CSD-BERLIN: VIEL LÄRM UM ... FUSSBALL

© Christian Knuth

In aller Kürze: Die Revolution wird verschoben – der CSD findet statt. Das wurde am Mittwoch auf dem CSD-Forum in Berlin beschlossen, welches begründet durch die harschen Auseinandersetzungen der letzten zwei Monate mit Spannung erwartet wurde.

Zu verdanken ist das erfreuliche Ergebnis der Veranstaltung aber weder dem blass auftretenden Vorstand des kritisierten CSD Berlin e.V., noch der durch Andreas Lö und Ex-Verleger Bruno Gmünder angeführten Palastrevolte, die schon wenige Minuten nach Beginn des Forums beinahe dessen frühes Ende bewirkte. Glücklicherweise fand sich mit Detlef Mücke (AG schwule Lehrer) ein kompetenter Moderator, der die Versammlungsleitung übernahm und damit die erste lautstarke Forderung der Vorstandskritiker erfüllte.

Nun hätte eigentlich die sachbezogene Arbeit beginnen können, wäre da nicht die Sache mit der Fußballübertragung gewesen. Fußballübertragung? Auf dem CSD? Wie passe denn dies zum Ansatz der angedachten „Stonewall-Kampagne“, politischer zu werden? Es passt, weil so zum einen zufällige Heteropassanten auf dem Weg zum Public Viewing des WM-Spiels Deutschland-Ghana integriert werden könnten und es passt, weil lesbische und schwule Fußballfans keine Entscheidung für oder gegen den Verbleib beim CSD treffen müssen, wenn das Spiel beginnt.

Diese Erkenntnis herzustellen bedurfte es einer zeitraubenden erbitterten Diskussion mit hervorragenden Wortbeiträgen zum Beispiel eines Vertreter der Berlin Bruisers, der als schwuler Rugby-Spieler eine Brandrede für Offenheit und Akzeptanz im Sport auch auf dem CSD hielt. Ein Höhepunkt. Er führte dazu, dass eine breite Mehrheit des Forums dem Bestreben des Vorstandes zustimmte, die Übertragungsrechte für das Spiel zu erwerben.

Die Auseinandersetzung über die Übertragung war symptomatisch für die gesamte Diskussions(un)kultur und offenbarte die tiefen Gräben, die einerseits der Vorstand mit seiner nicht vorhandenen Community- und Öffentlichkeitsarbeit und andererseits die Kritiker mit ihren teils bösartig wirkenden Unterstellungen in die Community gerissen hatten.

Glücklicherweise waren mit dem Moderator Detlef Mücke, den Berlin Bruisers und Alfonso Pantiasano (Enough is Enough) Menschen anwesend, die mit viel Emotion und Witz dazu beitrugen, dass schlussendlich eine Versachlichung erreicht wurde.

Die eigentlichen Ergebnisse des Abends sind neben der angestrebten Übertragung des Fußballspiels die Bestätigung der Streckenführung bis zum Großen Stern (Schlusskundgebung noch offen), die Verschiebung der Diskussion über das Projekt Stonewall in den Spätsommer und die Erweiterung der Transparenzkommission um vier Personen aus dem Forum. Zudem steht ein Vorschlag im Raum, der vom Vorstand des CSD-Vereins zur Diskussion gestellt wurde: Der Christopher Street Day soll Feiertag werden. Darüber und über die Forderungsinhalte des CSD Berlin 2014 wird ein weiteres Forum beraten. Hoffentlich im Geiste der durch Alfonso beschworenen Gemeinsamkeit, die alle Interessierten eint: Der Kampf um ein Ende der Diskriminierung in Berlin, Deutschland und der Welt. •ck

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