Zürich: Weltoffen & tolerant

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Foto: Zürich Tourismus

Das weltoffene und tolerante Zürich zelebriert eine äußerst vielseitige Schwulen- und Lesbenszene. Verschiedene Verbände und Vereine fördern den Austausch untereinander und setzen sich für die Rechte und Gleichberechtigung der LGBT+-Gemeinschaft ein. Zahlreiche Bars, Festivals und Veranstaltungen leben die Toleranz gegenüber gleichgeschlechtlicher Liebe. Eine Offenheit, die in Zürich auf eine lange Geschichte zurückblickt. 

Gelebte Toleranz in Zürich

In der Stadt Zürich hat sich eine lebendige Lesben- und Schwulenszene etabliert. Doch dem, was heute selbstverständlich scheint, ging ein jahrzehntelanger Kampf für Gleichberechtigung voraus. Dabei hatte die Schweiz gerade hier auf gesetzlicher Ebene eine Vorreiterrolle. Denn die Entkriminalisierung homosexueller Akte unter Erwachsenen wurde 1942 im Schweizer Gesetzbuch verankert – was damals im europäischen Kontext ein Novum war. 

Fortschrittliche Schweiz und Zürcher Pioniere

So ist es denn nicht verwunderlich, dass die Bedeutung der Schweiz für Homosexuelle während des Zweiten Weltkrieges stetig zunahm. Eine wichtige Rolle hatte hierbei Zürich inne, wo sich bereits seit Beginn des 20. Jahrhunderts erste Bürgerrechtsbewegungen für LGBT+-Rechte einsetzten (LGBT+ für lesbian, gay, bisexual, transgender and other spectrums of sexuality). Die wichtigste Organisation war denn auch in Zürich beheimatet: «Der Kreis», welcher aus dem Damen-Club Amicitia hervorging und zwischen 1943 und 1967 als erste Schwulen- und Lesbenorganisation überhaupt die ganze westliche Szene beeinflusste und inspirierte. Ihr Klublokal «Eintracht» befand sich von 1948 bis 1960 an der Stelle des heutigen Theater Neumarkt. Nach Auflösung der Organisation gründeten einige Mitglieder den «Club 68», der später in die Schweizer Organisation der Homophilen (SOH) überging. Zusammen mit zwei anderen Organisationen veranstaltete die SOH 1978 den ersten Christopher Street Day der Schweiz auf dem Zürcher Platzspitz. Alle drei Organisationen schlossen sich später zum heutigen Dachverband Pink Cross zusammen, der sich zusammen mit der Lesbenorganisation Schweiz (LOS) weiterhin für die Rechte von Lesben und Schwulen engagiert. 2014 wurde die aufwühlende Geschichte der Schweizer Schwulenorganisationen unter dem Titel «Der Kreis» verfilmt und gewann an der 64. Berlinale den Panorama Publikumspreis. Die zwei Protagonisten Ernst Ostertag und Röbi Rapp leben übrigens bis heute in Zürich. Sie sind das erste Paar, das sich in der Stadt Zürich eintragen liess. Seit 2007 ist es homosexuellen Paaren möglich, ihre Partnerschaft offiziell eintragen zu lassen.

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Bars, Szenetreffs und Nachtleben

Offenheit gegenüber Homosexuellen ist in Zürich aber mehr als ein historischer Fakt, es ist eine lebendige und gelebte Tradition der Limmatstadt. So bietet Zürich bis heute unzählige Bars und Treffpunkte für Gleichgesinnte – allen voran im Zürcher Niederdorf. Dort lässt sich die älteste Schwulenbar Europas finden, die «Barfüsserbar», über der noch immer die Regenbogenfahne weht. Auch wenn dort heute eine gemischte Kundschaft, die vor allem wegen dem hervorragenden Sushi kommt, ein und aus geht. Nach wie vor sind in Zürich zahlreiche Bars beheimatet, die als Treffpunkt für Gleichgesinnte gelten. In «Petra’s Tip Top Bar» verbringen Männer einen gediegenen Abend zu Schlagermusik, während die Ende 2013 eröffnete Tanzbar Les Garçons mit Art-Déco-Interieur im Stil der 20er-Jahre und einer über den Köpfen der Barmitarbeitenden schwebenden Modell-Eisenbahn besticht. Die «Cranberry Bar» ist nicht nur ein Hotspot für Cocktails, sondern auch eine Zürcher Institution in der Gay-Szene. Beliebte Treffpunkte sind zudem das «Platzhirsch» und immer mittwochs der «Provitreff» in Zürich-West, in welchem die «Heldenbar» Partys für ein Publikum veranstaltet, das queer, schwul, lesbisch, bi und hetero ist. 

