Brasiliens Community reagiert auf Präsidentschaft von Homohasser Bolsonaro mit Massenhochzeit

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Brasiliens LGBTIQ* haben derzeit viel tun. Nach der Wahl des homophoben Politikers Jair Bolsonaro zum neuen Präsidenten des Landes sieht die Community ihre Rechte in Gefahr – auch die Ehe für alle. Deshalb heiraten nun viele Paare, bevor Bolsonaro am 1. Januar 2019 sein Amt antritt

Foto: facebook.com/GrupoDignidade / Toni Reis

Seit der rechtsradikale und homophobe PSL-Politiker Jair Bolsonaro Ende Oktober Brasiliens Präsidentschaftswahl gewonnen hat, rüsten sich LGBTIQ* für den Widerstand (blu berichtete). Da Bolsonaro in den letzten Jahren immer wieder mit unmissverständlich homophoben Sprüchen um die Gunst seiner konservativen Wählerschaft warb, sehen queere Brasilianer die fortschrittliche LGBTIQ*-Gesetzgebung ihres Landes in Gefahr. LGBTIQ*-Anwältin Maria Berenice Dias schürte die Sorge im November mit einer Stellungnahme, in der sie heiratswilligen Homopaaren riet, möglichst noch vor Bolsonaros Amtsantritt am 1. Januar 2019 zu heiraten, weil das Fortbestehen der Ehe für alle danach nicht garantiert werden könne, eine Annullierung bereits geschlossener Ehen aber nicht möglich sei. 

Dias' Ansage sorgt dafür, dass derzeit viele queere Paare in Brasilien noch schnell den Bund der Ehe schließen. In São Paulo soll am 15. Dezember sogar eine Massenhochzeit mit 100 Paaren stattfinden. Unter den Express-Hochzeitern befinden sich auch Toni Reis und David Harrad. Reis ist Vorsitzender der LGBTIQ*-Organisation Grupo Dignidade. Er gab seinem Mann am Wochenende im südbrasilianischen Curitiba das Ja-Wort. Das Bild von der kirchlichen Zeremonie, bei der das Paar mit Regenbogenschuhsohlen vorm Altar kniet, sorgt in den sozialen Netzwerken für viel Begeisterung. 

Derweil konnte Reis in seiner Funktion als Aktivist bei einer neuen, zunächst besorgniserregenden Entwicklung zumindest aus LGBTIQ*-Sicht Entwarnung geben. Letzte Woche verkündete Bolsonaro, dass er das Menschenrechtsministerium auflösen und stattdessen ein Sammelministerium für Familie, Frauen und Menschenrechte schaffen werde. Dessen Vorsitzende soll die evangelikale Pastorin Damares Alves werden, die unter anderem radikale Abtreibungsgegnerin ist und in der Vergangenheit mit Sätzen wie „Es ist an der Zeit, dass die Kirche regiert“ Brasiliens Säkularismus infrage stellte. Bei der ersten Stellungnahme zu ihrer zukünftigen Position sagte Alves allerdings, dass sie mit der LGBTIQ*-Community zusammenarbeiten und an der Ehe für alle festhalten wolle. Die Aussage ist aus dem Mund einer Pastorin, die in der Vergangenheit auch durch das Betreiben der Missionierung der indigenen Bevölkerung auffiel, mit Vorsicht zu genießen, aber sie macht Hoffnung. Toni Reis kommentierte die Personalie gegenüber dem Guardian mit den Worten: „Wir sind in vielen Punkten unterschiedlicher Meinung, aber es gibt auch Gemeinsamkeiten. Es wird schwierig sein, Fortschritte zu machen, aber wir werden keine Rückschritte akzeptieren.“

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