Todesangst! Schwuler Abgeordneter flieht aus Brasilien

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Krasse Konsequenzen nach Amtsantritt von Jair Bolsonaro in Brasilien: Der schwule Abgeordnete Jean Wyllys von der Partei für Sozialismus und Freiheit (PSOL) gibt bekannt, dass er das Land verlässt, weil er nach Morddrohungen um sein Leben fürchtet

Foto: instagram.com/psolnacamara

Bereits seit zehn Monaten traute sich PSOL-Politiker Jean Wyllys nur noch mit Polizeieskorte in die Öffentlichkeit. Das war die Konsequenz, die er nach der Ermordung seiner Parteikollegin Marielle Franco zog, die am 14. März 2018 in ihrem Auto erschossen wurde, nachdem sie Vorsitzende einer Kommission zur Aufkärung der Militärgewalt in Brasilien geworden war. Laut einem Interview mit Wyllys, das die brasilianische Tageszeitung Folha de S. Paulo am Donnerstag veröffentlichte, sollen die Morddrohungen gegen ihn seit dem Wahlsieg des seit Anfang des Jahres im Amt befindlichen rechtsradikalen Präsidenten Jair Bolsonaro (blu berichtete) immer massiver geworden sein. Der Großteil der Drohungen beziehe sich auf seinen offenen Umgang mit seiner Homosexualität. Generell seien queere Politiker massiven Anfeindungen ausgesetzt. Daraus zieht der PSOL-Abgeordnete nun Konsequenzen. 

„Als Uruguays ehemaliger Präsident Pepe Mujica erfuhr, dass man mir nach dem Leben trachtet, sagte er zu mir: ‚Junge, pass auf. Märtyrer sind keine Helden‘“, so Wyllys im Folha de S. Paulo-Interview. Auf seinem offiziellen Instagram-Account verkündete er den Rücktritt von seinen politischen Ämtern und seine vorübergehende Auswanderung mit dem Foto einer erhobenen Faust und dem Schriftzug: „Danke. Bis zu einem neuen Tag!“ Im Kommentar zum Post schreibt er: „Einer Lebensbedrohung aus dem Weg zu gehen, ist auch eine Strategie für bessere Tage zu kämpfen. Wir werden viel mehr tun können, wenn unsere Zeit gekommen ist.“

Wyllys nimmt auch direkten Bezug auf Homohasser Bolsonaro: „Der Präsident hat mich immer verleumdet, offen beleidigt und mit seiner Homophobie traktiert. Dieses Umfeld ist mir zu gefährlich.“ Momentan befinde sich Wyllys im Urlaub, aus dem er vorerst nicht nach Brasilien zurückkehren wolle. Er werde sich nun seiner akademischen Karriere widmen. Vor seiner politischen Karriere war er neben Tätigkeiten als Journalist und Autor bereits Hochschullehrer gewesen. Bolsonaro-Anhänger verdrehen den Rückzug des PSOL-Politikers in den sozialen Medien, indem sie Wyllys Beteiligung an einem Messerattentat auf Bolsonaro im September 2018 unterstellen, das von einem ehemaligen PSOL-Mitglied begangen wurde. Der Mann war allerdings schon seit 2014 nicht mehr in der Partei gewesen und hatte sich bei dem Attentat auf eine göttliche Mission berufen. 

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