Partylöwen und Tanzleilas

Mit 25 Jahren ist die «Tanzleila» die älteste Partyserie der Stadt Zürich und noch heute ein Garant für grossartige Partynächte unter Frauen mit einer musikalischen Reise von Discofox über Popmusik bis hin zu Technobeats. Grosser Beliebtheit erfreuen sich auch die Formate des grössten Gay-Party-Veranstalters Angels, unter anderem die «Kitsch Party» mit ausgefallener Dekoration oder die «White Party», zu der alle Gäste in Weiss erscheinen. Auch Partyformate wie das 2004 gegründete «Offstream», bei dem Indie, Rock, Pop und Elektro statt dem damals beliebten House aufgelegt wird, sind beliebte Begegnungsorte der LGBT+-Community. Die «Offstream»-Partys finden in wechselnden Locations in Zürich statt, ein weiteres Highlight, dass das Publikum sehr schätzt.

Foto: Zürich Tourismus

Festivals von befreit bis kulturell 

Paradebeispiel

Seit 1994 wird in Zürich nicht nur regelmässig der Christopher Street Day zelebriert, sondern jährlich auch das Zurich Pride Festival. Im Juni werden das Kasernenareal und der Zeughaushof in Zürich für mehrere Tage zum Schauplatz für ein buntes Zusammentreffen, das genauso farbig ist wie der Regenbogen. Mit verschiedenen Konzerten und Anlässen wird gegen Diskriminierung gekämpft und für Toleranz, Offenheit und Dialog eingestanden. Diesem Anspruch verpflichtet, ist das Festival nicht nur für die LGBT+-Gemeinschaft gedacht, sondern will explizit auch Heterosexuelle ansprechen. www.zurichpridefestival.ch

Pinker Apfel

«Pink Apple» nennt sich das schwullesbische Film-Festival, bei dem einmal jährlich der rote Teppich für Filme mit homosexuellem Hintergrund ausgerollt wird. Zu entdecken gibt’s vieles, denn das Programm bietet ein wahres Bouquet für alle Filmbegeisterten – egal ob hetero- oder homosexuell. Mit viel Glamour werden Dokumentarfilme, Spielfilme, Kurzfilme und sogar ein Kinderprogramm gezeigt. Eine Auswahl, die keine Zweifel offenlässt: Der Apfel ist nicht nur pink, sondern vor allem auch knackig. www.pinkapple.ch

Kultur anders

Der «warme mai» ist ein Kultur-Monat, bei dem nicht nur Kultur mit homosexuellem Hintergrund, sondern auch Vielfalt grossgeschrieben wird. Kleinkunst, Ausstellungen, Lesungen und sogar eine Wanderung machen den Wonnemonat Mai zum «warmen mai». www.warmermai.ch

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Schmökern

4.000 verschiedene Titel, darunter Sachbücher, Romane, Krimis, Comics und DVDs – die Schwubliothek am Zürcher Sihlquai ist die umfassenste Bibliothek zum Thema männliche Homosexualität in der Schweiz und lädt jeweils am Mittwoch- und Freitagabend von 20.00 – 21.30 Uhr zum Schmökern ein. Unter den Büchern lassen sich nicht nur Neuerscheinungen finden, sondern auch historische Raritäten und stille Zeitzeugen. Bei einigen Büchern ist noch der Stempel «Der Kreis» auf der Innenseite zu finden, was heisst, dass sie aus dem gleichnamigen, international bekannten Schwulenzirkel stammen. Das Pendant zur «Schwubliothek» lässt sich im Frauen*Zentrum Zürich finden, welches einen beachtlichen Bestand an Literatur mit lesbischen Themen führt. www.fraum.ch / www.haz.ch 

