Keine Revolution im Bauerntheater

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Foto: BR/Johanna Schlueter

Es war 20:57 Uhr, als das Wort „schwul“ fiel. „Zeit wird’s!“, dachte sich der geneigte schwule Zuschauer. Schließlich war die Komödie „Bäcker braucht Frau“, die am 4. März zur besten Sendezeit im Bayerischen Fernsehen ausgestrahlt wurde, als kleine Revolution und als Volkstheater neuen Stils angekündigt worden – vor allem dank eines Männerpaares, das auf offener Bühne anbandelt. Doch bis es so weit war, brauchte man Geduld. Die schwule Handlung war nur eine von vielen. So wurde der Dessous-Party der Dorfdamen fast mehr Aufmerksamkeit geschenkt als dem Männerpaar, mit dem im Vorfeld für reichlich Furore gesorgt und ordentlich geworben wurde. Sicher: Im Kosmos des komödiantischen Volkstheaters war die Geschichte um Bäckerssohn Florian und Patissier Michi einmalig. Und will man zeigen, dass sich schwules Leben ebenso selbstverständlich abspielen sollte wie alle anderen Dinge, die in einem oberfränkischen Dorf so vor sich gehen, ist auch das geglückt. Ärgerlich wurde es aber, als es zur (schüchternen) Annäherung der beiden Protagonisten kam: Dass ein harmloses Bussi zwischen zwei Männern hinter einer aufgeschlagenen Tageszeitung versteckt werden muss, ist selbst im angeblich so konservativen Bayern eher 1978, aber sicher nicht 2018. Mag sein, dass es nicht ganz fair ist, eine solche Komödie ausschließlich durch die rosa Brille zu betrachten. Uns als schwulem Magazin sei das aber gestattet. Fazit: Die rosa Revolution auf den Brettern des Volkstheaters fand nicht statt. Dennoch freuen wir uns, dass Autor Jürgen Kirner mit seinem Tangrintler Volkstheater schwules Leben an einem Ort sichtbar gemacht hat, an dem es lange ausschließlich Buam und Madln beziehungsweise Bauern und Mägde gab. Gern mehr davon!

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