LIVERPOOL: Musik ist Trumpf
Im Mai stand die englische Hafenstadt Liverpool ganz im Zeichen des Eurovision Song Contest (ESC). Der Austragungsort war gut gewählt, denn Musik ist in Liverpool allgegenwärtig. Selbst in den queeren Bars der Altstadt kommt man in den Genuss von Live-Gesang.
Samstagabend im Zentrum von Liverpool: Gleich neben dem berühmtesten Ausgehviertel Cavern Quarter, in dem aus vielen Bars und Klubs ein bunter Livemusik-Mix von Folk, Blue, Rock oder Jazz dröhnt, liegt das Herz von Liverpools queerer Szene. Im Pride Quarter rund um die Stanley Street finden sich traditionelle Pubs wie Liverpools älteste Gay-Bar The Lisbon, aber auch populäre Klubs wie OMG und The Navy Bar. Vor allem an den Wochenenden wird hier drinnen wie draußen ausgiebig gefeiert – dank kurzer Wege kann man mühelos von Bar zu Bar wandern. Auch aus der campen Bar The Masquerade klingt an diesem Abend Livemusik. Als Zwischen-Akt einer Dragshow unterhält eine stimmlich exzellente Sängerin das Publikum mit Musical-Hits und queeren Hymnen, während aus dem regenbogenfarbigen Zapfhahn englisches Bier fließt. Dass die musikalische Qualität hier stimmt, ist kein Wunder. Liverpool gilt als die britische Musikstadt schlechthin, was natürlich nicht zuletzt an den berühmtesten Söhnen der Stadt liegt: Prominent am Ufer des Mersey River hat man den Beatles ein fotogenes Denkmal gesetzt.
Tradition & Moderne
Das Hafenviertel drumherum gilt als das Aushängeschild der 500.000 Einwohner zählenden Handelsmetropole. Hier treffen historische Bauten wie das Albert Dock und die imposanten, als „drei Grazien“ bezeichneten Hochhäuser Royal River Building, Cunard Building und Port of Liverpool Building auf futuristische Gebäude wie das Museum of Liverpool und die Liverpool Arena, in der der ESC stattfand. Neben zahlreichen Restaurants lockt das Hafenviertel mit einem Ableger der Tate Modern, der Walker Art Gallery, dem Sklavereimuseum, dem Merseyside Maritime Museum sowie dem British Music Experience und der The Beatles Story. Anhand von zahlreichen Exponaten und O-Tönen, die per Audio-Guide eingespielt werden, wird dort das Leben von John Lennon, Paul McCartney, George Harrison und Ringo Starr von den Anfängen in Liverpool über die Hamburger Jahre und den internationalen Durchbruch bis zur Auflösung 1969 erzählt. Ein eigener Raum ist ihrem schwulen Manager und „Erfinder“ Brian Epstein gewidmet, der 1967 an einer Medikamenten-Überdosis verstarb – auch ihm wurde in der Fußgängerzone ein lebensgroßes Denkmal gesetzt.
Boy George als Hologramm
Dass Liverpool und Großbritannien weit mehr zur internationalen Musikgeschichte beigetragen haben als die Beatles, will die im Cunard Building untergebrachte Ausstellung British Music Experience zeigen. Ob Kostüme von David Bowie, originale Songtexte von Freddie Mercury oder Memorabilia von Bands wie den Rolling Stones, Oasis oder den Spice Girls – es gibt jede Menge zu sehen und zu hören. Einmal pro Stunde ist zudem ein Hologramm-Auftritt von Boy George zu erleben. Das neuste Exponat der British Music Experience steht zudem ganz im Zeichen des ESC: Schick ausgeleuchtet funkelt auf einem Podest der Glitzeranzug von Sam Ryder, dessen Song „Space Man“ beim ESC 2022 in Turin den zweiten Platz belegte.
Kreativer Hub
Nur etwa 15 Minuten zu Fuß vom Hafenviertel entfernt liegt in einem ehemaligen Industriegebiet Liverpools derzeit spannendster Stadtteil. Das Baltic Triangle hat sich in den letzten Jahren zum kreativen Hub Liverpools entwickelt. Man findet neben bunter Street-Art zahlreiche Büros von Start-ups und damit verbunden coole Cafés, alternative Boutiquen und zahlreiche Bars. Die meisten davon gruppieren sich um das riesige Backsteingebäude der Cains Brewery. Hier lohnt es sich, dem Baltic Market einen Besuch abzustatten: In einer ehemaligen Lagerhalle haben sich kleine Stände angesiedelt, die Streetfood von Pizza über Halloumi bis Dumplings und Thai-Currys anbieten. Und natürlich darf dort an Wochenenden Livemusik nicht fehlen.