INTERVIEW: David Cahier – über Liebesduette und Tanz als Sprache

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FOTO: Marie-Laure Briane

David Cahier wuchs in Brest auf. Er war als Tänzer am Ballet National de Marseille und dem Hessischen Staatsballet tätig, bevor er 2017 zur Kompagnie des Gärtnerplatztheaters kam. Er wird ab dem 28.11. den Prinzen in der Nussknacker-Version von Karl Alfred Schreiner tanzen.

Wann wusstest du, dass du professioneller Tänzer werden möchtest?

Ich fing an zu tanzen, als ich 16 Jahre alt war, was für einen Tänzer etwas „spät” war. Nachdem ich einen Auftritt von Jose Montalvo gesehen hatte, war ich so beeindruckt von der Freiheit der Tänzer auf der Bühne, dass ich nur noch Tanz im Kopf hatte. Ich fing an, so viel wie möglich Unterricht und Workshops zu nehmen und durch den Zuspruch der Lehrer, die ich traf, hatte ich schnell den Traum einer professionellen Karriere. Außerdem hatte ich das Glück, dass mir eine gute Schule einiges ermöglichte, und ich mit 19 Jahren meinen ersten Vertrag als professioneller Tänzer unterschreiben konnte.

Kannst du dich an Schlüsselmomente erinnern?

Die bereits erwähnte Aufführung von Jose Montalvo, die Tanzstile wie Ballett, Modern, Hip-Hop und Zirkus mischte, wurde eine Hauptinspiration für mein Studium und meine Karriere. Wenn man einen künstlerischen Anspruch als Tänzer hat, ist es von elementarer Bedeutung für andere Stile offen zu sein.

Was war deine bisherige Lieblingsrolle?

Als moderner Tänzer ist es seltener, Handlungsballette zu tanzen, aber ich hatte ein paar Möglichkeiten, eine Rolle in moderneren Adaptionen zu tanzen. Ich habe Lysander im Sommernachtstraum getanzt oder Lord Stanhope in Kaspar Hauser, einem Stück von Tim Plegge. Die Figur war offensichtlich schwul und rauchte auf der Bühne. Diese Rolle hat mir wirklich Spaß gemacht zu tanzen. Natürlich ist es immer noch mein Kindheitstraum, den Prinzen in der Nussknacker-Version von Karl Alfred Schreiner am Gärtnerplatztheater zu tanzen.

FOTO: Marie-Laure Briane

Gibt es etwas, das sich besser tanzend als sprechend ausdrücken lässt?

Eigentlich bin ich ein sehr schüchterner Mensch, also ist das Tanzen für mich tatsächlich wie eine Sprache. Ich weiß nicht, ob ich mich durch Tanzen besser ausdrücken kann, aber meistens versuche ich Gefühle und Bedeutungen in meinen Bewegungen zu finden.

Wie würdest du die Beziehung zwischen der schwulen Community und der professionellen Ballettszene beschreiben? Wie akzeptiert ist es, als professioneller Balletttänzer offen schwul zu sein?

Wie in den meisten Bereichen der Kunst denke ich, ist die Tatsache, schwul zu sein, wirklich akzeptiert, ich habe mich nie nach meiner sexuellen Orientierung beurteilt gefühlt, und das ist auch die Schönheit des Tanzes für mich, es hat mir bei der Arbeit nie Grenzen gesetzt. Ich hatte tatsächlich einige Male die Gelegenheit, mit meinem Freund auf der Bühne Liebesduette zu tanzen.

Während meiner Karriere habe ich natürlich viele schwule Tänzer kennengelernt, aber auch bisexuelle oder transgender, und ich denke, dass es in der heutigen Tanzwelt keine Diskriminierung gibt.

Wo gehst du in München aus?

Ich unternehme nicht besonders viel. Dafür arbeite ich zu lange. Aber wenn ich ausgehe, wäre es höchstwahrscheinlich rund um den Gärtnerplatz oder das Sendlinger Tor.

Worauf freust du dich gerade?

Im Allgemeinen auf den Tag, an dem die Community nicht mehr für die Grundrechte kämpfen muss. Ganz persönlich freue ich mich natürlich darauf, das nächste Mal auf der Bühne zu stehen, interessante Tanzprojekte zu realisieren und eine schöne Zeit mit meinem Freund zu verbringen.

*Interview: Jonas Mayer

Ab 28.11, Der Nussknacker, Staatstheater am Gärtnerplatz, Gärtnerplatz 3, München, Tickets 089 21851960www.gaertnerplatztheater.de

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