Schöneberger Linse wird nicht lesbisch

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Nach monatelangem und recht unsolidarisch geführtem Disput zwischen Schwulenberatung und dem lesbischen Verein Rad und Tat e. V. (RuT) um ein Baugrundstück in Berlin-Schöneberg, wurde die Entscheidung nun zugunsten der Schwulenberatung gefällt.

Bild: roedig-schop architekten

Das gab die städtische „Berliner Immobilienmanagement GmbH“ (BIM) bekannt. Ausschlaggebend sei „neben der vielfältigen sozialen Nutzungskomponente auch die hohe städtebauliche und architektonische Qualität des Konzeptes“, sagte am Montag Birgit Möhring, Geschäftsführerin der BIM, der Berliner Morgenpost. Ein Satz mit Schlagkraft. Schlagkraft in Richtung des Mitbewerbers RuT, der vor knapp einem Jahr der eigentliche Sieger des Konzeptverfahrens war und dann nur deswegen das erste lesbische Wohnprojekt Europas nicht feiern durfte, weil die Schwulenberatung Verfahrensfehler beklagte und auf Neuvergabe pochte. Obwohl sie sich damit in den queeren Communitys wenig Freunde machte, hat sie doch bereits zwei Wohnprojekte realisiert und wusste sie auch um das vermutlich recht endgültige Aus für das RuT-Konzept, sollte es mit diesem Grundstück nicht klappen.

In dem dann folgenden teuren Nachverfahren konnten alle drei Bewerber ihre Entwürfe nachträglich verändern, was für wirtschaftlich potente Bewerber wie die Schwulenberatung machbar ist, für ein kleines, auf Kante genähtes Konzept wie das von RuT nicht. Den Gewinnerinnen der ersten Ausschreibung nun über Bande mitzuteilen, dass sie wohl nicht so eine „hohe städtebauliche und architektonische Qualität“ mitbringen, ist fast schon als Nachtreten deutbar. Entsprechend enttäuscht zeigte sich RuT auch in einer Stellungnahme unter der Überschrift Regenbogenhauptstadt ohne Lesben:

Frauen werden mal wieder auf ihren Platz verwiesen. Ein eindeutiges Signal für lesbische Teilhabe und Geschlechtergerechtigkeit in der Stadt ist vertan.

Senat und Abgeordnetenhaus am Zuge

Laut BIM könnte es bereits 2020 mit den Bauarbeiten losgehen – vorausgesetzt, dass das Abgeordnetenhaus und der Berliner Senat zustimmen. Ein Nein scheint aber nicht sehr wahrscheinlich, weil unter anderem die Fraktion der Grünen im Berliner Abgeordnetenhaus zwar die Dringlichkeit eines lesbischen Wohnprojektes hervorhebt, gleichzeitig aber auch ihre Freude über die Zusage für die Schwulenberatung formuliert. Die Fraktionsabgeordneten Anja Kofbinger & Sebastian Walter dazu:

„Bei aller Freude über die Zusage an die Schwulenberatung fehlt weiterhin ein Grundstück für ein wichtiges Projekt der lesbischen Community. Berlin braucht ein Mehrgenerationenhaus für lesbische und transidente Frauen. Das Land Berlin ist nun dringend aufgefordert, ein Baugrundstück für das Wohnprojekt von RuT zu finden.“

Foto: Grüne Fraktion Berlin /Barbara Dietl

Bleibt zu hoffen, dass der Senat sich jenseits von Preisverleihungen für lesbische Sichtbarkeit auch durch konkrete Sachpolitik für eben diese einsetzt und ein lesbisches Wohnprojekt ermöglicht.

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