China: Zahl der Mpox-Fälle schießt in die Höhe

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Angaben der Weltgesundheitsorganisation (WHO) zufolge breitet sich das Mpox-Virus weiter aus. Die Zahl der weltweit wöchentlich gemeldeten Fälle stieg den Daten der WHO zufolge in der Woche bis zum 10. September weltweit um 328 Prozent. Der größte Teil dieses Anstiegs kam aus China, wo im August mehr als 500 neue Fälle registriert wurden.

Das Virus, das in China erstmals im September letzten Jahres als importierter Fall entdeckt wurde, werde „anhaltend in der Bevölkerung übertragen“, so die WHO. Im Juli meldete das chinesische Zentrum für Seuchenkontrolle und -prävention zum ersten Mal, dass sich die Krankheit im Inland ausbreitet; im Juni wurden 106 Fälle registriert. Seitdem sind die Fälle um fast 400 Prozent angestiegen, wobei die tatsächliche Zahl der Infektionen vermutlich viel höher ist als die offizielle Zahl.

Seit im August fünf Frauen positiv auf die Krankheit getestet wurden, besteht die Befürchtung, dass sich das Virus, das bisher vor allem bei Männern, die Sex mit Männern haben, gefunden wurde, weiter ausbreitet. Die chinesische Regierung hat nun damit begonnen, Mpox nach denselben Protokollen wie COVID-19 zu behandeln. Das bedeutet, dass die Behörden Notfallmaßnahmen wie die Einschränkung von Versammlungen erlassen können, um die Ausbreitung der Krankheit einzudämmen.

Stigmatisierung erschwert Eindämmung

Seit 2022 traten die meisten Mpox-Fälle bei Männern, die Sex mit Männern haben, auf – 92,5 Prozent der Fälle im August betrafen diese Bevölkerungsgruppe.

Expert*innen sind der Meinung, die soziale Stigmatisierung von LGBTIQ*-Personen könne dazu führen, dass sich die Menschen weniger häufig testen lassen. Impfungen sind auf dem chinesischen Festland nicht erhältlich, obwohl staatliche Medien berichteten, dass ein inländischer Impfstoff entwickelt wird. „Die Sorge um die öffentliche Gesundheit ist eine der einzigen Möglichkeiten, in der Öffentlichkeit über schwule Männer zu sprechen“, erklärte der Medizinsoziologe Chuncheng Liu gegenüber dem britischen Guardian. Man könne sich nicht darauf verlassen, so Liu, „dass die Menschen aus Angst zu einem kommen, um Hilfe zu erhalten.“

Das chinesische Zentrum für Krankheitskontrolle und -prävention hat zwar Berichte über Mpox veröffentlicht, und in den sozialen Medien gibt es unzensierte Informationen über die Erkennung der Symptome, doch Chuncheng Liu merkte an, dass LGBTIQ*-Personen diese Konten möglicherweise nicht verfolgen. „Das Problem liegt nicht in der Information oder einer bestimmten Botschaft“, sagte Liu. Es geht darum, „wie man diese Botschaft an die Community weitergibt“. Viele LGBTIQ*s würden es inzwischen vermeiden, sich auf entsprechenden Seiten im Internet zu informieren, weil sie wissen, dass diese Seiten vom Staat überwacht werden und sich schlussendlich zurückverfolgen lässt, wer sich über Mpox informiert hat. Das führt auch dazu, dass sich betroffene Personen oft gar nicht mehr bei den Behörden melden oder sich medizinisch versorgen lassen.

Es gibt auch Berichte über Diskriminierung und Stigmatisierung von LGBTIQ*-Personen im Zusammenhang mit Mpox. Dem Nachrichtenportal heise zufolge haben einige Organisationen für die Rechte von Homosexuellen in China Bedenken aufgrund der Überwachung von Abwasserproben in der Nähe von Orten, an denen homosexuelle Menschen häufig anzutreffen sind, geäußert. Im August wurden mehrere Konten auf der Messaging-App WeChat, die sich mit schwulen, transsexuellen und feministischen Themen befassen, ohne Erklärung geschlossen. Im Mai wurde das Pekinger LGBT-Zentrum, eine der bekanntesten LGBTIQ*-Interessenvertretungen in China, aus nicht genannten Gründen dicht gemacht. Es war eine der letzten aktiven Gruppen der Zivilgesellschaft, nachdem LGBT Rights Advocacy China, eine andere einflussreiche NRO, im Jahr 2021 geschlossen wurde. Die Schließungen hatten einen „enormen Einfluss auf die Community“, sagte ein LGBTIQ*-Aktivist gegenüber The Guardian, der China aufgrund des Drucks der Behörden selbst vor einigen Jahren verlassen hat, „weil es zeigt, dass die Regierung immer noch versucht, sie ins Visier zu nehmen“.

Und so breitet sich die Krankheit weiter aus, während die LGBTIQ*-Community in China auf sich allein gestellt bleibt. Eine erdenklich schlechte Ausgangslage, um die Affenpocken in den Griff zu bekommen. 

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