#Interview: Affenpocken – es kommt jetzt auch auf Dich an

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Die epidemiologische Lage scheint klar: Mit hoher Wahrscheinlichkeit spielen große Szene-Events bei der aktuellen Ausbreitung des Affenpockenvirus eine wichtige Rolle. Das ist genauso wenig anrüchig wie Corona-Spreading durch Karneval oder Après-Ski. Es ist geboten, jetzt entschlossen zu reagieren, um die Ausbrüche zu begrenzen. Dazu gehört neben einer sachlichen Information auch die Bitte an die Teilnehmenden, jetzt besonders wachsam zu sein: ihren Körper zu beobachten und Kontakte freiwillig einzuschränken – insbesondere nach Kontakt mit einer (bekannt) infizierten Person, sagt der Pandemiebeauftragte und Oberarzt der Infektiologie des Universitätsklinikums rechts der Isar in München, Privatdozent Dr. Christoph Spinner, im Gespräch mit männer*.

Foto: MRI TUM

In dem Telefonat mit der männer* Redaktion (vom Montag dieser Woche) beruhigt Dr. Spinner aber auch jene, die nach den Erfahrungen mit Covid-19 bei Triggerworten wie Kontaktbeschränkung (nicht zu Unrecht) mit Angst reagieren:

Anders als Coronaviren übertragen sich Pockenviren nicht als Aerosol, also nicht über die Luft, sondern durch engen Hautkontakt, aber auch beim Küssen oder Streicheln. Daher müssen Besucher*innen der besagten Festivals jetzt nicht pauschal die nächsten Wochen in ihren Wohnungen bleiben, denn die Ansteckungsgefahr ist tendenziell nicht so hoch.“

Die Inkubationszeit des Affenpockenvirus kann bis zu drei Wochen betragen, daher rät Spinner:

„Wenn die Feiernden in den kommenden Wochen ein bisschen auf ihre Gewohnheiten schauen und intime Hautkontakte reduzieren, mit Augenmaß und Verstand, haben wir eine gute Chance, eine weitere unkontrollierte Ausbreitung des Affenpocken-Virus zu minimieren.

Dies gelte selbstverständlich unabhängig von der geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung. Hier geht es vor allem um persönliches Verhalten bei zwischenmenschlichen Kontakten. Und ein weiterer Pluspunkt für einen gewissen Schutz vor dem Virus: In der Bundesrepublik galt bis Anfang der 1970iger Jahre, in der DDR sogar bis 1982 eine Pockenimpfpflicht. Dr. Spinner:

„Diese Impfung erkennt man meistens an der Impfnarbe auf einem der Oberarme. Und natürlich steht sie im Impfausweis; dieser sollte immer korrekt aktualisiert und griffbereit sein. Die Pockenimpfung von damals bietet auch gegen die Affenpocken einen einigermaßen sicheren Schutz vor einem schweren Verlauf und reduziert zugleich die Infektionswahrscheinlichkeit.“


Besucher*innen dieser Veranstaltungen, sollten besonders wachsam sein:


Die historische Pockenimpfung steht laut Dr. Spinner nicht mehr zur Verfügung, derzeit prüften Experten, welche Rolle neuere Pocken-Impfstoffe künftig bei der Vermeidung der Infektionsausbreitung spielen können. Die in der SARS-CoV-2-Pandemie geschaffene Infrastruktur für die Nachverfolgung und Eingrenzung von Infektionsclustern seien zudem eine große Hilfe:

„Es ist jetzt wichtig, dass jede*r seinen Beitrag zur Kontrolle der Affenpockeninfektion auch durch freiwillige und bewusste Reduktion unbekannter Sexualkontakte leistet",

sagt Dr. Spinner noch einmal zusammenfassend. Parallel prüfen Behörden und medizinische Fachgesellschaften weitere Maßnahmen zur Eingrenzung der Infektionen. *ck


Grafik: AFP / John Saeki, Nick Shearman

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