Der Frühling kommt, CSU und SPD plötzlich arg lieb – da scheint die Welt in Ordnung.

Foto: Stadt München

In seiner kommunalpolitischen Kolumne schreibt AZ-Lokalchef Felix Müller diesen Monat über städtische Hilfe für arme Senioren, hilflose Berliner Versuche, den Mietern zu helfen – und die Stau-Hauptstadt München.

Ungewohnte Einigkeit: An der Stadt-Spitze haben sich CSU und SPD plötzlich arg lieb. So lieb, dass die Kollegen von der „SZ“ kürzlich gähnten, es gäbe ja überhaupt keine Reibefläche mehr. Mit spannenden Debatten ist derzeit also nicht zu rechnen. Aber sowas hat auch Vorteile. Denn plötzlich stellen die beiden Rathaus-Partner gemeinsame Projekte vor.

Zum Beispiel für die Alten dieser Stadt. Um die 15 000 von ihnen gelten mittlerweile als bedürftig. Ihnen will Schwarz-Rot künftig verstärkt unter die Arme greifen.

Die Stadt plant, eine Art kommunalen Pflegedienst zu gründen. Er soll ärmeren Menschen im Haushalt kostenlos zur Hand gehen: putzen, einkaufen, kochen. Wer zuhause wohnen bleiben möchte, aber solche Hilfen braucht, den will die Stadt unterstützen.

Ein vergleichbares Angebot gibt es in München bisher nicht. Wer Pflegestufe 1 bekommt, erhält zwar 125 Euro im Monat für hauswirtschaftliche Hilfe. Dieses Geld kann aber ausschließlich für ambulante Pflegedienste ausgegeben werden. Diese haben aber oft keine Kapazität für einfache Hilfestellungen im Haushalt – oder verlangt dafür absurd hohe Preise.

Foto: Stadt München

Die Alten sind eine Gruppe, die sich in der teuren Stadt immer schwerer tut. Eine andere, klar: die Mieter. Die Koalitionsgespräche in Berlin ließen zunächst nichts Gutes erwarten für München und sein Hauptsorgen-Thema. Wenigstens ein bisserl doktertern SPD und CSU an der Mietpreisbremse herum. So einigten sie sich darauf, dass die Vermieter den neuen Bewohnern endlich auch die alte Miete offenlegen muss – und, dass künftig „nur noch“ acht und nicht mehr elf Prozent von Modernisierungskosten auf den Mieter umgelegt werden dürfen. Wohlgemerkt pro Jahr. Der große Wurf sind diese Ideen sicher nicht. Entscheidender dürfte werden, ob Mieterhöhungen generell gedeckelt werden. Und es nicht mehr möglich ist durch neue Aufzüge, Fassaden und Co. die Miete mit einem Schlag mehr als zu verdoppeln. So gelang es Vermietern in München bisher oft, ihre Mieter faktisch rauszuschmeißen – denn wer kann sich so eine Erhöhung schon leisten?

Die Münchner Mietentwicklung macht immer noch fassungslos. Weil man sich fragt, wer all die Wahnsinnspeise noch bezahlen kann. Aber auch, weil uns fast jeden Tag Nachrichten erreichen, die nahelegen, dass die Stadt doch soooo attraktiv eigentlich auch nicht mehr ist. Zum Beispiel kürzlich, dass München deutsche Stau-Hauptstadt ist. Oder gerade erst, dass es in keiner anderen Stadt nur noch so wenige Vögel gibt wie nirgends sonst in Bayern. Den Zuzug wird das wohl nicht stoppen. Denn schee is es halt einfach trotzdem.

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