Kommentar: Keen Platz för (schwule) Nazis

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Wir leben in Zeiten, in denen das Unsagbare nicht nur an Stammtischen oder in geheimen Chat-Gruppen ausgesprochen wird, sondern bis in den Bundestag vorgedrungen ist. Machen wir uns nichts vor: Die Gesellschaft ist nach rechts gerückt und lange als befriedet gesehene Konflikte brechen mit voller Härte für Betroffene in den Fokus der öffentlichen Diskussion.

Foto: Olivier Hase

Wir müssen gar nicht so krasse Beispiele wie den schwulen AfD-Politiker Holger Arppe nennen, der auf übelste Weise über Sexfantasien mit Kindern, Vergewaltigung oder Massenmord am politischem Gegner fabulierte („Grube ausheben, alle rein und Löschkalk oben rauf.“). Es reicht schon, sich Kommunikation zu Themen wie #MeToo, Rassismus gegen Noah Becker oder im Sprachgebrauch des ZDF bei der royalen Hochzeit und ganz aktuell der Diskussion über den Genderstern 
im Duden anzuschauen. Mit brachial-gewalttätiger Sprache werden Befürworter angegriffen, die Anliegen von Diskriminierungsopfern klein geredet und lächerlich gemacht. Ganz vorne mit dabei: schwule Männer.

Wie kommt es, dass gerade die, die noch bis vor wenigen Jahren selbst Opfer staatlicher Gängelung (§ 175) waren, sich fast jeglicher Empathie mit anderen Opfergruppen von Menschenfeindlichkeit verschließen, oder sogar aktiv Maßnahmen zur Verbesserung der Situation von Lesben, Frauen, Trans* oder Intersexuellen bekämpfen? Dass schwule Männer, die gerne mal in Datingportalen „gerne Araber oder Südländer“ suchen, gleichzeitig gegen Geflüchtete polemisieren und Homophobie ausschließlich als importiertes muslimisches Problem begreifen? Eine Analyse dieser Tatsachen ist dringend notwendig und wird von Vereinen und Aktivisten bundesweit in Podiumsdiskussionen und Vortragsveranstaltungen aufgearbeitet.

Foto: Valery Pearl

Genauso wichtig ist aber auch der öffentliche Widerspruch, wenn AfD-nahe Gruppen wie die „Merkel muss weg“-Bewegung oder die sogenannten „Frauendemos“ sich auf den Plätzen der Republik versammeln und unter dem Deckmantel der Meinungsfreiheit Hass und Hetze auf Basis von Lügen und Verleumdung verbreiten.

Hamburg hat den ach so Besorgten gezeigt, dass sie in der Freien und Hansestadt nicht willkommen sind. Zur letzten Demo auf dem Heidi-Kabel-Platz kamen nur rund fünf Teilnehmer, von denen dann auch keiner die Verantwortung übernehmen wollte und so die „Demo“ von der Polizei aufgelöst wurde. Das ist vor allem dem unermüdlichen Aufstehen der Hamburger Zivilgesellschaft zu verdanken. Ganz vorne mit dabei: queere Institutionen und die Kulturbetriebe der Stadt.

Es mag viele schwule Nazis geben, aber es gibt weit mehr Menschen verschiedenster sexueller Orientierung und Identität, die ganz klar sagen: „Keen Platz för Nazis!“

*Valery Pearl & Christian Knuth

Foto: Valery Pearl

Foto: Valery Pearl

Foto: Valery Pearl

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