#QUEERREFUGEES • AUS DEM REGEN IN DIE TRAUFE

Mit scharfer Kritik an den Kölner Behörden haben Flüchtlingsorganisationen auf zwei bereits im Juni erfolgte Angriffe auf Asylbewerber mit LGBT-Hintergrund reagiert. Diese seien in den Kölner Sammelunterkünften "hilflos ausgeliefert". Man begrüße zwar "die geplante Einrichtung einer Ombudstelle für Flüchtlinge", sowie die angedachten Wohnungen für Homo- und Transsexuelle, jedoch seien dringend zusätzliche Maßnahmen erforderlich. 

Die Stadt habe laut EU-Aufnahmerichtlinie 2013/33/EU eine Schutzpflicht gegenüber dieser besonders gefährdeten Gruppe, dieses Ziel aber "augenscheinlich verfehlt", heißt es in einer gemeinsamen Pressemitteilung des Kölner Flüchtlingsrats, der Willkommensinitiative Rainbow Refugees Cologne sowie der Landeskoordination Anti-Gewalt-Arbeit für Lesben und Schwule in NRW. Die Organisationen berichten von einer Transsexuellen aus dem Irak die am 13. Juni von ihrem Nachbarn in der Zülpicher Straße mit einem Messer angegriffen wurde und nur knapp entkam. Die Polizei habe anfänglich die Anzeigenaufnahme verweigert, erst durch Intervention der Rainbow Refugees wurden die Beamten schließlich aktiv, verhafteten den Angreifer und stellten die Tatwaffe sicher. 

Die Irakerin war zuvor bereits transphob beleidigt und mit dem Hinweis dies sei "keine Schwulendisco" aus ihrer vorherigen Unterkunft in Köln Longerich verwiesen worden. Der Manager der Einrichtung habe gedroht, sie "zur Not an ihren Beinen herauszuzerren", berichten die Flüchtlingshelfer. Das Wohnungsamt habe sich daraufhin wenig kooperativ gezeigt, zunächst eine Notunterbringung verweigert und sie dann mit dem Hinweis sie solle sich "ja benehmen" und ihre Geschlechtsidentität verheimlichen in eine Sammelunterkunft verwiesen, wo es dann zur Messerattacke kam.  

Nicht viel besser erging es offenbar einem arabisch sprechenden Schwulen, der am 21. Juni von seinem Zimmernachbarn zusammengeschlagen wurde und in die Notaufnahme kam. Auch hier habe das Wohnungsamt bei der Bitte um schnelle Hilfe versagt und den Betroffenen im Dickicht bürokratischer Zuständigkeitsfragen allein gelassen. Erst mit Hilfe des Kölner Flüchtlingsrates habe der Mann Anzeige erstatten können und nach einigem Insistieren ein Hausverbot für den Angreifer erwirkt.

"Stadt und Polizei müssen endlich dafür Sorge tragen, dass Bagatellisierungen, Diskriminierung und Ignoranz als Reaktion auf Berichte von Gewalt und Übergriffen ein Ende haben", fordert nun Ina Wolf von den Rainbow Refugees. Aus der Beratungspraxis sei inzwischen klar, dass "Lesben, Schwule, Bisexuelle sowie Transsexuelle und Transgender in Flüchtlingsunterkünften regelmäßig Opfer von physischer und psychischer Gewalt oder Diskriminierung und Belästigung werden". Nötig sei deshalb eine bessere Schulung und Sensibilisierung der Behördenmitarbeiter, ein effizientes Notruf- und Meldesystem für solche Fälle sowie eine beschleunigte Bereitstellung von Schutzräumen für LGBT-Flüchtlinge. Die Betreiber von Unterkünften sieht Wolf besonders in der Pflicht, diese müssten Fehlverhalten arbeitsrechtlich sanktionieren oder mit einer Kündigung ihrer Verträge rechnen.

Bestätigt sieht sich unterdessen Torsten Ilg, für den die Unterbringung auch eine Nord-Süd-Frage ist. Der Politiker sitzt für die Freien Wähler in der Bezirksvertretung Rodenkirchen und hatte sich dort für eine bevorzugte Unterbringung von LGBT-Flüchtlingen in seinem Stadtteil eingesetzt, mit dem Argument, d ass der Kölner Norden "aufgrund des sehr hohen Anteils von Menschen mit Migrationshintergrund" besonders konfliktbeladen sei. Der "linken Szenepresse" und ehrenamtlichen Flüchtlingshelfern warf er vor, aus ideologischen Gründen eine separate Unterbringung von Schwulen und Lesben zunächst abgelehnt zu haben. Ein Vorwurf der jedoch ins Leere läuft, denn ein Blick in den Kölner Stadt-Anzeiger zeigt bereits im März die klare Forderung der Rainbow Refugees und anderer Organisationen an die Stadt Köln nach dezentralen Schutzräumen für Frauen und LGBT. Seit ihrer Gründung im Dezember 2015 hat sich die Gruppe konsequent für eine sicherere Unterbringung dieses Personenkreises eingesetzt, private Unterkünfte vermittelt, Rechtsberatung organisiert und Benefizveranstaltungen organisiert. "Herr Ilg hat da als ehemaliges AfD-Mitglied eine politisch stark eingefärbte Wahrnehmung", so Ina Wolf.

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