste, Clotilde Koch-Gontard, die in Frankfurt politische Salons organisierte, aber auch Demonstrantinnen wie Margarete Bunsen, die 1833 beim Sturm auf die Haupt- und Konstablerwache (damals Sitz der Stadtweher und des Polizeireviers) dabei war, oder die als Haushaltshilfe arbeitende Henriette Zobel, die bei den Straßenkämpfen der Frankfurter Krawalle von 1848 der Tötung eines Generals mit ihrem Regenschirm bezichtigt und verhaftet wurde.Auch der „Turnverein von 1848/49“ bekommt ein Banner; als erster Frankfurter Frauenturnverein, aus dessen Satzung folgendes Zitat stammt:

„Die Zeit der Rache ist gekommen! Wir ergreifen muthig die Waffen gegen die Erzfeinde unseres Geschlechtes“.

Foto: Stefanie Kösling

Alles Namen, die unbekannt sind? Kein Wunder: In der breiten Geschichtsschreibung kommen Frauen bislang so gut wie gar nicht vor. Historiker*innen beginnen erst seit einigen Jahren entsprechend zu recherchieren oder vorhandenes historisches Material neu zu bewerten. Dabei wirft die Ausstellung indirekt auch die Frage auf, wer gesehen wurde, wer nicht gesehen wurde und wer unsichtbar gemacht wurde. Insofern sollen die „Revolutionär:innen“ nicht nur informieren, sondern auch dazu anregen, sich zu interessieren.

Der gegenderte Titel der Ausstellung „Revolutionär:innen“ weist ebenfalls auf die neue Sicht in der Geschichtsforschung hin: „Wir sind uns nicht immer sicher, wie die Abgebildeten sich definierten, weil wir sie nicht mehr fragen können. Dem wollten wir mit dem im Titel gerecht werden“, erklärt Gabriele Wenner, Leiterin des Frankfurter Frauenreferats, das die Ausstellung konzipiert und kuratiert hat, zusammen mit der fachlichen Begleitung von Dorothee Linnemann vom Historischen Museum Frankfurt und Birgit Bublies-Godau vom Institut für soziale Bewegungen der Ruhr-Universität Bochum.

Die Ausstellung ist zu den regulären Öffnungszeiten des Kaisersaals täglich von 10 bis 17 Uhr zu besichtigen, außerdem zur Nacht der Museen am 13. Mai und beim Tag der offenen Tür „Open Römer“ am 20. Mai. Zusätzlich gibt es ein Rahmenprogramm mit dialogischen Führungen, Theateraufführungen und anderen Veranstaltungen.

28.4. – 26.6., Kaisersaal im Römer, Römerberg, Frankfurt, mehr Infos, auch zu den begleitenden Veranstaltungen, über klischeefreie-zone-ffm.de/revolutionaerinnen/

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