Erinnern

«Das erste Treffen des Damen-Clubs Amicitia im August 1931 bildete den Auftakt zur Organisation lesbischer Frauen in der Stadt Zürich. Der Verein rief die Zeitschrift Freundschafts-Banner 1932–37 ins Leben und war Wegbereiter für die ersten Schritte zur Anerkennung homosexueller und bisexueller Menschen in der Schweiz.» Das steht auf einer der drei Tafeln an der Zürcher Brunngasse 15. Mit kurzen Texten wird hier an die eindrückliche Geschichte der Homosexuellen in der Stadt Zürich erinnert. Es ist eine bewegende Geschichte, die aus heutiger Sicht teilweise unglaublich klingt – etwa dann, wenn der Leser erfährt, dass bis 1979 ein polizeiliches «Homoregister» geführt wurde. Gleichzeitig ist es aber auch eine Geschichte von Zivilcourage und mutigen Menschen, die für ihre Rechte eingestanden sind. Und: Die Barfüsserbar, die gleich daneben zu Sushi-Spezialitäten lädt, gilt als älteste Schwulen- Bar Europas und erlangte so – auch international – Bekanntheit. www.mannschaft.com

Sportsfreu(n)de

Rund 70 homosexuelle Rugby-Teams gibt es weltweit. Und eines davon ist in Zürich zu Hause. Seit Anfang 2015 gibt es die Rascals – das erste und bisher einzige Gay-Rugby-Team der Schweiz. Die zwölf Spieler trainieren wöchentlich in Zürich Wiedikon. www.gaysport.ch

Zürich anders

«Stieg Rapunzel damals in Pandoras′ Box oder lieber in den Pudding?» Und: «War Tanzleila die Frau ohne Herz?» Solche und weitere Fragen begleiten die Lesbenspaziergänge in Zürich, welche im Rahmen vom «warmer mai» und «Pink Apple» durchgeführt werden. Zu den Themen «Hochblüte der Lesbenkultur – die 1980er und 1990er Jahre» und «Bewegte Lesben – die 1930er und 1970er Jahre» wird durch verschiedene Stadtkreise in Zürich spaziert und dabei Geschichte und Gegenwart der Lesben in und um Zürich erkundet. Die vertraute Stadt wird dabei zum Ort neuer Entdeckungen und vieles, was vorher verborgen lag, wird sichtbar. www.lesbengeschichte.ch

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INFORMATIONEN

Organisationen

Auf nationaler Ebene setzen sich die Schweizerische Schwulenorganisation Pink Cross und die Lesbenorganisation LOS Schweiz ein. In Zürich engagiert sich vor allem der Verein Homosexuelle Arbeitsgruppen Zürich HAZ. www.pinkcross.ch / www.los.ch / www.haz.ch

Schwule News, Wettbewerbe, Ausgang, Online-Shop www.gay.ch

News, Austausch, Partys, Shopping für Lesben www.lesbian.ch

Veranstaltungen

Filmfestival Pink Apple, Arthouse-Kinos, 29.4. – 7.5.18 www.pinkapple.ch

Warmer Mai, Stadt Zürich, tba, www.warmermai.ch

White Party Weekend, Club Heaven, Club X-TRA, Alte Kaserne, 4. – 6.5.18, www.angels.ch

Zurich Pride Festival, Kasernenareal und Innenstadt, 8. – 17.6.18, www.zhpf.ch

Street Parade, Seebecken Stadt Zürich, 11.8.18, www.streetparade.com

Black Party Weekend, Club X-TRA, tba, www.angels.ch

Weitere Infos unter www.zurich.com

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