So funktioniert das Switchboard!

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Foto: bjö

Gestartet als Info-Café der AIDS-Hilfe, feiert das Switchboard in der Alten Gasse 36 in diesem Jahr sein 30-jähriges Bestehen – ein besonders erfreuliches Jubiläum, denn das Team setzt sich zum größten Teil aus Ehrenamtlern zusammen. Im Interview erklären Martin Franke (46), der seit 2014 als Hauptamtlicher im Café arbeitet, und Jonas Streichsbier (28), der seit 2016 hauptamtlich dabei ist, wie das Switchboard funktioniert und was es so besonders macht.

Wie setzt sich das Team zusammen?

Martin: Wir haben 30 ehrenamtliche Mitarbeiter, die regelmäßig arbeiten. Dazu kommen etliche, die zu bestimmten Terminen wie Partys, dem CSD, dem Alte Gasse Fest oder dem Lauf für mehr Zeit auftauchen. Gerade für jüngere Leute ist das ganz cool, weil man sich nicht regelmäßig verpflichten muss, was für viele, die zum Beispiel im Studium sind, schwierig ist.

Es gibt ein großes Programm, wer ist dafür zuständig?

Martin: Das ist das Team um Ralf Döblitz, Ludger Hegerfeld, Hubert Hein und Jens Melcher für das Kulturprogramm, Christian Kaufmann als Kurator für Ausstellungen, Robert Ruckdäschel für die „Offene Bühne“ und weitere Programmkoordination, und Oliver Horn für die Partys. Das sind nur einige der Ideengeber. Wir Hauptamtliche sind dafür da, dass die Ideen auch umgesetzt werden, soweit es die Möglichkeiten zulassen.

Es treffen sich auch viele Gruppen hier?

Martin: Ja es sind bestimmt 20 Gruppen, die sich regelmäßig in den beiden Gruppenräumen treffen. Eigentlich könnten wir noch einen Gruppenraum gebrauchen. Oder zwei. Wir merken das immer daran, wenn jemand einen der Gruppenräume mieten möchte, dann ist in der Regel nichts mehr frei.

Wird das Switchboard eigentlich immer noch primär als Infocafé der AIDS-Hilfe wahrgenommen?

Jonas: Bevor ich ins Team gekommen bin, war mir das Konzept hinter dem Café eher unbekannt. Also, ich wusste schon, dass es irgendwie zur AIDS-Hilfe dazugehört, aber mehr auch nicht.

Wie würdet ihr das Switchboard beschreiben?

Martin: Ich behaupte mal ganz selbstsicher, dass wir eine Community-Institution sind. Wir sind keine gewöhnliche Kneipe, das wissen wir. Und wir wollen das auch gar nicht sein. Wenn ehrenamtliche Mitarbeiter arbeiten, ist das immer etwas anderes.

Jonas: Ich bin ja noch nicht so lange dabei, aber ich sage auch, dass ein solches Projekt wie das Switchboard ... also, ich weiß nicht, wo ich so etwas ein zweites Mal gesehen habe. Es gibt andere Cafés von den AIDS-Hilfen in München oder Berlin mit ähnlichen Ideen, aber bei weitem nicht mit dem Angebot, wie wir das hier haben und wie wir das hier aufziehen. Vor allem auch mit der Intensität und dem persönlichen Engagement der Ehrenamtler die hier mitarbeiten. Das ist schon eine sehr familiäre Atmosphäre, und für viele ist das hier auch eine Art Ersatzfamilie.

Und wie schaut es als Community-Institution mit den verschiedenen Generationen im Switchboard aus? Mischt sich das?

Jonas: Es kommt auf die Veranstaltung an. Freitags kommen zum Beispiel viele vom Kuss41, angelockt von der Happy Hour. Bei den Kulturveranstaltungen ist das Durchschnittsalter eher höher.

Martin: Ich glaube, als Verein, der auf ehrenamtliche Mitarbeit angewiesen ist, müssen wir flexible Angebote bieten. Natürlich bedeutet Ehrenamt eine gewisse Verpflichtung; aber dass die Leute einmal die Woche hinter der Theke stehen können, wäre schön, aber das kann man heute nicht mehr erwarten. Und es sind ja einige junge Leute hinzugekommen. Da haben wir schon andere Zeiten gesehen.

Jonas: Man muss für etwas begeistert sein, damit man es unentgeltlich macht. Für meine Generation muss es Spaß machen und einen Mehrwert haben. Und da geht es hier eben nicht um Geld, sondern um einen emotionalen Mehrwert.

Martin: Und den kann das Internet im Übrigen auch nicht bieten.

Jonas: Ich habe hier angefangen, weil ich von der AIDS-Hilfe sehr viel Unterstützung erfahren habe, und da wollte ich auch etwas zurückgeben. Man kann hier auch Sachen ausprobieren. Die monatliche Barteamsitzung entscheidet unter anderem über solche Neuerungen. Da braucht es schon mal ein bisschen Überzeugungsarbeit, denn das wird ja ganz basisdemokratisch entschieden, mit Mehrheitsentscheid. Das kenne ich so aus meiner Erfahrung mit anderen Vereinen nicht, da entscheidet der Vorstand oder ein Gremium.

Ein bisschen in die Zukunft geschaut: Der Mietvertrag für das Switchboard läuft in fünf Jahren aus – weiß man schon, wie es weitergeht?

Martin: Dazu kann ich gar nichts sagen, das entscheidet der Vorstand und die Geschäftsführung der AIDS-Hilfe. Für die Szene wäre es wichtig, dass das Switchboard bestehen bleibt, gerade weil auch wir von Rechts belagert werden. Wir hatten schon Anfragen von der schwul-lesbischen AfD-Organisation, die sich hier bei uns treffen wollte. Das Barteam hat dann aber eindeutig dagegen entschieden. Ich finde, die Szene muss zusammenstehen, wenn wir diesem Rechtsruck widerstehen wollen. Es ist ja nicht so, dass Schwule nicht AfD wählen. Aber da müssen wir immer wieder Alternativen aufzeigen, dass die einfachen Antworten auf komplizierte Fragen nicht die Lösung sind, und auch für die LGBT*IQ-Szene nicht die Lösung sind. Und deswegen brauchen wir so einen Laden hier, der einen geschützten Raum bietet. Mein persönliches Anliegen wäre, dass die Szene gegen Rechts ansteht, dass man in der Szene dicht zusammensteht und wir die Flagge hoch halten, mehr denn je.


Switchboard-Specials im Oktober

2.10., Die 80er-Party mit DJ Tostn

6.10., Vinyl-Party mit DJ Ruby Tuesday

20.10., Decke, Keks, Kakao – Die Offene Bühne mit Jens und Bob

25.10.Vernissage Tobias Schontale „kalte Kläffer“ und Lesung mit Tim Frühling „Gran Canaria“


Switchboard, Alte Gasse 36, Frankfurt, www.switchboard-ffm.de

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