ALLER GUTEN DINGE SIND DREI?

Für Berliner stellte sich in den vergangenen 21 Jahren die gleiche Frage: Auf welche CSD-Parade geht man? Seit 1993 gab es zwei Paraden: die große Demo (sie fand erstmals 1979 und anfangs nur auf dem Kurfürstendamm statt) mit ihren DJ-beschallten Wagen, vielen Tänzern und noch mehr Firmen – und die kleinere, der tCSD (transgeniale CSD). Ausgehend von wechselnden Orten, etwa Rathaus Neukölln und Volkspark Friedrichshain, demonstrierten hier die Punks, die Crossdresser, die politisch aktiven Alternativen. 1997 versuchte man eine Zusammenführung der Paraden, die allerdings zur endgültigen Trennung führte. Ein Politiker hatte Menschen, die ihm ein Dorn im Auge waren, mit Ratten gleichgesetzt. Der tCSD nahm daher als Rattenwagen am CSD teil und spritzte symbolisch Schlamm auf die Zaungäste und Feierfreudigen. Das führte zu einem Polizeieinsatz am Brandenburger Tor, doch der Freund und Helfer hatte die Rechnung ohne die Befürworter dieser Aktion gemacht. Diese bildeten einen Schutzwall um den Wagen, der dann – ungeplant – die Demonstration verließ und Richtung Kreuzberg zog, so die Geschichte.

Beständig vom Ablauf, abwechselnd von Ost oder West startend, präsentierte sich der große CSD, auch mal Berlin Pride genannt, die kurzzeitig Stonewall Parade heißen sollte. Jetzt doch nicht. Und der tCSD ist in diesem Jahr ein Straßenfest namens Kreuzberger CSD auf der Oranienstraße. Je nach Tageslaune ist man also zum tCSD oder zur großen Parade gegangen, beide hatten in der Regel Abschlusskundgebungen mit politischen Reden und einem musikalischen Kulturprogramm – beim tCSD waren es Gloria Viagra und angesagte Off-Bands, beim CSD u. a. Jimmy Somerville. Hier wusste man all die Jahre, was man bekommt: die großen Parteien, laute Klubhits, viele Tänzer, bunte Kerls, die für diesen einen Tag Spaß daran hatten, die Geschlechtergrenzen zu verwischen, und nacktärschige Burschen. Nicht zu vergessen: aufgeschlossene Unternehmen, die mit einem großen Laster den Demonstrierenden Musik zum Tanzen brachten oder einfach (ihre) Flagge zeigten.

In diesem Jahr kommt – wohl nur einmalig und dem Namensstreit geschuldet – eine dritte Parade hinzu. Veranstaltet vom Aktionsbündnis CSD Berlin 2014 soll es ebenfalls am 21. Juni an neuralgischen Punkten wie der Botschaft Ugandas und dem Mahnmal im Tiergarten zum Nollendorfplatz gehen. Ohne gewerbliche Wagen aber mit viel (partei-)politischem Protest, so der Plan. •Michael Rädel

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