Coming-out: Ehemaliger Rugby-Profi entscheidet sich für Freiheit statt Karriere

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„Mein eigener Tod wäre mir lieber gewesen, als dass jemand entdeckt hätte, dass ich schwul bin“, so Dan Palmer im Rahmen seines Outings. Der australische Ex-Rugbyspieler sah sich schließlich vor der Wahl: Seine Freiheit oder seine Karriere.

Foto: John Curtin School of Medical Research

In einer Kolumne des Sydney Morning Herald schrieb Palmer, ehemaliger Vizekapitän der Rugby Mannschaft ACT Brumbies, über die Qualen, die es ihm bereitete, sich als Profisportler mit seiner Sexualität auseinanderzusetzen.

„Ich fantasierte davon, zu verschwinden, meinen Namen zu ändern und mein Leben von vorne zu beginnen. Es ist nicht übertrieben zu sagen, dass mir mein eigener Tod lieber gewesen wäre, als dass jemand entdeckt hätte, dass ich schwul bin.“

Sehr offen und ungeschönt erzählt Palmer aus seinem Leben als schwuler Elitesportler, von psychischen Problemen, Drogenmissbrauch und Selbsthass. Er gibt zu, dass er sich in den meisten Nächten in den Schlaf weinte und sich regelmäßig mit einem schweren Opiod-Cocktail betäubte. Schließlich haben ausgerechnet die Drogen zu einem Wendepunkt in seinem Leben geführt.


Er wählte die Freiheit über den Sport

Nachdem Palmer 2013 eine Überdosis Schmerzmittel genommen hatte und in seinem eigenen Erbrochenen aufgewacht war, vertraute er sich das erste Mal einem Freund an. Es änderte alles.

„Am nächsten Morgen hatte ich mich in einer Weise verändert, die ich nicht erwartet hatte. Ich hatte es bis dahin nicht bemerkt, aber dies war das erste Mal in meinem Leben, dass ich mich wirklich frei fühlte. Nicht lange danach beschloss ich, dass ich mit dem Rugby aufhören und das nächste Kapitel meines Lebens beginnen musste.“

Palmer fand eine neue Leidenschaft: Er studierte in Canberra Psychologie und Neurowissenschaften. Derzeit schreibt er an seiner Doktorarbeit über zelluläre Mechanismen der Gehirnfunktion. Mit seinem Outing, so der Ex-Profisportler, hofft er, zu einer Diskussion anregen zu können und Verständnis dafür zu erzeugen, was ein Mensch in seiner Situation durchmacht.

„Es macht mich krank zu wissen, dass es auch im Jahr 2020 noch Menschen gibt, die sich so quälen, wie ich es tat, sowohl im Sport als auch außerhalb des Sports – wir müssen besser werden.“

Palmer spielte 2012 ein Testspiel für die Wallabies, die Australische Rugby-Nationalmannschaft. Unter Vertrag stand er bei den New South Wales Waratahs, wechselte 2013 nach Frankreich. Dann die Wende: 2014 hörte er mit dem Rugby auf – zugunsten seiner persönlichen Freiheit und seiner geistigen Gesundheit.


Wie homophob ist Rugby?

Das englische Rugby-Team Harlequins F.C gab kürzlich eine Studie zu Homophobie in Auftrag, die zu einem erschreckenden Ergebnis bezüglich des Arbeitsumfeldes queerer Rugbyspieler kam. So soll fast die Hälfte der männlichen Rugbyspieler zugegeben haben, kürzlich homophobe Beleidigungen benutzt zu haben. Mehr noch: Die Mehrheit der männlichen Rugbyspieler (69 Prozent) gab an, binnen zwei Wochen gehört zu haben, dass Mannschaftskameraden Beleidigungen wie „fag“ oder „dyke“ in ihren Sprachgebrauch einbezogen.

Die Studie will aber auch herausgefunden haben, dass zwischen Sprache und Einstellung große Diskrepanzen lagen – so soll die Mehrheit der Spieler eine positive Einstellung gegenüber queeren Menschen zum Ausdruck gebracht haben. Erik Denison, einer der Forscher, die internationale Studien zu diesem Thema leiten, erklärte dazu:

„Es ist überraschend, eine fast vollständige Diskrepanz zwischen der homophoben Sprache, die Rugby-Spieler benutzen, und ihrer Einstellung zu homosexuellen Menschen festzustellen.“


Foto: ukhomeoffice / Flickr / CC BY 2.0 / wikimedia.org

Palmer ist nun der erste Australische Ex-Rugbyspieler, der sich als schwul outet – und nach dem Walisen Gareth Thomas erst der zweite Ex-Profi weltweit. Letzten Monat outete sich der aktive, britische Rugby-Spieler Levi Davis als bisexuell (wir berichteten). In der letzten Zeit gab es ein erhöhtes Aufkommen von Outings aktiver und ehemaliger Profisportler. Bleibt zu hoffen, dass sie weitere Spieler zu einem Outing animinieren und eine bleibende Veränderung bewirken können.

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